Keine Pleitewelle bei Hochzinsanleihen

Bei Hochzinsanleihen muss genau kalkuliert werden

Zahlungsausfälle von europäischen Anleiheemittenten mit Non-Investment-Grade-Rating sind im zweiten Pandemie-Halbjahr 2020 deutlich niedriger ausgefallen als erwartet. Von Marc Leemans, DPAM*

Noch im Sommer hatte die Ratingagentur Moody’s ein pessimistisches Szenario von 15% gegenüber einem optimistischen Szenario von 4% in Aussicht gestellt. Tatsächlich betrug die Ausfallquote Ende 2020 im Schnitt 3,3%.

Dies ist vor allem begründet in Schuldenmoratorien, vorübergehenden Personalkostensenkungen, zusätzlichen Liquiditätskrediten und schließlich der monetären und fiskalischen Unterstützung der Notenbanken und Regierungen. Betrachtet man zusätzlich die Erholungsrate, die mit 45% per Oktober 2020 ungewöhnlich hoch war, verbuchte das europäische High Yield-Segment unter dem Strich eine Verlustrate von lediglich 1,5%.

Ein genauerer Blick auf die Struktur der Ausfälle im europäischen High Yield-Segment zeigt zudem, dass in Summe nur wenige Sektoren betroffen waren: Vor allem der Reise- und Freizeitbereich stand im Zentrum des Sturms (z.B. Swissport, Europcar, Hertz), wie auch der Einzelhandel (z.B. Takko, Hema, Dia).

Wir erwarten auch weiterhin keinen signifikanten Anstieg der Zahlungsausfälle. Denn die am stärksten betroffenen Player wurden erfolgreich restrukturiert und verfügen nun über deutlich nachhaltigere Kapitalstrukturen. Außerdem gehören zwei Drittel der europäischen High-Yield-Emittenten ohnehin zu Branchen, die nicht oder kaum von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind.

Die Aufhebung von Abschreibungsregelungen, Schuldenmoratorien etc. im Zuge einer allmählichen Rückkehr zur Normalität wird sich eher auf kleinere und mittlere Unternehmen auswirken. Aber viele von ihnen haben dennoch einen guten Zugang zu Kapital, und wiederum andere, die zu groß sind, um zu scheitern, werden wahrscheinlich auch weiterhin Unterstützungen erhalten.

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Die leicht steigende Netto-Verschuldung vieler Unternehmen sehen wir unkritisch, da diese gerade im Zuge der Lockdowns teils hohe Cashbestände angesammelt haben. Zudem verbessern sich die Ratings nach und nach in der gesamten Breite des europäischen High-Yield-Universums.

Bereits seit März 2020 sind die Risikoprämien des europäischen Hochzinssegments mit einigen Schwankungen zurückgegangen, und dies hat entsprechendes Wertpotenzial im High-Yield-Markt erzeugt. Diese Tendenz sollte sich zunächst weiter fortsetzen: Bei den aktuellen Spreadniveaus treten wir in eine bewertungsmäßig neutralere Phase ein. Wir sehen ein Umfeld, in dem der Carry der Hauptfaktor der Wertentwicklung ist und die Verengung der Spreads als Performancetreiber in den Hintergrund tritt.

Grundsätzlich bildet aber die Jagd nach Rendite auch in Zukunft einen starken Boden für sich wieder etwas ausdehnende Spreads. Die Risikoprämien reichen weiterhin aus, um normale Volatilitäts- und Liquiditätsrisiken abzudecken. In einem eher konservativen Szenario einer Ausfallquote von 3,4% und einer Erholungsrate von 35% haben wir eine Risikoprämie von etwa 200 Basispunkten ermittelt, die sich leicht unterhalb des historischen Mittels bewegt.

Marc Leemans, Fondsmanager Hochzinsstrategien, DPAM

Eine aktuelle Präsentation zur Markteinschätzung sowie ein Update der DPAM-High Yield-Fonds finden Sie unter diesem Link.

*) Marc Leemans ist Portfoliomanager Fixed Income bei DPAM Degroof Petercam Asset Management