Auswirkungen von Anleihefälligkeiten

Der Law Corner Beitrag von Dr. Thorsten Kuthe, Partner, Heuking Kühn Lüer Wojtek

In den nächsten zwei Jahren werden viele Anleihen fällig. Laut der im BondGuide geführten Statistik1 sind es 55 notierte Anleihen mit einem Volumen von ca. 2,2 Mrd. EUR. Das aktuelle Umfeld am Kapitalmarkt und in der Wirtschaft macht neue Emissionen zur Refinanzierung dieser Fälligkeiten oft schwierig. Diese Konstellation hat bereits heute Auswirkungen für die Emittenten, was nicht allen Unternehmen und Marktteilnehmern bewusst ist.

Warum haben diese künftigen Fälligkeiten Auswirkungen? Bis zu 24 Monate bis zur Rückzahlung sind ja noch ein langer Zeitraum. Hier ist allerdings die Fortführungsprognose zu bedenken. Im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses für 2022 muss durch die Emittenten eine Fortführungsprognose aufgestellt werden.

Dies bedeutet, dass plangemäß die Rückzahlung oder Refinanzierung der auslaufenden Anleihe überwiegend wahrscheinlich ist. Der Zeitraum für diese Fortführungsprognose ist gesetzlich nicht definiert. Insolvenzrechtlich ist der relevante Zeitraum aktuell auf vier Monate bestimmt. Das gilt allerdings nicht im Rahmen des Jahresabschlusses: Dort ist der Zeitraum durch die entsprechenden berufsständigen Regelungen der Wirtschaftsprüfer festgelegt auf zwölf Monate nach dem Abschlussstichtag, kann im Einzelfall aber auch länger sein.

Und hier zeigt die Praxis, dass von Seiten der Abschlussprüfer aktuell nicht selten auch über zwölf Monate hinaus geschaut wird, nach unserer Erfahrung auf bis zu 24 Monate. Das bedeutet: Wer im Herbst 2024 eine Anleihefälligkeit ausweist, muss heute u.U. schon einen überwiegend wahrscheinlichen Plan für eine Rückführung oder Refinanzierung haben, sonst droht, dass der Abschlussprüfer das Testat verweigert. Gerade bei Immobilienunternehmen stellt sich diese Frage, denn dies kombiniert sich mit sinkenden Marktpreisen und damit einhergehend Abschreibungsbedarf bei Immobilien im Bestand.

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Fortführungsprognose als Beschleuniger
Wie kann nun eine solche positive Fortführungsprognose aufgestellt werden? Hier bietet es sich an, verschiedene Varianten, im Sinne von Plan A, B und C, zu strukturieren, konkret zu planen und hierfür Berater hinzuzuziehen, die dem Unternehmen eine Umsetzbarkeit im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit prognostizieren.

Eine Refinanzierungs-Alternative kann die Rückführung durch den Verkauf von Vermögensgegenständen sein, etwa wenn die Fertigstellung eines Projektes ansteht, das verkauft werden oder sich sonst ein großer Umsatz realisieren soll. Eine weitere Variante ist die Refinanzierung durch Begebung einer neuen Anleihe. Typischerweise wird man hier ein Umtauschangebot veröffentlichen, sodass Investoren die bestehende in eine neue Anleihe tauschen können und weitere Mittel durch neue Zeichnungen eingesammelt werden können.

Wichtig ist, dass ein solcher Plan nicht erst in letzter Minute gestartet wird, sonst steht das Unternehmen mit dem Rücken an der Wand, falls die Platzierung nicht gelingt. Und angesichts der volatilen Situation an den Kapitalmärkten ist eine solche Platzierung aktuell alles andere als ein Selbstläufer. Die meisten Anleihebedingungen sehen Kündigungsmöglichkeiten in den letzten zwei Jahren vor und wenn eine Anleihe nächstes Jahr fällig ist, sollte ein solcher Plan dieses Jahr umgesetzt werden.

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Die dritte Variante ist die Verlängerung durch Beschluss der Gläubigerversammlung. Hier gibt es wiederum zwei faktische Ausgestaltungen. Die eine ist die – negativ belegte – Verlängerung in letzter Sekunde, um eine Insolvenz abzuwenden. Besser ist es, die Verlängerung frühzeitig in einem geordneten Prozess aus einer Position der Stärke heraus anzugehen. Hierbei spielen die richtige Kommunikation sowie die Einbindung der relevanten Investorengruppen eine wesentliche Rolle. Hier sind auch noch nicht alle Gestaltungsoptionen bislang genutzt, um die Gläubiger auch ‚mitzunehmen‘.

So könnte man eine ‚Kriegskasse‘ nutzen, um als vertrauensbildende Maßnahme Gläubigern, die nicht dabeibleiben wollen, in begrenztem Umfang einen Rückkauf anzubieten, gestaffelte Fälligkeiten vorsehen etc. Es will wohlüberlegt sein, ob diese Variante genutzt wird und wie, um die künftige Platzierungsfähigkeit des Unternehmens möglichst nicht zu beschädigen. Darauf zu hoffen, dass andere Optionen zum Erfolg führen und erst dann, wenn man keine Alternative und keine Zeit mehr hat, hierauf zu setzen, kann jedoch ebenso fatal sein.

Fazit
Wie auch immer die richtige Gestaltung im Einzelfall aussieht, Eines ist klar: Nicht wenige Emittenten müssen sich jetzt im Rahmen der Erstellung ihres Jahresabschlusses und unter anderen Vorzeichen als vor einer Weile gedacht mit diesen Fragen beschäftigen.

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