Neuemission: „Praktisch keine Unternehmen mit besserem ESG-Rating als blueplanet“

blueplanet ist ein Emittent, der vor wenigen Wochen aus dem Nichts am KMU-Anleihen-Horizont auftauchte – und dann noch gleich mit einem sog. grünen Wandler. Von Oekom gab es ein herausragendes ESG-Rating. BondGuide sprach anlässlich der Emission wie gewohnt mit dem Management, Alexander Lattmann (CEO und CFO) und Thomas Körfgen (COO).

Herr Lattmann, Sie sind eigentlich Anwalt, später haben Sie sich mit Ihrer Firma ecabiotec – derzeit Aufsichtsratsvorsitzender – u.a. dem Kampf gegen Hepatitis E gewidmet; und Sie, Herr Körfgen, kenne ich seit ca. 2005 als Experten und Interviewpartner v.a. für Immobilien, damals speziell REITs. Können Sie mir erläutern, wo und wie Ihre Lebenslinien bei blueplanet zusammenliefen?

Lattmann: Ich bin im Jahr 2015 auf die ecabiotec AG aufmerksam geworden, eine unserer heutigen 100%igen-Tochtergesellschaften. Das Verfahren und das Produkt mit seinen vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten haben mich sofort begeistert und ich hatte das Gefühl, dass man da noch viel mehr machen kann. Aus dieser Vision eines nachhaltigen Beitrags für unseren blauen Planeten entstand blueplanet. Thomas kenne ich schon seit über fünf Jahren.
Körfgen: …genau, wir kannten uns aus der Frankfurter Finanzszene. Alex hat mir dann 2018 von seiner Firma und den Wachstumsplänen erzählt und mich gefragt, ob ich an Bord kommen will. Das Unternehmen fand ich spannend, insbesondere die wirklich auf allen Ebenen nachhaltige Geschäftsidee hat mich überzeugt und dann war ich gerne bereit, aus der Finanzbranche in dieses Zukunftsthema zu wechseln.

blueplanet ist noch ein relativ junger Name, daher am besten in eigenen Worten: Wer ist blueplanet und was macht das Unternehmen?
Lattmann
: blueplanet wurde in der heutigen Form im Jahr 2015 gegründet. Wir entwickeln nachhaltige Lösungen in drei Bereichen: „blueplanet hygiene“ ist selbsterklärend, „blueplanet water“ für sauberes und sicheres Trinkwasser und „blueplanet food“ zur Verbesserung der weltweiten Nahrungsmittelversorgung. Konkret produzieren wir eine Lösung, mit der sich Keime rückstandsfrei und ohne den Einsatz von toxischer Chemie eliminieren lassen. Über ein Verfahren auf Basis der IMEALIT-Technologie werden Wasser und Salz im Wesentlichen elektrochemisch aufgeladen. Das Ergebnis ist ein desinfizierendes, antibakterielles, viruzides und fungizides Produkt mineralischen Ursprungs, das in unterschiedlicher Konzentration für vielfältige Anwendungen eingesetzt werden kann. Zu den Einsatzbereichen gehören die Wasserhygiene und -aufbereitung, Desinfektion von Oberflächen und Räumen sowie die Landwirtschaft und Gesundheitspräparate für Mensch und Tier. Das Produkt ist hocheffizient, verträglich, pH-neutral und mit 24 Monaten sehr lange haltbar.

Hat Ihnen die Corona-Pandemie beim Thema WASH – Wasser/Sanitär/Hygiene – einen gewissen zusätzlichen Aufmerksamkeits-Rückenwind verliehen?
Körfgen
: Es gab und gibt eine zusätzliche Aufmerksamkeit aufgrund von Hygienekonzepten, die nicht nur aktuell, sondern vor allem in der Zukunft eine große Rolle in unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft spielen werden. Wenn Einzelhandel, Gastronomie und Kultur übergreifend geöffnet werden, werden auch die Menschen verstärkt auf Desinfektion und Hygienekonzepte achten. Aber für uns ist das Thema Hygiene nicht allein der Kern des Geschäftsmodells. Wir wollen uns zukünftig gezielt auf den Wassermarkt konzentrieren. Der Hygienebereich unterstützt mit seiner Profitabilität und der hier entwickelten Technologie den Aufbau des Bereichs.

Welches sind denn Ihre umsatzstärksten Produkte, Lösungen bzw. damit welches der Geschäftsfelder?
Lattmann: Im Moment werden nahezu alle Umsätze im Bereich Hygiene erzielt. Hier sind wir am längsten aktiv und verfügen über einen ausgezeichneten Track Record. Den Bereich Wasser bauen wir derzeit aus und da soll der Green Bond unterstützen. Erste Anwendungen gibt es bereits, beispielsweise bei der Bekämpfung von Legionellen in Wasserleitungen. Hier kann mit unserem Verfahren aus verkeimten Wasser Trinkwasser gewonnen werden.
Körfgen: Das Thema Wasser soll künftig einen signifikanten Umsatzbeitrag generieren. Der Zugang zu sauberem und sicherem Trinkwasser ist aus unserer Sicht ein Menschenrecht und wird auf Grund des Bevölkerungswachstums, des Klimawandels und der Umweltzerstörung immer mehr zu einer Herausforderung. Insofern handelt es sich um einen riesigen und zugleich wachsenden Markt, auf dem wir unsere Lösungen anbieten wollen.

