WDH: EZB will Staatsanleihen bei Banken unter Stress setzen

(Geändert wurde die Schreibweise des Vornamens von Yves Mersch)

FRANKFURT (dpa-AFX) – Die Europäische Zentralbank (EZB) will im Zuge der laufenden Überprüfung von Banken auch deren Bestand an Staatsanleihen unter Druck setzen. Es gebe aber noch keine Entscheidung, wie genau diese Papiere bewertet werden sollen, sagte EZB-Direktor Yves Mersch am Montag in Frankfurt. Bei den bisherigen Stresstests in Europa galten Staatsanleihen trotz der Schuldenkrise als risikolos. Zudem müssen die Banken für diese Papiere bislang kein teures Eigenkapital vorhalten.

Die enge Verzahnung von Staaten und Banken soll künftig lockerer werden. Damit will die EU verhindern, dass die Probleme des einen Bereichs gleich den anderen in die Krise stürzen. So haben etwa südeuropäischen Banken besonders viele Anleihen ihrer mit der Schuldenkrise kämpfenden Heimatländer in der Bilanz.

Mit einer dreistufigen Überprüfung will die EZB die Risiken in den Bilanzen der Banken in den nächsten Monaten aufspüren, ehe sie in knapp einem Jahr die zentrale Aufsicht über die Institute übernimmt. Nach einer Risikoanalyse ist eine genaue Bilanzprüfung und anschließend ein Stresstest vorgesehen, bei dem die Banken einem fiktiven Krisenszenario ausgesetzt werden.

In der Bilanzanalyse sollen dabei laut Mersch ‚aus Respekt‘ vor der aktuellen Rechtslage die Staatsanleihen als risikolos eingestuft werden. Im Stresstest, der einen Horizont bis 2017 haben dürfte, solle das dann anders sein, sagte Mersch. ‚Allein durch das Marktrisiko und die Zeitachse des Stresstests mit Blick auf die Laufzeiten der Anleihen werden diese Aktiva einer Belastung ausgesetzt sein.‘

Grundsätzlich müssen die überprüften Banken auf einen Eigenkapitalpuffer von 8 Prozent für ihre Risikopapiere kommen. Dabei will die EZB in der Bilanzanalyse und dem Basisszenario des Stresstests nur die 2014 gültigen Regeln anwenden und nicht schon die erst ab 2019 geplanten schärferen Vorgaben, wie Mersch ausführte. Wie genau der Stresstest aussehen soll, ist noch offen. Das gilt insbesondere für das Stressszenario.

Weiterhin umstritten ist, was mit notleidenden Banken passiert. Die EU-Kommission und die EZB fordern dabei eine europäische Abwicklungsbehörde. Deutschland warnt dagegen vor rechtlichen Schwierigkeiten und plädiert stattdessen dafür, zunächst einem Netzwerk aus nationalen Behörden das letzte Wort zu lassen.

Die EZB sieht darin ein ungerechtfertigten Vorteil für Deutschland. ‚Wenn Gläubiger darauf setzen, dass eine Bank aus einem Land mit relativ gesunden Staatsfinanzen im Notfall mit Steuergeldern gerettet wird, sie bei Banken aus Krisenländern aber selber einspringen müssen, dann werden sie kaum denselben Zinssatz akzeptieren‘, sagte Mersch. Deutsche Banken sparten durch die implizite Staatsgarantie bereits mehr als 20 Milliarden Euro pro Jahr an Refinanzierungskosten./enl/jha/