Neuemission Credicore: „Unschlagbar unbürokratisch“

Foto @ Credicore Pfandhaus GmbH

Die Credicore Pfandhaus GmbH hat eine Unternehmensanleihe (WKN: A3MP5S) emittiert, die seit einigen Tagen bereits börsennotiert ist, Zielvolumen 15 Mio. EUR. BondGuide sprach mit dem Management über ein am KMU-Anleihemarkt noch gänzlich unbekanntes Metier.

BondGuide: Herr Meyer, Herr Petersen, vielleicht kurz zum Einstieg, wer die Credicore ist und wie das Geschäftsmodell lautet.
Meyer: Die Credicore betreibt ein Pfandhaus an unserem Standort in Hamburg. Allerdings im höherwertigen Beleihungssegment, wo es um Luxusuhren, Schmuck und Nischenprodukte wie Kunst oder größere Gegenstände wie Fahrzeuge, Baumaschinen und Boote geht.

BondGuide: Pfandhäuser gibt es ja zuhauf, v.a. in Großstädten. Also Ihr Geschäft unterscheidet sich recht klar von diesen traditionellen Pfandleihen in meist doch etwas ramschigen City-Lagen?
Petersen: Sehr deutlich – diese beiden Sachen haben nur ihren Namen Pfandhaus gemein. Wir bedienen das hochpreisige Segment, das kaum oder in vielen Städten kein Pfandhaus abdeckt, u.a. da dies hohen Finanzierungsbedarf erfordert. Luxus- und hochpreise Produkte zu lagern, bedarf einer ganz eigenen Infrastruktur wie Sicherheitssysteme, Versicherungen u.v.a.m. Wir nutzen hierzu Standorte ehemaliger Bankfilialen, wo die hohen Sicherheitssysteme übernommen wurden.

BondGuide: Wie ist denn das mit der Verwahrung, wenn es nicht um kleinteilige Dinge wie Uhren oder Schmuck, sondern um Oldtimer, Kunst, Autos oder gar Boote geht?
Petersen: Für Kunstgegenstände haben wir sowohl klimatisierte als auch alarmgesicherte Räumlichkeiten. Fahrzeuge wie auch Trailer-fähige Boote werden in einer ebenfalls alarmgesicherten Halle untergebracht. Natürlich bedürfen diese Dinge einer regelmäßigen Pflege zum Werterhalt. Boote müssen auf einem Trailer stehen – aus dem einfachen Grunde, damit sie sich hier bei uns in Hamburg befinden. Das Limit liegt damit irgendwo bei rund 9 Metern.

„Eine Verpfändung ist ein schnörkelloser Überbrückungskredit, wie er bei Finanzinstituten unmöglich wäre.“

Karl-Miguel Meyer

BondGuide: Gibt es eigentlich eine Statistik – jetzt speziell bei Ihnen –, wie oft überhaupt etwas in die Verwertung geht statt wieder ausgelöst zu werden?
Petersen: Unser Markt ist gesetzlich geregelt: Wie lange ein Pfandgut eingelagert wird, wann eine Versteigerung passieren darf, was mit dem Verwertungserlös geschieht, aber auch welche Zinsen ein Pfandhaus nehmen kann. Grundsätzlich hat ein Kunde sechs Monate Zeit, sein Pfandgut wieder auszulösen, plus gewisser Verlängerungsoption. Anschließend erfolgt eine Versteigerung, aus der der Kunde in aller Regel mit einem positiven Ertrag herausgeht, da wir ohnehin nur bis maximal zur Hälfte des Marktwertes oder Schätzwertes beleihen. Anders als in vielen Ländern fließt also nicht dem Pfandhaus, sondern dem Kunden der Verwertungserlös zu – wiederum gesetzlich so vorgeschrieben hierzulande. Fordert der Kunde seinen Verwertungserlös nicht ein, aus welchen Gründen auch immer, geht das Geld an den deutschen Staat.
Meyer: Nur jeder zehnte bis zwanzigste Pfandgegenstand geht in eine Versteigerung. Sowohl wir als auch der Kunde möchten das tunlichst vermeiden. Der einzige plausible Grund, sein Pfandgut nicht wieder auszulösen, wäre eine zwischenzeitlich eingetretene Privatinsolvenz des Kunden. Eine Verpfändung ist ein quasi schnörkelloser und problemlos zu arrangierender Überbrückungskredit, wie er von Kundenseite bei Finanzinstituten unmöglich wäre.

