Immer mehr Schulden sind keine Lösung

Immer mehr Schulden führen zur Frage, wo Anleger an den Anleihemärkten aktuell Chancen finden können und welche Fallstricke es zu meiden gilt – von Ariel Bezalel, Head of Strategy, Fixed Income, und Harry Richards, Fondsmanager im Fixed Income-Team bei Jupiter Asset Management

Verliert die Fiskalpolitik ihre Wirksamkeit?

Risikoanlagen haben sich seit Mitte März spektakulär erholt, doch die Märkte für Staatsanleihen signalisieren eine gänzlich andere Realität. Derzeit haben Staatsanleihen im Volumen von fast 12,4 Bio. USD negative Renditen, und auch Kanada, Großbritannien, Irland und Belgien haben sich inzwischen zur Gruppe der Länder mit negativen Renditen gesellt.

Eine Situation wie die, in der wir uns momentan befinden, hat es noch nie gegeben: Über 90% aller Länder weltweit stecken in einer Rezession, das sind sogar mehr als während der Weltwirtschaftskrise – und in 40% der Länder sind die Inflationsraten rückläufig.

Weltweit ist die Verschuldung nach oben geschnellt. Allein in den letzten Monaten haben die Regierungen rund 10 Bio. USD an zusätzlichen Schulden aufgenommen. Zusammen mit den Maßnahmen der Notenbanken ergibt sich eine Summe von rund 25 Bio. USD, die für diverse Hilfspakete bereitgestellt wurde. Auch die Schulden der Unternehmen sind geradezu explodiert.

Die Firmen beschaffen sich Geld an den Anleihemärkten oder nehmen Bankkredite auf. Die Erfahrung zeigt, dass Hilfsmaßnahmen von Notenbanken, wie das TLTRO-Programm in Europa, von den Unternehmen eher zur Stärkung ihrer Liquidität als für Investitionen ins Produktivvermögen genutzt werden. Für das künftige Wachstum dürfte sich dies als erheblicher Gegenwind erweisen.

Doch ein Schuldenproblem schafft man nicht mit noch mehr Schulden aus der Welt. Die Fiskalpolitik verliert ihre Wirksamkeit, wenn die Verschuldung aus dem Ruder läuft. In den 1950er Jahren erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt durch jeden zusätzlichen Dollar, den sich der Staat lieh, um 0,80 USD – heute sind es weniger als 0,40 USD.

Dieser Trend ist weltweit zu beobachten. Konjunkturprogramme stimulieren die Wirtschaft nur kurzfristig – schon nach wenigen Quartalen beginnt der Effekt zu schwinden, da zu hohe Schulden und eine alternde Bevölkerungsstruktur die Volkswirtschaften belasten. Unseres Erachtens wird das Anhäufen von Schuldenbergen die „Japanisierung“ sämtlicher westlicher Industriestaaten beschleunigen, mit der Folge immer weiter sinkender Renditen.

Parallel zum Rückgang der Anleiherenditen dürfte sich auch die Abflachung der Renditekurven fortsetzen. So könnte die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe auf null oder sogar darunter sinken, während für die 30jährige Anleihe eine Rendite unterhalb von 1% denkbar erscheint. Dies wirkt sich begünstigend auf die Kurse von Staatsanleihen aus, daher sind wir bullish für US-Treasuries mit mittleren bis langen Restlaufzeiten. Australien ist ein weiterer Markt, von dem wir glauben, dass dort mit Staatsanleihen hohe Renditen zu erzielen sind.

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