Kapitalmarktrechtler Klaus Nieding zur Insolvenz von Windreich: „Es muss sich erst noch zeigen, ob das Geschäft wirklich so lukrativ ist wie oft dargestellt wurde“

Quelle: Bert Bostelmann
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Interview mit Kapitalmarktrechtler Klaus Nieding, Vorstand der Nieding+Barth Rechtsanwalts-AG, über die Windreich-Insolvenz, eine mögliche Sammelklage und natürlich, was geprellte Anleger jetzt tun sollten – und was sie sich realistischerweise erhoffen dürfen.

BondGuide: Herr Nieding, wogegen genau richtet sich der Unmut von Windreich-Investoren?
Nieding: Zum einen haben Privatanleger einmal mehr viel Geld verloren. Zum zweiten läuft seit Mitte September ein Insolvenzverfahren, das alle Interessen erst einmal sortieren muss. Und zum dritten gibt es im Falle Windreich doch einige Dinge, die stutzig machen sollten.

BondGuide: Damit meinen Sie konkret Ex-Geschäftsführer Willi Balz?
Nieding: Die Kommunikationspolitik bei Windreich war eine ganz besondere, um es mal so auszudrücken. Auch steht im Raum, ob die eingeworbenen Investorengelder stets bestimmungsgemäß verwendet wurden.

BondGuide: Mit dem Aspekt potentieller Insolvenzverschleppung befasst sich dem Vernehmen nach die Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Also geht es bei Ihnen vorrangig um eine zu rosige Darstellung des Unternehmens?
Nieding: Wenn sich diese Anhaltspunkte konkretisieren, wäre eine Sammelklage ins Auge zu fassen. Aber noch sind wir in der Recherchephase.

BondGuide: Wird es einen gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger geben, der die Interessen gemeinschaftlich vertritt?
Nieding: Ich glaube schon. Bei vergleichbaren Fällen wir Goldzack, Gontard & Metallbank, WGF, Solar Millennium u.a. haben wir schon eine recht umfangreiche Erfahrung und derzeit spricht einiges dafür, dass wir die auch bei Windreich werden einbringen können.

BondGuide: Gontard & Metallbank, Goldzack? – das liegt doch zehn Jahre zurück…
Nieding: Ja, in der Tat, das sind komplexe Insolvenzverfahren. Aber die Mühe lohnt sich auch. Bei der Gontard & Metallbank haben Investoren bis heute rund 60% zurückerhalten, bei Goldzack – eigentlich „masselos“ innerhalb eines Verfahrens, das gar nicht erst eröffnet werden sollte – immerhin ca. 10%. Bei WGF und auch Solar Millennium bin ich als gemeinsamer Vertreter bestellt, aber dies sind noch sehr junge Verfahren.

BondGuide: Es heißt, dass bei Windreich überdurchschnittlich viele Privatanleger betroffen seien. Können Sie das aus Ihrem bisherigen Kenntnisstand heraus bestätigen?
Nieding: So sieht es tatsächlich aus. Einige institutionelle Investoren engagieren sich allerdings nach Eintritt der Insolvenzreife spekulativ in den beiden Windreich-Anleihen und versuchen, den schnellen Euro zu machen. Das muss man also trennen. Diese Leute haben auch ganz andere Zielsetzungen bei Gläubigergesprächen, d.h. in der Regel sind die gar nicht an einem Sanierungsverfahren interessiert, sondern vielmehr an einer schnellen Zerschlagung.

BondGuide: Und Privatanleger?
Nieding: …favorisieren oftmals ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, natürlich in der Hoffnung, die im Feuer stehenden Werte so gut es geht zu retten.

BondGuide: Ein Gerücht besagt auch, um Willi Balz als Geschäftsführer abzusetzen, bedurfte es eines Insolvenzantrags, denn seit rund einem halben Jahr ist Windreich nur noch eine GmbH, keine AG – und das Geschäft hingegen sei eigentlich ganz brauchbar…
Nieding: Nun ja, da setze ich noch ein Fragezeichen. Es muss sich erst noch zeigen, ob das Windreich-Geschäft wirklich so lukrativ ist wie oft dargestellt wurde.

Willi Balz

BondGuide: Was muss ich als geschädigter Investor jetzt tun, was kann ich überhaupt tun?
Nieding: Zunächst einmal lassen Sie sich am besten bei uns registrieren. Das ist kostenlos und die Leute bekommen so alle Informationen zeitnah und automatisch. Zu Gläubigerversammlungen kann ein Investor natürlich gern persönlich hingehen – im Raum Esslingen und Stuttgart –, vielleicht weil er seinem Unmut Luft machen möchte. Aber auch die Interessenvertretung lässt sich delegieren und es entstehen immerhin keine Kosten.

BondGuide: Herr Nieding, ganz herzlichen Dank für die interessanten Einblicke und bitte halten Sie auch uns über den Fortgang gern auf dem Laufenden!

Das Interview führte Falko Bozicevic.

Windreich hatte 2010 und 2011 zwei sogenannte Mittelstandsanleihen emittiert: eine 6,5%-Anleihe (A1CRMQ) über ein Gesamtvolumen von 50 Mio. EUR mit Fälligkeit zum 31.03.2015 sowie am eine 6,5%-Anleihe (A1HRV3) mit einem Volumen von 75 Mio. EUR und Fälligkeit zum 15.07.2016. Beide waren bis Frühjahr 2013 im Bondm der Börse Stuttgart notiert.  Nach Bekanntwerden des Insolvenzantrags stürzten beide Titel auf einstellige Prozentwerte ab. Die eigens für den Fall Windreich eingerichtete Internetseite www.windreich-schaden.de hält weitere Informationen bereit.

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