Lichtmiete Interims-Chef Gert Sieger verabschiedet sich mit Brandbrief an die niedersächsische Justizministerin

Kurz bevor Gert Sieger den Vorstand der Deutschen Lichtmiete (DLM) übernahm, hatte Firmengründer und Noch-Vorstand Alexander Hahn die Insolvenzanträge zurückgenommen – eine Eselei, Kalkül oder gar Stolperfalle?

Das wird nun jedoch problematisch für seinen Nachfolger: Denn da steht die Frage im Raum, ob Sieger nicht gleich bei Amtsantritt am 1. März einen neuerlichen Insolvenzantrag hätte stellen müssen – statt dessen geschah dies erst eine Woche später. Wider besseren Wissens keinen Antrag zu stellen, würde eine Untersuchung auf mögliche Insolvenzverschleppung nach sich ziehen.

Angetreten indes war Sieger voller Elan und Pläne. Das ‚Potenzial‘ der Deutschen Lichtmiete mochte er sich gar in einigen Jahren via Börsengang an den Kapitalmarkt vorstellen.

Deutsche Lichtmiete

Sieger hat entweder zur Erlangung der Deutungshoheit im Fall Lichmiete oder in vorauseilendem Mea Culpa seinen Fast Exit mit einem Brief an die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza flankiert. Aus seiner Sicht sei die Lichtmiete und damit über 100 Arbeitsplätze auf Basis eines ‚schwachen Anfangsverdachts‘ völlig unnötig zerstört worden – berichtet jedenfalls das gewohnt verlässlich informierte Handelsblatt.

Als die Staatsanwaltschaft im Winter einschritt, sei bis dahin niemandem ein tatsächlicher wirtschaftlicher Schaden entstanden, argumentiere Sieger – das kann man natürlich so sehen und es ist gemeinhin beliebtes Argument bei realen oder potenziellen Schneeballsystemen, welches zuerst die Staatsanwaltschaft Oldenburg und dann Anlagervertreter:innen als vorhanden sahen.

Die DLM hatte rund 200 Mio. EUR über Anleihen sowie alternative Investmentvehikel eingesammelt – also alles andere als ein Pappenstiel.

Sieger hatte sich offenbar noch um einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung bemüht – keine gute Idee, wenn die Staatsanwaltschaft Anlagebetrug unterstellt. Statt dessen wurde ein sog. Starker Insolvenzverwalter installiert, der vorsichtshalber die volle Verfügung über alle Konten und Waren behält.

Immerhin räumte der Ex-Interims-Chef ein, die Lichtmiete habe den Kapitalbedarf möglicherweise unterschätzt. Verbunden en passant mit dem Vorwurf, die Staatsanwaltschaft habe das Geschäftsmodell der DLM schlicht nicht verstanden. Die Bewertung der Strafverfolgergutachter bezeichne er als ‚kompletten Blödsinn‘.

Wer Recht hat, wird sich in Bälde zeigen: Es werde ein Käufer für die DLM gesucht, auch um dem Unternehmen noch eine operative Perspektive zu bieten. Spätestens im M&A-Prozess offenbart sich, welche Unternehmenswerte den beschädigten rund 200 Mio. EUR an Anlagegeldern gegenüberstehen – hoffentlich mehr als die kolportieren vielleicht 10 bis 15%.