Sustainability-Linked Loans – Kredite mit nachhaltigem Potenzial

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Sustainability-Linked Loans (SLLs) waren das am meisten genutzte nachhaltige Fremdkapitalprodukt 2021. Hierbei handelt es sich um Kredite, bei denen die Zinskonditionen mit Nachhaltigkeitszielen des Kreditnehmers verknüpft werden. In den meisten Fällen erhöht oder verringert sich die Zinsmarge des Kreditnehmers – je nachdem, ob er seine Nachhaltigkeitsziele erreicht oder verfehlt. Von Prof. Dr. Dirk Schiereck*, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung, und Christian Pohl**, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Unternehmensfinanzierung, Technische Universität Darmstadt

! Dieser Beitrag erschien ursprünglich Anfang April 2022 in der BondGuide-Jahresausgabe „Green & Sustainable Finance 2022“ !

In der BondGuide-Jahresausgabe „Anleihen 2021“ wurde vom dynamisch wachsenden Emissionsvolumen von Sustainability-Linked Bonds (SLBs) berichtet. Das konzeptionelle Gegenstück auf dem Kreditmarkt, die SLLs, haben 2021 eine ähnliche Dynamik durchlaufen. Dabei ist das betragsmäßige Kreditvolumen der SLLs noch einmal deutlich beeindruckender: Mit gut 735 Mrd. USD allein im Vorjahr haben sich SLLs zur größten an Nachhaltigkeitsgrößen gekoppelten Finanzierungsquelle entwickelt. Dagegen kommen die etablierteren Green Bonds und Social Bonds mit einem Emissionsvolumen von 517 Mrd. bzw. 193 Mrd. USD anno 2021 gemeinsam nur auf ein geringeres Emissionsvolumen als SLLs, wobei das Emissionsvolumen im Corporate-Segment bei den beiden Use-of-Proceeds-Bonds kaum mehr als die Hälfte des Emissionsvolumens ausmacht. Der Markt für Green Loans erreichte 2021 in puncto Kreditvolumen kaum ein Sechstel vom Markt für SLLs. Abb. 1 veranschaulicht die zeitliche Entwicklung bei der Vergabe von SLL. Nach ersten SLL-Bereitstellungen im Jahr 2017 ist der Markt zwischen 2018 und 2020 stetig gewachsen und hat im Vorjahr kräftig Fahrt aufgenommen – etwa zwei Drittel des gesamten bisherigen Kreditvolumens wurden vergeben. Das gesamte Kreditvolumen, das anhand des Sustainability-Linked-Kozepts mit Nachhaltigkeit verknüpft wurde, liegt inzwischen bei über 1 Bio. USD.

SLLs werden sehr gleichmäßig von Kreditnehmern aus verschiedenen Sektoren verwendet
Das Sustainability-Linked-Konzept unterscheidet sich vom etablierteren Use-of-Proceeds-Konzept dadurch, dass die Kreditsummen nicht mit einer Zweckbindung vergeben werden, sondern von den Kreditnehmern zu sämtlichen Finanzierungszwecken verwendet werden dürfen. Der Nachhaltigkeitsbezug wird stattdessen darüber erreicht, dass die Zinskonditionen von der Erfüllung von im Vorfeld der Kreditvergabe vereinbarten Nachhaltigkeitszielen abhängt. Diese Flexibilität hinsichtlich der Mittelverwendung erlaubt es Kreditnehmern in nahezu allen Sektoren, auf nachhaltige Fremdkapitalfinanzierung zurückzugreifen, und ist ein Grund für die hohe Popularität von SLLs. Die erhöhte Flexibilität wird anhand der recht homogenen Sektorverteilung des aktuellen Kreditbestands in Abb. 2 deutlich. Während im Segment der Green Bonds insbesondere Versorgungsunternehmen sowie Player aus den Sektoren Energie oder Real Estate, mit offensichtlichen Investitionen in nachhaltige Projekte, dominant waren, werden SLLs auch von Industrieunternehmen, Konsumgüterherstellern oder Technologieunternehmen stark genutzt.