„Tatsächlich sind rund 60% Wiederholungskunden. Geld gegen Pfand ist unschlagbar unbürokratisch.“
Thomas Petersen

BondGuide: Was war denn das kurioseste Verpfändungsanliegen bei Ihnen bisher – gibt es da Anekdoten?
Meyer: Durchaus. Das war ein silberner Mercedes 300 SL Oldtimer mit Flügeltürern, also ein sog. ‚Silberpfeil‘. Der Marktwert wurde taxiert auf 0,6 bis 1,5 Mio. EUR, und dem Kunden schwebte auch eher das obere Ende vor. Das konnten wir einfach nicht machen, und zwar gleich aus mehreren naheliegenden Gründen wie erforderlichen Expertengutachten, extreme Marktnische und schließlich dem Umstand, dass wir sehr viele Finanzmittel in diesem einzelnen Pfandgut verortet und damit zahlreiche kleinere Finanzierungen nicht mehr hätten machen können. Wir mussten schweren Herzens ablehnen.
Petersen: Das war das teuerste potenzielle Pfandgut, aber nicht das kurioseste: Ich erinnere mich an einen Schausteller, der sein Karussell verpfänden lassen wollte. Wie ist dessen Marktwert in Zeiten einer Pandemie? Das mussten wir natürlich auch ablehnen.

BondGuide
: Wie profitabel ist dieses Geschäftsmodell?

Petersen: Sowohl die Zinsen wie auch die Gebühren sind größtenteils gesetzlich reguliert. Die Zinsen pro Monat betragen 1%, dazu kommen 3,5% Gebühren ebenfalls pro Monat. Ein Kunde kann seine Kosten für die in der Regel wenigen Monate also planen.

„Der Marktwert des Mercedes-Oldtimers wurde auf 0,6 bis 1,5 Mio. EUR taxiert – wir mussten schweren Herzens ablehnen.“
Karl-Miguel Meyer

BondGuide: Helfen Sie uns noch etwas, dies noch dezidierter zu verstehen: Was sind denn normalerweise die Motive, die Kunden in Pfandhäuser ‚treiben‘? – Und offenbar gibt es Kunden, die mehrfach erscheinen.
Petersen: Tatsächlich sind rund 60% Wiederholungskunden. Geld gegen Pfand ist einfach unschlagbar unbürokratisch. Ein gutes und zugleich typisches Beispiel ist ein Galerist: Der will auf einer anstehenden Auktion ein Bild von z.B. Monet ersteigern, für das er schon Abnehmer hat – dafür hinterlegt er bei uns z.B. einen Picasso, womit er seinen absehbaren Erwerb mittels Überbrückungsfinanzierung stemmt. Und der kommt mehr als einmal, denn dieses Szenario ist absolut typisch. Die sicherlich nicht niedrigen Gebühren für diesen Überbrückungskredit wägt er gegen seine Erlöse ab.

BondGuide: Damit konkret zur Anleihe: Wie sind Sie auf das Finanzierungsmodell KMU-Anleihe gekommen – und wurden Sie bei der Auflegung beraten?
Petersen: Wir arbeiten ja traditionell mit der sehr guten Eigenkapitalausstattung durch unsere Geschäftsführung und der Gesellschafter. Aber irgendwo hat die ihre Grenzen. Daher kam die Frage auf, ob und wie wir unser Geschäftsmodell nicht höher skalieren könnten, was schließlich in die Idee einer Unternehmensanleihe mündete.

BondGuide: Angesichts der hohen Profitabilität, der Quasi-Besicherung sowie des Umstands, dass es sich um eine Debütanleihe sowie um ein Startup ohne längeren Track Record handelt, wirkt der Kupon von 8% ehrlich gesagt etwas niedrig. Wie kam es denn zur Findung der passenden Kuponhöhe – haben Sie im Vorfeld ein sog. Pre-Sounding mit Investoren durchgeführt?
Meyer: Das haben wir natürlich. Tatsächlich meinte auch der eine oder andere, dass er gerne 10% oder mehr als Kupon sehen würde. Unsere Einnahmenseite mit den hochgerechneten bis zu 54% p.a. pro Pfandleihe hören sich zunächst großartig an – aber denen stehen auch Kosten für ausgebildetes Personal und ihre Schulung, Sicherheitstechnik, Lagerhaltung, Sachgutachten, Werbemaßnahmen am Standort u.v.w.m. gegenüber. Die 8% waren der Konsens, der sich schließlich bildete.

