Krypto-Fonds im Anmarsch

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Mittlerweile scheinen Kryptowährungen im Zentrum der Weltwirtschaft zumindest ein Zeichen gesetzt zu haben. Die Volksrepublik China hat unlängst Transaktionen per Kryptowährung de facto illegalisiert. Die mit Kryptowährung einhergehende Dezentralität und Selbst-Souveränität des Individuums über seine eigenen Geldmittel wurde dem Land wohl zu viel. Nichtsdestotrotz hat das Krypto-Universum in den letzten Jahren ein enormes Wachstum erlebt. Der Expertenbeitrag zum Thema Krypto-Fonds von Prof. Dr. Philipp Sandner und Leon Berghoff*

Heutzutage beläuft sich die Marktkapitalisierung aller signifikanten Krypto-Assets zusammen auf knapp 2 Bio. USD. Noch vor einem Jahr lag diese Zahl bei lediglich 300 Mrd. USD. Das Ökosystem wächst nicht nur im Hinblick auf den Dollarwert – auch On-Chain-Transaktionsvolumina nehmen weiter zu und belegen den Wert von Kryptowährungen. On-Chain-Transaktionsvolumen gelten als Richtwert für die „Nutzbarkeit“ einer Kryptowährung. Ähnlich wie in der traditionellen Szene können hieraus Multiples zwecks Bewertung erstellt werden, wie die Network-Transactions-to-Value-Ratio (NVT). Dezentrale Finanzanwendungen (DeFi) auf dem Ethereum-Netzwerk und seinen Analoga haben hunderte von Mrd. USD in „Smart Contracts“ für eine Vielzahl von Anwendungsfällen verankert – von der Kreditvergabe über den Handel bis hin zum Abschluss von Derivatgeschäften.

Krypto-Fonds: erleichterter Einstieg ins Krypto-Universum
Bei 21E6 Capital, einem Schweizer Beratungsunternehmen, das sich auf die Analyse, Zusammenstellung und Empfehlung von Krypto-Fonds spezialisiert hat, sieht man vor allem drei verschiedene Eintrittsbarrieren, die durch Krypto-Fonds „durchbrochen“ werden: Das Auslagern des Risikomanagements der volatilen Anlageklasse in oftmals deutlich risikoärmere Return-Profile steht hier klar an erster Stelle. Wir sehen verschiedenste Strategien, die zur Anwendung kommen, um das Risiko aus dem Krypto-Exposure zu nehmen. Denn bei Drawdowns, die gerne über 50% steigen, sind derartige Risikomanagement-Ansätze auch dringend notwendig, um die wahrscheinlich größtenteils noch konservativen Anleger dazu zu bewegen, in Krypto-Fonds zu investieren. Influencer wie Elon Musk sind in der Lage, bestimmte Krypto-Assets, wie z.B. das „Memecoin“ Dogecoin, mit einem einzigen Tweet um manchmal zweistellige Prozentpunkte zu bewegen. Die Ernüchterung in Form von deutlichen Kursrückgängen folgt in den meisten Fällen auf den Fuß. Zweitens ist für ein tiefes Verständnis von Krypto-Instrumenten als einer völlig neuen Anlageklasse ein sehr spezifisches und oft sehr technisches Wissen erforderlich. Die notwendigen Fähigkeiten, um auf den Krypto-Märkten informierte Anlageentscheidungen zu treffen, unterscheiden sich erheblich von denen der traditionellen Anlageklassen. Und schließlich weicht die Struktur des Krypto-Marktes noch immer erheblich von jener der traditionellen Anlageklassen ab. Neueinsteiger müssen sich fragen: Wo kann ich Kryptowährungen kaufen? Wie werden sie sicher gelagert? Oder: Wie sehen die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen aus, unter denen man agieren kann und muss?

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Alle diese Hürden, die traditionelle Anleger wahrscheinlich nur mit erheblichem Mehraufwand überwinden könnten, sind effektiv lösbar, indem sie mittels Krypto-Fonds an einen Experten oder einen Expertenkomplex auslagert werden. Krypto-Fondsmanager können über ein registriertes Fondsvehikel eine effektive Brücke zwischen der neuen und der alten Welt schlagen; einem insofern (noch) dringend benötigtem Intermediär, den die Krypto-Gemeinschaft durch ihre Peer-to-Peer- und dezentralen Technologien ironischerweise von vornherein auszuschalten versucht.

