Law Corner: Die Kombination aus Anleiherestrukturierung und Beteiligung eines strategischen Investors an der Sanierung

Dr. Mirko Sickinger, LL.M., RA und Partner, Lena Pfeufer, RAin, Heuking Kühn Lüer Wojtek
Dr. Mirko Sickinger und Lena Pfeufer, Heuking

Der Law Corner Beitrag von Dr. Mirko Sickinger, LL.M., RA und Partner, Lena Pfeufer, RAin, Heuking Kühn Lüer Wojtek.

Die erfolgreiche Restrukturierung einer Unternehmensanleihe unter Anwendung der Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes (SchVG) ist in der Praxis oft auch Grundlage für eine erfolgreiche Sanierung des gesamten Unternehmens. Denn insbesondere bei Mittelständlern stellt die Unternehmensanleihe nicht selten den größten Teil der Fremdverbindlichkeiten dar.

Eine Anleiherestrukturierung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn bereits ein Insolvenzplanverfahren eröffnet wurde: Die Restrukturierung ist dann als Teil der Sanierung im Insolvenzplan vorgesehen. Denkbar ist insbesondere, diese nach dem SchVG mit der Beteiligung eines strategischen Investors an der Sanierung zu kombinieren, um so den Geschäftsbetrieb des Unternehmens insgesamt auf neue Füße zu stellen.

Konkret werden im Wege einer übertragenden Sanierung die Assets der Gesellschaft auf ein neues Unternehmen übertragen, an dem der strategische Investor mehrheitlich beteiligt ist und das den Geschäftsbetrieb im Wesentlichen weiterführt. Alternativ kann ein Investor durch den Insolvenzplan auch sämtliche Anteile am Anleiheemittenten und die Forderungen aus der Anleihe selbst erwerben.

Der gemeinsame Vertreter aller Anleihegläubiger
In der Regel wird zu Beginn eines solchen Sanierungsprozesses ein gemeinsamer Vertreter für alle Anleihegläubiger durch Beschluss der Anleihegläubigerversammlung (AGV) bestellt. Hierbei ist in der Praxis üblich, dass die konkrete Person des gemeinsamen Vertreters von einem wesentlichen Anleihegläubiger bzw. einer Anleihegläubigermehrheit vorgeschlagen wird, so dass sichergestellt ist, dass der entsprechende Kandidat auch den notwendigen Zuspruch in der AGV findet.

Ermächtigung des gemeinsamen Vertreters
Zur Umsetzung der Sanierung wird der gemeinsame Vertreter regelmäßig von der Anleihegläubigerversammlung ermächtigt, etwa erforderliche Restrukturierungsmaßnahmen betreffend die Anleihe vorzunehmen, die in der Ermächtigung zumindest dem Grunde nach abschließend aufgezählt werden sollten. Damit soll für den gemeinsamen Vertreter zugleich eine gewisse Flexibilität geschaffen werden, diversen Restrukturierungsmaßnahmen oder auch einer Veräußerung und Übertragung der Schuldverschreibungen zur Umsetzung der beabsichtigten Sanierung zuzustimmen.

Zu beachten ist jedoch, dass – anders als bei einer konkreten Weisung – dem gemeinsamen Vertreter im Falle einer Ermächtigung stets ein Spielraum zusteht, der eigene Ermessenentscheidungen im Rahmen der Ermächtigung nicht nur zulässt, sondern regelmäßig auch erforderlich macht. Je mehr Ermessen dem gemeinsamen Vertreter demnach eingeräumt wird, desto höher ist somit auch sein Risiko aufgrund von eigenen Entscheidungen – auch wenn sie von der Ermächtigung gedeckt sind – haftbar gemacht zu werden.

Fazit
Nach den jüngsten Erfahrungen in der Praxis kann die Mitwirkung der Anleihegläubiger an der Sanierung eines Unternehmens im Wege des Insolvenzplanverfahrens durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters für alle Anleihegläubiger, der ermächtigt wird, etwa erforderliche Restrukturierungsmaßnahmen betreffend die Anleihe vorzunehmen, sichergestellt werden. Die Ermächtigung des gemeinsamen Vertreters, die diesem einen eigenen Ermessensspielraum einräumt, gewährleistet dessen Handlungsfähigkeit, selbst wenn eine Entscheidung über ein konkretes Sanierungskonzept noch nicht endgültig gefallen sein sollte. Gleichwohl kann die konkrete Ausgestaltung der Ermächtigung, insbesondere im Hinblick auf das dem gemeinsamen Vertreter eingeräumte Ermessen im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten und bedarf stets einer sorgsamen Prüfung.

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