„Es ist ein verbreitetes Missverständnis, dass ein Green Bond mit einer Second Party Opinion automatisch ,gut‘ sei“

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BondGuide im Gespräch mit Axel Wilhelm*, Leiter, imug | rating, über das Trendthema grüne und nachhaltige Anleihen. In den letzten Jahren findet in diesem Bereich zunehmend eine Auffächerung der Begriffe und Themen statt: Neben dem etablierten Green Bond halten auch die Bezeichnungen wie Social Bond, Sustainability Bond oder Grüner Schuldschein Einzug. Bei all diesen Anleiheformen fehlen Investoren aber oftmals valide Informationen zu Transparenz und Glaubwürdigkeit – an dieser Stelle gewinnen sogenannte „Second Party Opinions“ nachhaltigkeitsorientierter Ratingagenturen an Bedeutung.

BondGuide: Herr Wilhelm, warum ist eine Second Party Opinion bei der Emission eines Green Bonds sinnvoll?
Wilhelm:
Eine Second Party Opinion, SPO, gibt analog zum Kreditrating objektiv und unabhängig Auskunft über die ökologische oder im weiteren Sinne nachhaltige Bonität eines Green Bonds. Es erfolgt in erster Linie eine Einschätzung zur tatsächlichen Mittelverwendung, aber auch zum Emittenten selbst. Der Emittent demonstriert damit ein hohes Maß an Transparenz und erhöht letztlich die Glaubwürdigkeit seiner Emission.

BondGuide: …ein hohes Maß an Transparenz?
Wilhelm: Ja, so können im Prozess mitunter Projekte identifiziert werden, die ggf. Klima- und Umweltrisiken beinhalten, was im Verlauf wiederum eine Risikominimierung für den Emittenten darstellt. Ein weiterer positiver Aspekt ist ein möglicher Reputationsgewinn. Ferner können sich durch den hohen Informationsgehalt und eine damit insgesamt erhöhte Nachfrage Preisvorteile für Green Bonds ergeben. Basis hierfür ist eine Expertenmeinung, die den Green Bond glaubwürdig am Markt platzieren lässt. Der EU-Green Bond Standard sieht eine Verifizierung durch eine externe Partei sogar zwingend vor.

BondGuide: Was sind denn konkrete Kriterien, auf die Sie bei der Erstellung von SPOs achten?
Wilhelm:
Im Fokus einer Second Party Opinion steht zunächst das Green Bond Rahmenwerk. Da geht es um Fragen wie: Welche Art Projekte sollen über die Anleihe finanziert werden? Wie wird sichergestellt, dass die Gelder korrekt verwendet werden? Welche Kennzahlen werden erhoben, um den ökologischen Nutzen zu bewerten? Wie soll zukünftig gegenüber den Investoren berichtet werden? oder: Entspricht das Rahmenwerk gängigen Standards wie bspw. den Green Bonds Principles? Außerdem evaluieren wir auch die Nachhaltigkeitsaktivitäten des Emittenten, denn viele Investoren erwarten auch einen Blick hinter die Kulissen des emittierenden Unternehmens. Daneben wird das ESG-Risikomanagement auf Projektebene bewertet. Hierbei schauen wir uns Richtlinien und Prozesse an, die eventuelle Risikoaspekte minimieren können. Im Mittelpunkt steht aber stets die Qualität der Mittelverwendung.

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BondGuide: Wie kann ein Investor anhand dieser Informationen erkennen, ob er in einen bestimmten Green Bond investieren sollte – bzw. überhaupt darf – oder eher nicht?
Wilhelm:
Die Vorlage einer Second Party Opinion ist für sich genommen noch kein Gütesiegel. Es ist ein noch immer verbreitetes Missverständnis, dass ein Green Bond mit einer SPO automatisch ‚gut‘ sei. Dem ist aber nicht zwangsläufig so. Zum einen sind Ausprägungen und Qualität einer Second Party Opinion von SPO Provider zu SPO Provider durchaus unterschiedlich; zum anderen fallen die Bewertungen eines seriösen SPO Providers durchaus differenziert aus. Im Idealfall findet sich hier auch bereits eine Einschätzung der tatsächlich erwarteten Wirkung bezüglich bestimmter Nachhaltigkeitsziele der finanzierten Projekte.