Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am 1. September führten zu einem starken Anstieg der Unterstützung rechts der ‚Mitte‘ – so weit keine Überraschung mehr.
In Thüringen gewann die AfD mit 32,8%, während sie in Sachsen mit 30,6% den zweiten Platz belegte. Die CDU erreichte in Sachsen den ersten Platz mit 31,9% und in Thüringen 23,6%. Das BSW sicherte sich in Thüringen 15,8% und in Sachsen 11,8%. Die SPD verlor in beiden Bundesländern und erreichte 6,1% (-2,1%) in Thüringen und 7,3% (-0,4%) in Sachsen.
Die Grünen und die FDP scheiterten in Thüringen an der 5%-Hürde mit 3,2% (-2,0%) bzw. 1,1% (-3,9%). In Sachsen verpasste die Linke den Einzug in den Landtag mit 4,5% (-5,9%), während die FDP auf 0,9% (-3,6%) kam. In Thüringen erreichte die Linke 13,1%, verlor jedoch mehr als die Hälfte ihrer Wähler im Vergleich zu 2019. Die Linke erlitt in beiden Bundesländern, wo sie einst als starke Gegenkraft zur AfD galt, eine schwere Niederlage.
Die Regierungsbildung in beiden Ländern gestaltet sich schwierig, da Koalitionen mit großen politischen Kompromissen verbunden wären. Koalitionen ohne die AfD wären rechnerisch nur durch Bündnisse von CDU, BSW, SPD oder Linke möglich. In Sachsen könnte eine knappe Mehrheit durch eine CDU-BSW-Koalition mit 51,7% zustande kommen. Die CDU spielt in den Verhandlungen eine zentrale Rolle, was negative Auswirkungen auf Migration, Umwelt und soziale Gerechtigkeit befürchten lässt.
Die großen Erfolge von AfD und CDU lassen keine Wende in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftspolitik erwarten. Themen wie die Schuldenbremse wurden im Wahlkampf kaum behandelt, obwohl sie eine wichtige Grundlage für Veränderungen wären. Die Niederlagen der SPD, Grünen und FDP bei den Landtagswahlen werden auch durch die Politik auf Bundesebene beeinflusst, doch auch dort seien grundlegende Reformen unwahrscheinlich.
Die Wahlergebnisse markieren den größten Erfolg einer rechtsextremen Partei seit dem Zweiten Weltkrieg, was zu großer Besorgnis führt. Die Ursachen liegen in der enttäuschenden Wirtschafts- und Finanzpolitik, wachsender Ungleichheit, steigenden Lebenshaltungskosten und dem Verlust des Vertrauens in die etablierten Parteien.
Besorgniserregend auch die hohen Verluste der Linken und die zugleich rechte Ausrichtung des BSW, insbesondere in der Migrations- und Wirtschaftspolitik. Wenn sich Die Linke, aus der das BSW ja als Abspaltung hervorging, in Bedeutungslosigkeit auflöst, das BSW irgendwie links-rechts, mithin Hauptsache extrem, ist, stellt sich die Frage, wer überhaupt noch links der vermeintlichen Mitte rangiert. Die Mitte scheint rechts angekommen. Links der Mitte steht nennenswert nur noch die SPD selbst.
Und wie verloren diese Position jetzt schon ist und für die Zukunft noch mehr zu werden droht, zeigen die aktuellen Wahlergebnisse: Die Umverteilungspartei findet sich auf verlorenem Posten, der sie auch auf Bundesebene einholen wird. Wählerstimmen gewinnt man in Deutschland derzeit nur noch so weit rechts der Mitte wie möglich, wo ein Überbietungswettkampf der Parteien in vollem Gange ist.
Die Grünen haben in der Vergangenheit immerhin schon belegt, dass sie zu einem pragmatischen Imagelift in der Lage sind – die SPD genau das Gegenteil.
Falko Bozicevic
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