Drei Gründe für schwächeres Wachstum der chinesischen Wirtschaft

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Die Erholung der chinesischen Wirtschaft setzt sich fort, allerdings dürfte das Wachstum geringer ausfallen als ursprünglich erwartet. Von Carlos Casanova*

Die Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP) hat ihren Wachstumsausblick für China für das Jahr 2023 von 6,0 auf 5,5 % gesenkt. Auch für 2024 hat die UBP ihre Wachstumsprognose von 5,0 auf 4,5% revidiert.

Wir sehen drei Gründe für die vorsichtigere Prognose für die Wirtschaft: Die Erholung wird vom Aufschwung bei Dienstleistungen getragen. Wir rechnen zwar mit steigendem Konsum im zweiten Quartal, allerdings könnte sich der Aufschwung bei verarbeitendem Gewerbe und Kapitalgütern länger als erwartet hinziehen, insbesondere wenn im 2. Halbjahr die Nachfrage aus dem Ausland schwächelt.

Zuletzt war der Konsum im April um 18,4% deutlich gegenüber dem Vorjahreswert gestiegen, im März lag das Wachstum noch bei 10,6%. Zweitens hält sich die chinesische Notenbank aufgrund möglicher Finanzrisiken bei geldpolitischen Lockerungen zurück, was das Wachstum dämpft. Als dritten Grund ist der Arbeitsmarkt zu nennen: Obwohl die Arbeitslosenquote zuletzt auf 5,2% zurückging, hat die Jugendarbeitslosigkeit im April mit 20,4% einen neuen Höchststand erreicht. Das könne sich im Sommer mit der Ankunft neuer Studienabgänger auf dem Arbeitsmarkt noch verschärfen.

Hoffnungsschimmer Häusermarkt

Wirtschaft im Fokus: Binnenmarkt und Konsum

Vorsichtig positive Signale machen wir im chinesischen Häusermarkt aus. So sind die Absatzzahlen im April um 11,8% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Insgesamt aber lagen die Investitionen im Immobiliensektor im April noch 6,2% unter dem Vorjahreswert. Die Erholung am Häusermarkt bleibt zerbrechlich und wird noch einige Zeit benötigen. Die Investitionen in das Anlagevermögen stiegen im April etwas weniger als noch März. Auffällig ist, dass das Wachstum fast ausschließlich von Staatsunternehmen und nicht von Privatunternehmen getragen werde. So rechnen wir mit sinkenden Gewinnen in der Industrie, was den Druck auf die Unternehmen erhöhen dürfte.

Zwei Risiken

Sowohl Verbraucherpreise als auch Erzeugerpreise gaben im April weiter nach.„Niedrige Inflation ist zwar gut für den Konsum und damit den wesentlichen Wachstumsmotor, allerdings kann Deflation problematisch werden, weil sie mit niedrigeren Unternehmensgewinnen und langsamerer Schaffung von Arbeitsplätzen einhergeht. Auch die Geopolitik ist ein Risikofaktor: So könnten die fortgesetzten geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA zu sprunghaft steigender Volatilität an den Märkten führen. Außerdem könnte die Verlagerung von Lieferketten weg von China die ausländischen Direktinvestitionen belasten.

Carlos Casanova

Asienausblick bleibt positiv

Insgesamt rechnet die UBP damit, dass asiatische Schwellenländer und China ihren Erholungskurs fortsetzen und schneller wachsen als die Industrieländer. Insgesamt prognostizieren wir für 2023 ein Wachstum von 4,3% in der Region. In Asien haben wir neben China auch unsere Wachstumsprognosen für Singapur, Australien und Japan gesenkt. Allerdings entwickelt sich in mehreren Volkswirtschaften, darunter Hongkong und Indien, Aufwärtsdruck.

*) Carlos Casanova ist Senior-Ökonom Asien bei UBP

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