Gold: Nachfrage hält sich auf hohem Niveau

2022 erreichte Gold bei Durchschnittspreis und Nachfragevolumen Rekordmarken. Für 2023 sieht es ähnlich gut aus. Von Önder Çiftçi*

Das Jahr 2022 war für Gold und Goldanleger rekordverdächtig. Die Nachfrage der Goldkäufer war so hoch wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. Der Goldpreis lag mit einem Jahresdurchschnitt von rund 1.800 USD pro Feinunze so hoch wie nie – trotz eines schwächeren vierten Quartals und Gegenwind durch einen hohen Dollarpreis und steigenden Zinsen weltweit. Das geht aus den Daten des World Gold Council hervor, dem Interessenverband der Goldindustrie.

Die hohe Nachfrage nach dem Edelmetall 2022 hatte verschiedene Ursachen, die auch Rückschlüsse und Prognosen zur weiteren Entwicklung im laufenden Jahr zulassen. Das hohe Nachfrageniveau von 4.741 Tonnen Gold, ein Plus von 18% gegenüber dem Vorjahr, erreichte fast den Stand des Ausnahmejahres 2011, als die Folgen der Finanzkrise und die damit verbundene Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone die Finanzmärkte in Angst und Schrecken versetzten. 2022 gab es keine derartige Zukunftsangst. Doch gegen Jahresende setzten viele Akteure auf ein vorzeitiges Ende der Zinserhöhungen der großen Notenbanken, die eine Folge des Ukraine-Krieges und der damit verbundenen zunehmenden Inflation waren. Dadurch nahm die Goldnachfrage weiter Fahrt auf, vor allem im vierten Quartal 2022 erreichte sie Rekordhöhe.

Notenbanken hatten den größten Bedarf

Der größte Abnehmer von Gold ist die weltweite Schmuckindustrie. Deren Nachfrage ging auf Jahressicht leicht zurück, blieb aber mit 2.086 Tonnen weiter robust. Die Investmentnachfrage, der zweitgrößte Posten, stieg insgesamt um zehn Prozent, die Käufe von Barren und Münzen legten um zwei Prozent zu. Gold-ETFs hingegen erlitten weiter Nettoabflüsse, allerdings verlangsamten sich diese im Vergleich zum Jahr davor.

Wesentlich getragen wurde der Nachfrageboom im vergangenen Jahr aber von den Notenbanken. Deren Nachfrage stieg gegenüber 2021 auf das Zweieinhalbfache auf insgesamt 1.336 Tonnen. Es war der höchste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen 1950. Vor allem China und die Türkei standen auf der Käuferseite – offenbar getrieben von den geopolitischen Risiken und der Inflation. Gold hat für Notenbanken den Vorteil, dass es in Krisenzeiten für Stabilität sorgt und es gleichzeitig als langfristig werterhaltender Vermögenshort dient. […]

Nachholbedarf in Asien

Zusätzliche Hoffnung macht die Schmuckherstellung. Der Nachholkonsum nach Chinas Wiedereröffnung dürfte beim Goldschmuck erst noch ankommen. Auch aus Indien ist eine steigende Nachfrage zu erwarten, da das Land unter steigenden Lebensmittelpreisen auf dem Land leidet und das Jahr mehr glücksbringende Hochzeitstage bereithält als 2022. Goldschmuck ist bei indischen Trauungen die traditionelle Mitgift und typisches Hochzeitsgeschenk. Gebremst wird die Schmucknachfrage aber noch von einem hohen Goldpreis in indischer Rupie, der in den ersten Monaten des Jahres noch weiter gestiegen ist. Gibt er wie in den vergangenen Wochen weiter nach, dürfte das die Nachfrage beflügeln.

Önder Çiftçi, Ophirum

Unter dem Strich erscheinen die Chancen für Gold 2023 insgesamt höher als die Risiken. Da Gold aber vor allem eine Versicherung bei Krisen und idealer Wertaufbewahrungsspeicher ist, sollte jeder Anleger zu jeder Zeit einen Anteil zwischen 5 und 10% seiner Vermögenswerte in Gold anlegen. Nicht von ungefähr sind die Goldreserven der Notenbanken zuletzt kräftig angestiegen.

*) Önder Çiftçi ist Gründer und Geschäftsführer der Ophirum GmbH. Vor der Gründung des bankenunabhängigen Anbieters von Edelmetallen im Jahr 2010 war Çiftçi bei verschiedenen Banken in führender Position tätig. Ophirum ist ein auf Edelmetalle spezialisiertes Unternehmen und eine der ersten Adressen für Retail-Goldhandel in Deutschland.

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