Ein wachsendes Ökosystem
Entgegen der landläufigen Meinung ist das Fonds-Universum in der Krypto-Sphäre recht wohlhabend: Die Datenbank von 21e6 zählt knapp 1.000 Fonds. Einem PwC-Bericht aus diesem Jahr zufolge verwalten Krypto-Hedgefonds derzeit 3,8 Mrd. USD. Im Jahr zuvor waren es gerade einmal 2 Mrd. USD. Viele weitere Mrd. USD werden von Krypto-Risikokapitalfonds verwaltet. Obwohl diese Zahlen im Vergleich zur gesamten Hedgefonds-Branche verschwindend gering sind, deuten sie auf ein wachsendes Ökosystem hin, das sich durch viele kleine Fonds mit einzigartigen und vielfältigen Anlagestrategien auszeichnet. Der Median der Assets-under-Management im Krypto-Fonds-Universum liegt bei lediglich 14 Mio. USD.

Im Aktienbereich sind quantitative Fonds trotz ihrer Fähigkeit, den Markt sowie aktive Strategien regelmäßig zu schlagen, immer noch in der Minderheit. Im Krypto-Bereich sieht das anders aus: Fast 40% aller Hedgefonds (mit Ausnahme von VC- und Indexvehikeln) nutzen quantitative Handelsstrategien. Dies gilt trotz der vielen Hindernisse, die sich bei der Entwicklung einer quantitativen Strategie für Krypto-Assets ergeben – insbesondere der Mangel an hochwertigen und langläufigen historischen Daten. Dutzende von Krypto-Arbitrage-Fonds berufen sich auf Marktneutralität, was bedeutet, dass ihre Strategien die Preisineffizienzen in der noch nicht konsolidierten Börsenlandschaft ausnutzen, um Gewinne zu erzielen, ohne Beta und direktes Krypto-Exposure.

Überraschende Risiko-Rendite-Perspektive
Vergleicht man das gesamte Risiko-Rendite-Profil von Krypto-Fonds mit dem anderer Anlageklassen, wird sofort deutlich, dass Krypto-Fonds ein sehr differenziertes Exposure-Management zwischen Markt (Beta) und Marktneutralität ermöglichen. In allen Fällen schneiden sie in Bezug auf die Sharpe Ratio besser ab als traditionelle Anlageklassen.

Arbitrage-Fonds sind nicht die einzigen Fonds, die hier eine geringe Volatilität aufweisen können. DeFi-Fonds, die überbesichert USD on-chain zu Renditen von manchmal über 10% verleihen, und Market Maker ergänzen ebenfalls diese marktneutrale Gruppe von Krypto-Fonds. Diese spezialisierten Fonds wachsen mit dem Ökosystem zusammen und ermöglichen Risiko-Rendite-Profile, die weitaus besser sind als die jeder traditionellen Anlageklasse – wobei die Volatilität sogar noch unter der von Gold liegt. Obwohl diese Fonds nur indirekt von steigenden Krypto-Preisen profitieren, sind sie eine gute Ergänzung für ein Krypto-Fonds-Portfolio, um Drawdowns zu managen. Häufig schneiden marktneutrale Fonds am besten ab, wenn die Volatilität hoch ist – die Märkte also fallen. Die resultierende negative Korrelation mit Kryptowährungen macht sie daher zu einem deutlich besseren Medium als Cash, um die Volatilität von Bitcoin und Co. zu drosseln.

Fazit
Krypto-Fonds lösen viele „Probleme“ bei Krypto-Investitionen. Dennoch muss man auch in diesem Bereich vorsichtig agieren. In einer jungen Branche wie dieser, in der Daten und Erfolgsbilanzen noch spärlich vorhanden sind, spielen qualitative Faktoren eine mindestens genauso wichtige Rolle wie quantitative. Das Fonds-Ökosystem ist unkonsolidiert, mit einer Fülle von rechtlichen Strukturen, Domizilen, Verwahrungsansätzen – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

*) Zu den Autoren

Prof. Dr. Philipp Sandner, FSBC

Professor Dr. Philipp Sandner ist Leiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management. Zu seinen Themengebieten gehören Blockchain-Technologie, Krypto-Assets, Distributed Ledger-Technologie (DLT), Euro-on-Ledger, Security Token (STOs), Digital Transformation und Entrepreneurship.

Leon Berghoff, 21e6 Capital

Leon Berghoff ist Executive Manager bei der 21e6 Capital AG und Experte für den Handel mit Kryptowährungen. Zuvor war er bei Blocksize Capital als quantitativer Trader tätig; gegenwärtig arbeitet außerdem für Sixtant, einen Hochfrequenzhändler im Krypto-Bereich. Er hat einen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre und macht derzeit seinen M.Sc. in angewandter Datenwissenschaft an der Frankfurt School. Zuvor war er u.a. im Derivate-Vertrieb bei der LBBW in Singapur und im Bereich Financial Services bei KPMG tätig.