BondGuide: Das Zielvolumen der Anleihe beträgt 15 Mio. EUR. Wie ist denn derzeit der Platzierungsplan? – die Anleihe ist ja schon seit Mitte November börsennotiert.
Petersen: Richtig, 15 Mio. EUR ist das Zielvolumen dieser Anleihe. Allein unser Umfeld hier in Hamburg wird dieses Volumen investorenseitig auch aufzunehmen vermögen. Bei unseren avisierten Standorterweiterungen geht unsere Strategie gegebenenfalls in Richtung einer zusätzlichen Finanzierung – z.B. einer neuen KMU-Anleihe mit einem Volumen, das wir noch prüfen müssten.

„Wir arbeiten traditionell mit der sehr guten Eigenkapitalausstattung durch unsere Geschäftsführung und der Gesellschafter. Aber irgendwo hat die ihre Grenzen.“
Thomas Petersen

BondGuide: Der aktuelle Emissionserlös wäre also zunächst einmal die Erweiterung des stemmbaren Geschäftsvolumens, sprich: Den Silberpfeil 300 SL könnten Sie künftig stemmen?
Meyer: Mit den Erlösen aus dieser Anleihe hätten wir dieses Geschäft nicht schwermütig ablehnen müssen, das hätten wir ganz sicher gemacht. Ein solcher Pfandgegenstand wäre ein echtes ‚Big Ticket‘ gewesen. Aber richtig: Wir möchten ja in andere große deutsche Städte expandieren, wo in unserer Marktnische hochpreisiger Pfandgegenstände ähnlicher Bedarf wie in Hamburg besteht. In Zusammenarbeit mit den zwei Finanzinstituten unseres Vertrauens stünden uns sofort adäquate Räumlichkeiten inklusive Sicherheitstechnik zur Verfügung. Aber jeder Standortaufbau kostet erst einmal Vorleistung, die ebenfalls gestemmt werden will. Daher müssen wir uns überlegen, ob unser aktuelles Kapitalmarktprodukt dafür bereits ausreicht oder ob wir über weitergehende Optionen nachdenken müssen.

BondGuide: Ein wichtigeres Kriterium, das zeigt wiederum die BondGuide-Statistik, ist bei KMUs und damit auch bei KMU-Anleihen das Schlüsselpersonenrisiko – de facto investiert ein Anleger in ‚Köpfe‘. Vielleicht können Sie uns daher noch etwas über die handelnden Personen und ihre Motive berichten.
Meyer: Ich selbst stamme aus dem kaufmännischen Bereich und bin dann im Pfandhausbetrieb gelandet. Meine Spezialisierung lag ursprünglich bei Gold. Unsere anderen handelnden Personen haben einen sehr ähnlichen Werdegang, mit Expertise in möglichst komplementären Assets. Als Gründer der Credicore bin ich heute deren Hauptgesellschafter und Geschäftsführer. Unser Prokurist und Mitgesellschafter ist Eric Johannesen, seines Zeichens Olympiasieger im Achter 2012. In seiner zweiten Karriere kümmert er sich jetzt ein wenig um unsere Öffentlichkeitsarbeit.

BondGuide
: Wie steht es mit Transparenzpflichten im Zuge der Börsennotiz der Anleihe?

Petersen: Geschäftsberichte für das Gesamtjahr sind Pflicht, Zwischenberichte stellen wir gern und problemlos freiwillig zur Verfügung. Mit typischen Unternehmensmeldungen tun wir uns etwas schwer, da es die in unserem Genre in gewohnter Frequenz so nicht gibt: Wir akquirieren weder einen Mitbewerber in Bamberg noch planen wir eine Ausweitung auf Übersee. Wesentliche Unternehmensmeldungen abgesehen von Geschäftszahlen können eigentlich nur die erwähnten neuen Standorteröffnungen oder die Prüfung zusätzlicher Finanzierungsoptionen sein – die Beleihung eines Silberpfeils, an dem wir mehrere Zehntausend EUR verdient hätten, fällt ggf. auch darunter, das müssten wir prüfen lassen.

BondGuide
: Herr Meyer, Herr Petersen, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die überaus spannenden wie auch teilweise amüsanten Einblicke in Ihr Metier.

Das Interview führte Falko Bozicevic.

Karl-Miguel Meyer ist geschäftsführender Gesellschafter der Credicore Pfandhaus GmbH, spezialisiert auf die Einwertung von Goldschmuck, sowie Ablauf und Organisation.
Thomas Petersen ist fachlicher Angestellter und zuständig für den Bereich Kundenakquise.