„Digital Assets Strategy“ – Zukunftsentscheidend für die Finanzindustrie

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Die Anzahl an Finanzunternehmen, die sich mit Bitcoin und Blockchain beschäftigen, ist in Deutschland aufgrund positiver regulatorischer Entwicklungen so hoch wie nie. Kapitalverwaltungsgesellschaften und Asset Manager begeben sich durch das stark gestiegene Interesse institutioneller Investoren auf das Terrain der Digital Assets. An dem Umgang mit diesem Themenkomplex hängt für ein Finanzunternehmen nicht weniger als die eigene Überlebensfähigkeit. Die Blockchain-Technologie wird die Basis für den Finanzbereich. Finanzinstitute, die ihren Kunden keinen Zugang zu Digital Assets bieten können, werden künftig an Bedeutung verlieren. Gleichzeitig werden durch prozessuale Anwendungsfälle der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) die bestehenden Wertschöpfungsketten in der Finanzindustrie nachhaltig verändert und eine zunehmende Anzahl an Intermediären digital transformiert. Der Expertenbeitrag zum Thema Digital Assets von Prof. Dr. Philipp Sandner, Volker Braunberger, Benjamin Schaub*

Digital Assets gewinnen zunehmend an wirtschaftlicher und politischer Bedeutung. So haben Kryptowerte wie Bitcoin und Ethereum und digitale Investmentmöglichkeiten wie Staking oder Pooling seit Ende 2020 ein signifikantes Wachstum erfahren. Die Regierung von El Salvador erklärte Bitcoin jüngst sogar als gesetzliches Zahlungsmittel. Doch auch in Deutschland erfährt die Branche zunehmend Rückenwind. Der hiesige Gesetzgeber zeigt mit seiner progressiven Regulatorik, dass an der Blockchain Technologie, kein Weg vorbeiführt.

Hervorzuheben sind hier das verabschiedete Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) sowie das Fondsstandortgesetz. Ersteres etabliert digitale Wertpapiere und schafft somit die (früher rechtlich zwingend notwendige) urkundliche Verbriefung von Wertpapieren ab. Darüber hinaus eröffnet das Gesetz zukünftig die Möglichkeit der dezentralen Führung eines Registers (sog. Kryptowertpapierregister) auf DLT-Basis. Das von der Bundesregierung verabschiedete Fondsstandortgesetz, das am 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist, ermöglicht nun offenen Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen erstmals mit bis zu 20% ihres verwalteten Vermögens in Kryptowerte zu investieren. Somit sind für institutionelle Krypto-Fonds in Deutschland fortan die Tore geöffnet, allerdings müssen diese Assets nun technologisch und prozessual verarbeitet werden können. Die Aufnahme von Kryptowerten in Spezialfonds ist ein weiterer wichtiger Schritt für deren Akzeptanz und stärkt die Position Deutschlands als Finanzstandort.

Für Finanzunternehmen in Deutschland bietet sich somit jetzt die Chance, im Hinblick auf Digital Assets eine führende Rolle in Europa einzunehmen. Durch die regulatorische Legitimation von Kryptowerten und den darauf basierenden Finanzprodukten steht die Branche unter Druck, weil eine stärker werdende Investorennachfrage auf traditionelle Legacy-Infrastrukturen trifft, die ein integratives Angebot von klassischen und Digital Assets nicht ermöglichen. Die betroffenen Marktteilnehmer stehen somit vor der komplexen Aufgabe, die „neue“ digitale Welt in ihre „alte“ heterogene IT-Infrastruktur mit zu integrieren. Die Problematik für Finanzinstitute in der jetzigen Situation besteht darin, dass der Fokus im Umgang mit Blockchain-Technologie bisher oftmals nur punktuell oder gar ausschließlich zu Marketingzwecken erfolgte. Somit fehlt in vielen Fällen schlichtweg die notwendige technische Kompetenz zur Transformation von bestehenden Prozessen und der damit einhergehenden notwendigen Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

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Die Forderung institutioneller Investoren nach einem einfachen Zugang zu Digital Assets mündet damit in einem klaren Auftrag an etablierte Finanzunternehmen. Die zentralen Aspekte sind hierbei einerseits die IT-Sicherheit, insbesondere im Kontext der Verwahrung von privaten Schlüsseln und andererseits eine höchstmögliche Benutzerfreundlichkeit, die sich zudem integriert in die Daten-, Prozess-& Reportinganforderungen der Investoren einbetten muss. Denn schon wird neben der steigenden Nachfrage deutlich, dass die Anleger eine konsolidierte Sicht auf ihr Portfolio erwarten und keine Schaffung von Parallelwelten – mit Wallets auf der einen und klassischen Depots auf der anderen Seite – akzeptieren werden.

Die Finanzbranche kann diesen Bedürfnissen nur mit einer ganzheitlichen, integrativen und strategischen Betrachtung von Digital Assets gerecht werden. Hierfür bedingt es jedoch der ernsthaften Auseinandersetzung und hohen Priorisierung dieser Themen auf Führungsebene, die auch dem regulatorischen Reifegrad der Technologie entspricht. Die Schaffung interner Innovationslabore einiger Finanzinstitute zeigt, dass es ohne entsprechende Rückendeckung der Management-Ebene bei Forschung bleibt und zu keiner nachhaltigen Integration und Umsetzung kommt. Eine aussichtsreiche und erfolgreiche Position in der Welt der Digital Assets werden exakt diejenigen Unternehmen einnehmen, die fachliches, prozessuales und regulatorisches Wissen der „alten“ Welt mit einer ganzheitlichen strategischen Einbettung der „neuen“ Krypto-Welt verbinden. Beides für sich alleine hat keine Zukunft.

Prof. Dr. Philipp Sandner, FSBC

*) Zu den Autoren

Professor Dr. Philipp Sandner ist Leiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management. Zu seinen Themengebieten gehören Blockchain-Technologie, Krypto-Assets, Distributed Ledger-Technologie (DLT), Euro-on-Ledger, Security Token (STOs), Digital Transformation und Entrepreneurship.

Volker Braunberger, INTAS.tech

Volker Braunberger ist Geschäftsführer bei INTAS.tech und Senior Partner bei Plutoneo Consulting. Seine umfassende Fach-& IT-Erfahrung fußt auf über 20 Jahren Management Beratung im Bereich Financial Services mit Schwerpunkt auf den Bereichen Investment Management und Capital Markets.

Benjamin Schaub, INTAS.tech

 ist Senior Consultant bei INTAS.tech. Seine Interessen umfassen die Entwicklung und Integration von Blockchain-Anwendungsfällen in der Finanzindustrie sowie die Kryptoverwahrung.

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