Europa, was nun?

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Thema Grexit: Die Geldgeber warten darauf, dass den gesprochenen Worten nun auch endlich Taten folgen werden. Doch das gesprochene Wort gilt zwar unter Vollkaufleuten, aber anscheinend nicht unter Politikern.

So gab es bereits bei den ersten Beschlüssen im Parlament kleine, feine, aber nicht unwesentliche Abweichungen gegenüber den mit der Eurogruppe vereinbarten Texten. Dies wird sich auch bei den weiteren Gesetzen und Reformen fortsetzen und die unterschiedlichen Lebensanschauungen zu Tage treten lassen. Der nächste Stresstest ist für unsere Politiker also bereits vorprogrammiert. Ob unter diesen Voraussetzungen eine Einigung bis zum 20. August dieses Jahres gelingen wird, darf sehr stark bezweifelt werden. Griechenland bleibt ein Risiko für die Gesundung der gesamten Eurozone, und daran ändert auch die Hochstufung der Bonität seitens Standard & Poor‘s um zwei Notches auf „CCC+“ nicht wirklich etwas. Diese Verbesserung kann nur als Augenwischerei bezeichnet werden, da sich an den Grundproblemen in Griechenland nichts geändert hat und lediglich die Aussicht auf neue Kredite zu dieser Neubewertung geführt hat.

Ob es sinnvoll ist, einem Staat, der augenscheinlich seit Jahren nicht mit Geld vernünftig haushalten kann, mit neuem Geld unter die Arme zu greifen, ist eindeutig mit Nein zu beantworten. Einem Alkoholiker immer wieder Alkohol zur Verfügung zu stellen, lindert zwar die Symptome, aber zur Gesundung muss man mit einem eisernen Willen eine knallharte Entziehungskur durchziehen. Dass die verantwortlichen Politiker sowie die griechische Bevölkerung dazu willens und in der Lage sind, dieser Beweis wurde bisher nicht erbracht. Somit ist ein Scheitern der Maßnahmen immer noch sehr wahrscheinlich und aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben.

Doch bei aller Fokussierung auf das Hellas-Problem sollten die anderen finanzpolitischen Herausforderungen in der Eurozone und weltweit nicht aus den Augen verloren werden. Denn auch in anderen Staaten sind die Schuldenberge so hoch, dass man schwindelfrei sein muss, um darüber berichten zu können. Einsamer Spitzenreiter ist hierbei – unter Berücksichtigung des prozentualen Anteils der Schulden am BIP – Japan mit über 225%, aber unter den TOP 10 befinden sich mit Griechenland, Irland, Italien und Portugal vier Mitgliedsländer der Eurozone. Daher sollte allen Beteiligten klar sein, dass die Rettung von Euroland nicht über Hilfspakete, sondern nur über einen sinnvollen politischen Umbau erfolgen kann. Dass dies nur unter Berücksichtigung der Ängste der europäischen Bevölkerung geschehen darf, sollte selbstverständlich sein. Sollte das nicht gelingen, wird das gemeinsame Europa scheitern!

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Die Rückkehr der Emittenten an den Primärmarkt
Trotz der sommerlichen Hochwetterlage wagten sich diverse Emittenten in den vergangenen Tagen aus ihrem schattigen Versteck und begaben sich an die hitzigen Kapitalmärkte. Dabei nutzen die Finanzchefs der Unternehmen und Banken die leicht rückläufigen Renditen, um sich mit einer günstigen neuen Finanzierung vor dem Sommerloch auszustatten.


So wurde die US-amerikanische Investmentbank
Goldman Sachs mittels einer Dualtranche am Kapitalmarkt aktiv. Der erste Bond des Doppelpacks (A1Z4M3) ist eine 8-jährige Anleihe 2015/23 im Volumen von 1,5 Mrd. EUR. Das Papier bietet dem Anleger einen fixen Kupon von 2% jährlich. Der Emissionspreis betrug 99,656%, was einem Emissionsspread von +120 bps über Mid Swap entsprach. Die zweite Anleihe (A1Z4M4) wurde in Form eines 2-jährigen Floaters im Volumen von 1 Mrd. EUR begeben. Der Kupon beträgt +55 bps über dem 3-Monats-Euribor und wird in den nächsten Tagen gefixt. Der Emissionspreis beträgt 100%. Beide Anleihen sind wegen der kleinen Stückelung i.H.v. 1.000 EUR auf Privatanleger zugeschnitten.

Als weiteres Unternehmen trat der österreichische Lebensversicherer Uniqa Insurance Group am Kapitalmarkt auf. Die Gesellschaft begab eine nachrangig besicherte Hybridanleihe (A1Z4M5) im Volumen von 500 Mio. EUR. Der Bond ist spätestens am 27.07.2046 fällig, wobei sich Uniqa das Recht einer jeweils quartalsweisen Kündigung zu pari, beginnend ab 2026 hat festschreiben lassen. Die Anleihe bietet dabei dem Investor eine fixe nominale Verzinsung in Höhe von 6% bis zum 2026 und danach wird das Papier auf Basis des 3-Monats-Euribor +5,817% variabel verzinst. Der Bond wurde mit +481,7 bps über Mid Swap gepreist, was einem Ausgabepreis von 100% ergab. Wegen der Mindestanlage von 100.000 EUR richtet sich diese Anleihe an institutionelle Kunden.

Ebenso refinanzierte sich das spanische Unternehmen Cellnex Telecom mit einer Anleihe (A1Z4M2) im Volumen von 600 Mio. EUR und einer Laufzeit von sieben Jahren. Das Unternehmen zahlt seinen Anlegern einen jährlichen Kupon von 3,125%. Der Bond wurde mit +252,6 bps über Mid Swap gepreist, was einen Emissionspreis von 99,229% ergab. Auch bei dieser Anleihe beträgt die kleinste handelbare Einheit 100.000 EUR.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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