Dekarbonisierung durch grüne Anleihen: wichtig, aber ausbaufähig

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Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) veröffentlichte in ihrem September-Quartalsbericht einen lang erwarteten Artikel: Eine Analyse über die Auswirkungen im Kampf gegen die Klimakrise auf Unternehmensseite. Wie haben sich hier vor allem Unternehmensprojekte geschlagen, die durch grüne Anleihen (1) finanziert werden? Ein Kommentar von Mitch Reznick, Head of Sustainable Fixed Income beim internationalen Geschäft von Federated Hermes

In ihren eigenen Worten kommen die Autoren der BIZ zu folgendem Schluss: „… Projekte mit grünen Anleihen haben nicht unbedingt zu vergleichsweise niedrigen oder sinkenden Kohlenstoffemissionen auf Unternehmensebene geführt“. Als Ergänzung der bestehenden verschiedenen Labels für grüne Anleihen schlagen die Autoren ein grünes Ratingsystem auf Unternehmensebene vor. Dieses System würde auf der Kohlenstoffemissionsintensität basieren und für die Unternehmen Anreize zur Dekarbonisierung entsprechend der Pariser Klimaziele schaffen. Angesichts der rasanten Marktentwicklung für grüne Anleihen sind die Schlussfolgerungen der Analyse, gelinde gesagt, sehr umstritten.

Dekarbonisierung der Wirtschaft ist wertpapieragnostisch
Auch wenn wir von einigen Aspekten der Analyse nicht überzeugt sind, so stimmen wir vollumfänglich darin überein, dass Klimabilanzen auf der Wertpapierebene nicht ausreichen, um die Dekarbonisierungspläne von Unternehmen auf Unternehmensebene zu bewerten. Darüber hinaus sind wir, wie wir bereits in der Vergangenheit betont haben, mit dem Tenor des Artikels sehr wohl einverstanden: Mit grünen Anleihen finanzierte Projekte sind zur Lösung der Klimakrise notwendig, aber keineswegs ausreichend. Zwar fördern wir die weitere Entwicklung des Marktes für grüne Anleihen, doch eine Dekarbonisierung der Wirtschaft kann nur stattfinden, wenn die Unternehmen Wege finden, kontinuierlich wirtschaftlichen Wert zu schaffen und gleichzeitig eine Dekarbonisierung entsprechend der Ziele von Paris zu erreichen. Wir halten es daher für richtig, dass die Autoren des BIZ den Schwerpunkt verlagern: weg von einzelnen Projekten und hin zu einem generellen Beitrag der Unternehmenswelt im Kampf gegen die Klimakrise.

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Bewertung der Kohlenstoffintensität eines Unternehmens: Ein möglicher Teilaspekt, aber kein Allheilmittel
Das von den Autoren vorgeschlagene System der grünen Ratings auf Unternehmensebene – die Verteilung der Unternehmen in Dezilen basierend auf der Kohlenstoffintensität – weist ebenso attraktive Elemente als auch Herausforderungen auf.

Wird dieses Rating angewandt, sollte es nur als ein Teilaspekt des Investitionsprozesses dienen und nicht in seiner Gesamtheit als ESG-Bewertung herangezogen werden. Die Erstellung des Ratings basiert auf zähflieβenden, historischen Daten. Dabei wollen wir doch in die Zukunft eines Unternehmens investieren, nicht in seine Vergangenheit. Daher muss ihr ex-post-Charakter in den Kontext einer umfassenderen ex-ante-Bewertung gestellt werden. So könnte beispielsweise ein Unternehmen, das derzeit die physischen und Übergangsrisiken des Klimawandels durch Fusionen und Übernahmen, Kapitalausgaben oder technologische Fortschritte bewältigt, schlecht abschneiden, da sein grünes Zeugnis auf historischen Daten basieren würde. Wenn wir jedoch davon ausgehen, dass wir in gewissen Unternehmensanleihen einen angemessenen Wert sehen könnten, würden wir in diese Unternehmen investieren und mit ihnen zusammenarbeiten wollen.

Wie auch die BIZ-Autoren sehen wir die Vorteile eines standardisierten Bewertungssystems, doch lässt sich die Berechnung der Emissionsintensität zu Vergleichszwecken heute leichter als früher durchführen. Wir haben rasche Verbesserungen bei der Offenlegung von Umweltdaten sowie ein Wachstum bei den Datenlieferanten wie Trucost erlebt. Darüber hinaus bieten die Bewertungen des Carbon Disclosure Project einen vergleichbaren Grad an Informationen wie die von den Autoren angestrebten Bewertungen.

Wir sind von der Hauptbotschaft der Analyse der BIZ sehr ermutigt: Wir müssen Anreize finden, um die Dekarbonisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten zu beschleunigen, wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen wollen. Dabei müssen wir uns darauf konzentrieren, das Verhalten sowohl auf der Ebene der Unternehmen als auch auf der Ebene der grünen Projekte zu ändern.

Mitch Reznick, Federated Hermes

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