Blick nach vorn – ein Kommentar von Falko Bozicevic

Falko Bozicevic, BondGuide

Langsam kommen einem die Tränen: Kaum eine KMU-Anleihe steht überhaupt noch bei pari. Wie gerechtfertigt ist das?

Bevor man mir einmal mehr Überoptimismus vorwirft, möchte ich doch gern auf nüchterne Fakten verweisen: Ein Krisenjahr für KMU-Anleihen hatten wir schon einmal, das war 2016. Heute wissen wir: Ende 2016 und Anfang 2017 war der beste Zeitpunkt, in den Markt einzusteigen und enorme Überrenditen zu erzielen, weit über die Kupons der jeweiligen Anleihen hinaus.

Die neuerliche Schönwetterperiode endete Anfang 2020 mit Ausbruch von Corona. Das allein wäre für die meisten Unternehmen noch verkraftbar gewesen, aber einen absurden Angriffskrieg in Europa – was sind doch gleich die Ziele des Überfallkriegs?! – mit seinen verheerenden Konsequenzen hatte bis Ende 2021 nun wirklich niemand auf dem Radar.

Nun wollen wir aber nüchtern schauen: Die meisten Unternehmen liefern bis zur Stunde ordentliche Zahlen, Lieferkettenprobleme hin oder her. In vielen Fällen können Preissteigerungen sogar weitergegeben werden. An bisherigen Geschäftszahlen lässt sich bislang keinerlei dramatische Krise ablesen.

Den Bausektor trifft es allerdings schwerer als andere Branchen. Lieferengpässe führen gleich zu Vertragsstrafen, fehlenden geplanten Cashflows etc. Oft wird mit hohem Fremdkapitalanteil gehebelt, so dass hier jede Verzögerung verheerende Ausmaße annehmen kann: Eyemaxx Real Estate und TERRAGON lassen grüßen.

Anleger sollten jetzt nicht einmal mehr die Flinte ins Korn werfen, sondern genau schauen, welche Branche man im Depot hat und welche Emittenten besonders krisenfest sind. Nahrungsmittel oder Spirituosen fallen mir da ein. Gegessen und getrunken werden muss schließlich immer, Corona und Putin zum Trotze. Bezeichnenderweise stehen Katjes und Underberg so ziemlich als eine der wenigen bei oder über pari.

Foto: © Edler von Rabenstein – stock.adobe.com

Die höchsten Überrenditen wird man jedoch machen können mit solchen, die jetzt unter pari stehen, aber nur einen kleinen oder in Wahrheit gar keinen Impact durch die Doppelbelastung Corona/Putin haben. Beide werden früher oder später von der Bildfläche verschwinden – bei einem davon wünsche ich mir das ganz besonders.

Falko Bozicevic,
BondGuide

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