Ihre operative Marge ist beachtlich – sind das Pioniergewinne, da Ihre Themen brandneu und ganz aktuell sind?
Lattmann: Unsere Margen bei blueplanet hygiene sind seit Jahren attraktiv – nicht erst seit Beginn der Pandemie. Durch unsere firmeneigene Technologie und skalierbaren Prozesse können wir unmittelbar auf neue Bedarfssituationen reagieren und Lösungen für mannigfaltige Anwendungsbereiche anbieten. Insofern sind hohe Margen schon Teil unseres Business Case.

…kann man eigentlich gleichzeitig Gutes tun und sehr profitabel sein?
Lattmann
: Absolut. Wir sehen uns als Impact Enabler, wir wollen also nicht nur nachhaltige Geschäftsprozesse oder Produkte vorweisen, sondern wirklich einen Mehrwert für unseren Planeten und die Menschen schaffen. Wir bleiben aber Unternehmer und wollen deshalb profitabel arbeiten. Somit handelt es sich tatsächlich um eine Win-Win-Situation.

blueplanet hat ein ISS-ESG-Corporate Rating von ISS Oekom mit der Einstufung B und gehört damit zu den besten 1,5%. imug | rating hat derweil die Konformität des Green Bonds mit den ICMA Green Bond Principles überprüft und bestätigt.
Körfgen
: Bisher gibt es praktisch keine Unternehmen, die ein besseres ISS-ESG Corporate Rating erreichen. Wir sind als junges Unternehmen mit derzeit 40 Mitarbeitern also mehr als stolz auf dieses B-Rating. Wir werden da sicherlich am Ball bleiben und schauen, welcher Aufwand für eine weitere Verbesserung erforderlich ist, aber insbesondere auch, welcher konkrete Nutzen für uns als Unternehmen dadurch erzielbar wäre.

Weshalb haben Sie eine institutionelle Platzierung gewählt – wäre das Thema nicht auch gut in der Privatanlegerschaft auf reges Interesse gestoßen?
Lattmann: Unser Bond hat ein Emissionsvolumen von 20 Mio. EUR. Das ist zu klein für eine öffentliche Emission, auch wenn das Interesse vermutlich vorhanden wäre.

Wie weit kommt eine blueplanet mit dem angestrebten Emissionserlös von bis zu 20 Mio. EUR, was können Sie damit stemmen?
Lattmann: Wir wollen mit den Erlösen aus dem Green Bond ja den Aufbau mobiler Wasseraufbereitungsanlagen finanzieren. Ziel ist zunächst eine Flotte von 30 MWT DC 2021-Anlagen in Form von Containern. Gleichzeitig soll am Unternehmensstandort von blueplanet water in Berlin der Ausbau der Fabrik vorangetrieben werden, in der die Technologie und die mobile Lösung präsentiert werden kann. Mit den Erlösen aus dem Bond können wir dies realisieren.
Körfgen: Der Preis für so eine Wasseraufbereitungsanlage liegt bei rund 500.000 EUR inklusive eines sogenannten „Operator“, der den Betrieb der Anlage vor Ort überwacht. Dann kommen noch der laufende Betrieb und die Rohmaterialien dazu. Auf der anderen Seite können die Anlagen sofort eingesetzt werden und erzielen dann direkt Erlöse. Wir fühlen uns mit der Finanzierung durch den Bond wohl.

Ein späterer Aktien-Börsengang scheint ja direkt oder indirekt ausgesprochen das Ziel, daher die entsprechenden Wandelmodalitäten. Welche Voraussetzungen müssen Sie selbst erfüllt sehen, damit Sie sich als kapitalmarktfähig einstufen?
Lattmann
: Grundsätzlich haben wir die Weichen für unsere Kapitalmarktfähigkeit gestellt. Dahinter steht aber nicht ein möglicher Börsengang, sondern in einem ersten Schritt die Begebung des blueplanet-Green Bonds. Wichtige Voraussetzungen für uns sind neben einem funktionierenden und zukunftsträchtigen Geschäftsmodell mit validem Track Record auch eine kapitalmarktfreundliche Corporate Governance sowie umfassende Transparenz für den Dialog mit unseren Anleihe-Investoren.

Körfgen: Für uns als stark und profitabel wachsendes Unternehmen muss ein Börsengang mit Blick auf die langfristige Entwicklung immer eine Option sein. Aber zunächst liegt unser Fokus auf der Emission der Wandelanleihe, als Grundlage für den Ausbau unseres Geschäftsbereichs blueplanet water.

Herr Lattmann, Herr Körfgen – ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die interessanten Einblicke!

Interview: Falko Bozicevic

Fotos/Grafiken: @blueplanet