Neuemission NZWL 2020/22: „Wir sind absolut guter Dinge“

Der Leipziger Automobilzulieferer NZWL kommt mit einem Kurzläufer: einer Anleihe über zwei Jahre, Kupon wie zuletzt 2019 erneut 6,5%. Der optimiert nunmehr das Fälligkeitenprofil gleichmäßig auf die Jahre 2021 bis 2025. BondGuide sprach aus gegebenem Anlass daher einmal mehr mit Geschäftsführer Dr. Hubertus Bartsch.   

Herr Dr. Bartsch, können Sie uns sagen, was das Jahr 2020 – sicherlich ohnehin ein historisches – bisher brachte für die NZWL?
Natürlich waren und sind wir von den Auswirkungen betroffen, die Covid-19 mit sich brachte. Allerdings profitieren wir schon seit Ende des Lockdowns wohl mehr als viele andere unserer Industrie von der fortlaufenden Erholung, ja Normalisierung der Entwicklung. Es war daher naheliegend, sich jetzt unserer Kernfinanzierung nochmals zuzuwenden – das sind unsere börsennotierten Unternehmensanleihen. Wir haben uns sozusagen ‚getraut‘, mit diesem Anliegen wieder an die Öffentlichkeit zu gehen.

Aber der Lockdown hatte schon recht starke Auswirkungen, oder nicht?
Ja, natürlich – wie überall. Aber der Markt für unsere Produkte ist ja nicht auf einen Schlag verschwunden. Ein Quartal lang stand praktisch alles still, derzeit laufen jedoch allerorts die Aufholprozesse: Das ist der Nachholbedarf aus dem Lockdown mit Unterbrechung der Lieferketten. Die Wirtschaft ächzt und stöhnt in vielen Bereichen, das ist unumstritten. Im Automobilsektor sehen wir aber viele Nachholeffekte – speziell, wenn diese bei der Transformation von Verbrennungsmotoren hin zu Hybrid- oder reinen Elektroantrieben genutzt werden.

Haben Sie das zweite Quartal 2020 denn irgendwie sinnvoll nutzen können?
Es ging ja sogar schon Ende März los. Wir sanken Ende März bei den Auslieferungen auf ein Volumen von ca. 60% und im April praktisch auf null. Im Juni waren wir wieder bereits einigermaßen erleichtert, denn das Wiedererstarken der Konjunktur nach dem Ende des Lockdowns zeichnete sich da bereits klar ab. Aufgrund unserer Erfahrungen in China waren wir recht gut vorbereitet darauf, was man noch machen kann und was nicht. Natürlich mussten auch wir auf Kurzarbeit umstellen. Schnell und früh. Die Sicht Ende März war praktisch nicht vorhanden. Wir haben Ausgaben minimiert und Einnahmen maximiert – was man eben so machen konnte zu dem Zeitpunkt. Unter dem Strich hat das viel gebracht. Ich bin allen unseren Mitarbeitern dankbar, dass sie in dieser schwierigen Zeit mit Einsicht und Vernunft für die Außergewöhnlichkeit dieser sonderlichen Ausgangslage mitgezogen haben.

Wie viel des Umsatzausfalls im ersten Halbjahr, speziell des zweiten Quartals, lässt sich denn in Ihrer Branche im Jahresverlauf kompensieren – ist das überhaupt möglich?
Nach dem ersten Halbjahr lagen wir bei 68% des Vorjahresumsatzes Branchenseitig ist das ein ganz guter Wert, denn der Durchschnitt betrug hier rund 60%. Im dritten Quartal konnten wir den Umsatz schon wieder auf ca. 93% des Vorjahresquartals steigern. Für das Gesamtjahr lassen sich daher derzeit rund 80 bis 85% der Vorjahreserlöse absehen.