Geografische Verteilung des SLL-Kreditvolumens
Abb. 3 illustriert die regionale Verteilung des globalen SLL-Kreditvolumens mit klaren Schwerpunkten in Westeuropa und Nordamerika. Knapp 60% des gesamten SLL-Kreditvolumens wurde von Kreditnehmern aus Westeuropa aufgenommen, während die Unternehmen in den USA mit einem Gesamtkreditvolumen von knapp 267 Mrd. USD das landesweit höchste Volumen mittels SLLs erhalten haben. Gerade in Asien, insbesondere in China, werden dagegen nur vergleichsweise wenige SLLs vergeben. Auffällig ist zudem das geringe SLL-Volumen in Südamerika. Während Südamerika eine Region mit zugleich relativ hohem SLB-Emissionsvolumen ist, hat sich das Sustainability-Linked-Konzept bei der Kreditvergabe noch nicht im großen Stil durchgesetzt.

Zinsanpassung erfolgt meist zweiseitig
Als Nachhaltigkeitsziele werden in der Praxis entweder individuelle, mit den Banken vereinbarte KPI, die Kopplung an ein ESG-Rating oder eine Kombination dieser beiden Varianten verwendet. Die Zinskonditionen sind meist durch einen Step-up-/Step-down-Mechanismus mit den Nachhaltigkeitszielen verbunden, bei dem die zu zahlende Zinsmarge steigt oder fällt, je nachdem, ob die Nachhaltigkeitsziele verfehlt oder erreicht werden. Für einen solchen Kopplungsmechanismus hat sich beispielsweise der Kunststoffhersteller Klöckner Pentaplast bei seinem Anfang 2021 aufgenommenen Darlehen über 1,2 Mrd. EUR entschieden. Das Unternehmen koppelt die Zinskonditionen dabei an drei KPIs: eine erhöhte Verwendung von recycelten Materialien, die Verringerung der Treibhausgasemissionen und die Erhöhung des Anteils weiblicher Führungskräfte. Im nächsten Jahr wird die Zinsmarge für jedes erfüllte Ziel um 2,5 bps reduziert und für jedes verfehlte Ziel um 2,5 bps erhöht. Die Zinsmarge kann daher um bis zu 7,5 bps ansteigen bzw. abfallen. Auch die einseitige Erhöhung der Zinsmarge im Falle des Nichterreichens der Nachhaltigkeitsziele, wie es bei SLBs üblich ist, wird regelmäßig bei SLLs angewendet. Ein Beispiel hierfür ist der Mitte 2021 von RWE aufgenommene Revolver über 3 Mrd. EUR.

Ausblick: Fehlende Transparenz als Gefahr für langfristigen Erfolg
Die dynamisch wachsenden Volumina an SLLs sollten bald die Basis bilden für erste SL-ABS-Konstrukte. Spätestens dann ist aber Transparenz gefordert, die gegenwärtig noch fehlt: Denn obwohl die Loan Markets Association (LMA) in ihren Prinzipien zur Vergabe von SLLs die kreditnehmenden Unternehmen explizit dazu auffordert, Informationen zu den Nachhaltigkeitskomponenten ihrer SLLs bekanntzugeben, ist die Informationslage zu den Kreditcharakteristika insgesamt sehr dünn. Während die Kategorien der Nachhaltigkeitsziele noch für viele Kredite bekannt gegeben werden, lassen sich die konkret vereinbarten Zielwerte nur noch vereinzelt finden. Auch der gewählte Zinskopplungsmechanismus sowie die konkrete Margenveränderung sind nur für eine äußerst geringe Anzahl an SLLs öffentlich bekannt. Für eine verbriefte Kapitalmarktfähigkeit ist es wichtig, dass die Kredite mit angemessen ambitionierten Zielen verbunden werden und relevante finanzielle Anreize setzen. Ist dies nicht der Fall oder kann von Marktteilnehmern aufgrund fehlender Transparenz nicht nachvollzogen werden, leidet die Glaubwürdigkeit des Kreditprodukts und gefährdet somit den langfristigen Erfolg und das nachhaltige Transformationspotenzial, das mit den Darlehen verbunden ist.

Prof. Dr. Dirk Schiereck (li.), Christian Pohl

*) Prof. Dr. Dirk Schiereck ist Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung im Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der (kapitalmarktorientierten) Unternehmensfinanzierung, des Assetmanagements und der Digitalisierung der Finanzindustrie.

**) Christian Pohl arbeitet seit Juni 2021 als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Fachgebiet Unternehmensfinanzierung im Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt. Sein aktueller Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der nachhaltigen Unternehmensfinanzierung.