Digitale Emission von Aktien auch für kleine Emissionen

Dr. Anne de Boer, Heuking Kühn Lüer Wojtek
Dr. Anne de Boer, RAin, Heuking

Law Corner von Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Mit der weiteren Digitalisierung ist die für Anleger papierfreie Emission von Aktien wieder in den Fokus gerückt, und zwar bevor der Gesetzgeber dies einfacher ermöglicht. Bei der Emission von Anleihen sind für die Anleger papierlose Emissionen bereits seit Jahren üblich, da der Begehungsvertrag nicht im Original unterzeichnet werden muss; nur die Urkunde musste weiterhin bei der Clearstream hinterlegt werden. Auch ermöglicht das neue Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren die Emission von Anleihen ohne Papierurkunde.

Die digitale Emission von Aktien steht insbesondere vor der Herausforderung, dass der Zeichnungsschein im Original beim Handelsregister eingereicht werden muss. Bei Emissionen über die Börsen- und Depotsysteme können Anleger bereits heute über ihre Depotbanken elektronisch zeichnen, eine Abwicklungsbank übernimmt die Ausstellung des Zeichnungsscheins.

Aber auch kleinere Emissionen können zumindest für die Anleger digital erfolgen, wie die Emissionen von Karlsruher SC, Auparo, Türkgücü München und weitere zeigen. Es erstaunt, dass dieser Weg nicht bereits vorher parallel zu den Anleihen entwickelt wurde. Der Aufwand und die Komplexität sind sowohl für die Anleger als auch weiteren Beteiligten etwas höher, bei einem sauberen Prozess aber umsetzbar.

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Die digitale Emission erfolgt im Wesentlichen wie folgt – eine Struktur, die aus anderen Emissionen bekannt ist: Der Anleger gibt einen Erwerbsantrag über eine Erwerbsplattform ab und zahlt den Ausgabebetrag an die Abwicklungsbank oder einen Treuhänder. Der Erwerbsvertrag wird mit der Abwicklungsbank zu vorgegebenen Konditionen und Bedingungen abgeschlossen. Anschließend zeichnet die Abwicklungsbank die Aktien für in der Regel 1,00 EUR und zahlt ein Viertel des Ausgabebetrags auf das Kapitalerhöhungskonto des Emittenten. Nach Eintragung der Kapitalerhöhung werden die Aktien in die Depots der Anleger geliefert und der weitere Erlös aus der Emission nach Abzug von Kosten an den Emittenten ausgezahlt.

– Grundsätzlich ist dabei eine Identifizierung nach dem Geldwäschegesetz erforderlich, deren Aufwand nicht zu unterschätzen ist.
– Die Aktien sind regelmäßig in die Girosammelverwahrung einbezogen. Insofern ist abzusichern, dass die Anleger über Depots verfügen. Bei kleineren Emissionen ist dies nicht immer der Fall. Einige Zeichnungsstrecken ermöglichen daher, im Rahmen der Zeichnung ein Depot zu eröffnen.
– Damit sich ein Depot lohnt, sollte eine Mindestzeichnung vorgesehen werden, die einem Gegenwert von mindestens 500 bis 1.000 EUR entspricht oder sogar mehr.
– Soweit fehlerhafte Konten angegeben werden, besteht ein gewisser Aufwand, die korrekten Depotdaten zu ermitteln. Für den Extremfall, dass der Anleger doch kein Depot hat, muss ein Erwerber bereitstehen, der solche nicht belieferbaren Aktien übernimmt. Die Abwicklungsbank wird diese nicht behalten wollen und im Gegensatz zu Anleihen kann ein Emittent diese nicht einfach zurücknehmen.
– Aufgrund des Fernabsatzrechts wird regelmäßig vor Zeichnung durch die Abwicklungsbank der Ablauf der Widerrufsfrist im Hinblick auf den Erwerbsvertrag abgewartet.

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Bei der Emissionsdokumentation gelten weiterhin die Regelungen der Prospektverordnung. Die Emissionen erfolgen weitgehend über ein WIB, so dass eine Angemessenheitsprüfung erfolgen muss. Datenschutzregelungen und Fernabsatzinformationen in Bezug auf die Vermittlung und den Erwerbsvertrag sind zudem erforderlich.

Emissionen bei Anleihen laufen teilweise bis zu zwölf Monate nach Billigung eines Prospekts oder Gestattung des Wertpapierinformationsblatts. Bei Aktien, die im Wege eines Kapitalerhöhungsbeschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden sollen, sind die Emissionsfenster geringer als sechs Monate. Bei Emissionen aufgrund Genehmigten Kapitals sollte die Emissionsfenster von zwölf Monaten nutzbar sein, was mit dem zuständigen Handelsregister vorab abgestimmt werden sollte.

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