Und wenn man auf das ‚Große Bild‘ zoomt, also über das laufende Jahr hinaus: Sorgen Nachholeffekte dafür, dass der gesamte Corona-Einbruch kompensiert wird oder ist es Umsatz, der dauerhaft verloren ging?
Hier dürfen Sie nicht vergessen, dass die Automobilbranche nicht nur neben der kurzfristigen Corona-bedingten Phase Umsatzeinbrüche verzeichnet, sondern sich zugleich in einem Transformationsprozess befindet. Automobilzulieferer in den ‚älteren‘ Produktklassen werden daher einen beschleunigten Rückgang verzeichnen. Wer sich rechtzeig anpasst, kann aber auch mit diesen neuen Chancen wachsen. So kommt uns beispielsweise zugute, dass wir uns bereits seit 2012 erfolgreich im Bereich Elektro-/Hybridantrieb etablieren konnten und dort aktuell auch eine überproportionale Nachfrage verzeichnen.

 Wächst die Akzeptanz für E-Antriebe denn wirklich?
 Ja, und Corona war eine Art Beschleuniger dafür. Prozentual liegt unser Produktanteil bei reinen E-Komponenten bei rund 3 bis 4% und im Hybridsegment bei ca. 9%. Das ist mindestens Marktdurchschnitt oder besser. Die Tendenz ist ganz klar absehbar, auch wenn das nicht von heute auf morgen abläuft. Da die NZWL bei vielen neu anlaufenden Serienfertigungen an Bord ist, sehen wir uns hierbei auch gut aufgestellt für die Zukunft. Die Vorlaufzeiten in unserer Branche sind relativ lang. Wer beispielsweise noch Aufträge in der Serienfertigung von 2010 oder früher bearbeitet, wird um Umsatzeinbußen nicht herumkommen.

Lässt sich das so pauschal sagen?
Wir stellen ja keine Produkte nur für einen lokalen Markt her. Unser Hauptauftraggeber ist Volkswagen, der weltweit größte Automobilkonzern. Wir reden also von globalen Produkten auf allen Kontinenten. Unsere Getriebe sind weltweit im Einsatz. Das sind riesige Stückzahlen, die überall auf der Welt verwendet werden. Wenn unsere Kunden, aber nicht nur Volkswagen, noch mehr in Richtung Hybrid oder rein Elektro gehen, dann handelt es sich um wirklich langfristige Produktionsserien – ausgelöst vom Marktführer. Produktionsserien, die die NZWL bedient.

Und wie steht es um die neue Härterei in Leipzig-Liebertwolkwitz – haben Sie die Investition aufgeschoben?
Wenn man auf 2021 und 2022 schaut, dann erwarten wir eine Rückkehr zum bisherigen Wachstum. Ja, wir haben die Investitionen ein wenig verlangsamt – aber keineswegs über den Haufen geworfen. Wir sind absolut guter Dinge, dass wir ab Mitte nächsten Jahres diese neue Möglichkeit zur Erweiterung unserer Wertschöpfungskette zu unserer Verfügung stehen haben – mit Produktionsstart im vierten Quartal 2021.

Dr. Hubertus Bartsch, NZWL

Die NZWL kommt jetzt mit einem Kurzläufer. Die Anleihe von 2015, Fälligkeit im Februar 2021, muss abgelöst werden. In der Pressemitteilung lautet die Erlösverwendung aber anders. Also wie nun?
Das Angebot setzt sich aus einem öffentlichen Umtauschangebot, einem öffentlichen Angebot und einer Privatplatzierung zusammen. Ein Emissionserlös kann uns dabei natürlich nur aus dem öffentlichen Angebot und der Privatplatzierung zufließen. Diese Mitteln dienen dazu, unsere Finanzkraft für Investitionen in Wachstum sowie in neue Produkte bei Hybrid- und alternativen Antrieben und in Produkte der E-Mobilität zu stärken. Wir haben bei der Mittelverwendung ganz bewusst darauf verzichtet, die Rückzahlung der Anleihe 2015/21 aufzunehmen, denn dies ist für uns kein Muss. Das zeigt nicht zuletzt auch unsere Liquiditätslage mit liquiden Mitteln in Höhe von 11,5 Mio. EUR zum 30. Juni 2020.

Herr Dr. Bartsch, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und erhellenden Einblicke!

Interview: Falko Bozicevic