Die nächsten Dominosteine, die fallen

Bankpleiten in den USA und die nächsten Dominosteine, die fallen: Die Finanzmärkte zeigen nicht in die richtige Richtung. Von Von Jérémie Boudinet*

Dies ist eine verkürzte Version. Den vollständigen Kommentar finden Sie unter diesem Link.

1/ Was ist passiert?

a) Schattenbankwesen und Einlagenkonzentration

Das US-Bankensystem besteht aus mehr als 4.000 Kreditinstituten, von denen die überwiegende Mehrheit weniger als 10 Mrd. USD an Assets hält. Die aufsichtsrechtliche Überwachung unterscheidet sich offensichtlich zwischen JPMorgan Chase (mit einer Bilanzsumme von mehr als 3.600 Mrd. USD per Ende 2022) und einer kleinen Regionalbank. Für kleinere Banken gelten geringere Eigenkapitalanforderungen, und sie unterliegen keinen Liquiditätsbeschränkungen. Dennoch geht es hier nicht um ein Versagen der Regulierungsbehörden.

Es handelt sich hierbei um ein schnelles Wachstum und eine Konzentration von Einlagen, die für drei Banken schlecht endete.

b) Wie kann eine Bank so schnell sterben?

Es handelt sich um den klassischen Fall eines Bankenansturms. Die SVB hatte am 8. März lediglich bekannt gegeben, dass sie frisches Kapital aufnehmen wollte, um ihren Nettoverlust zu decken (der aus bilanzieller Sicht bei weitem nicht so hoch war). Allerdings geschah dies kurz nach dem Zusammenbruch von Silvergate, was bei den VC-Unternehmen weitere Panik auslöste. Laut CNBC wiesen mehrere namhafte Fonds ihre Start-ups in den letzten Tagen an, ihre Gelder aus der SVB abzuziehen, weil sie einen Ansturm auf die Bank befürchteten. Die starke Vernetzung der Tech-Investorengemeinschaft und der Echoraum der sozialen Medien sind die Hauptursachen für den schnellen Zusammenbruch der Bank.

c) Frühwarnsystem?

Warum wurden gerade diese beiden Banken in der gleichen Woche zahlungsunfähig? Panik ist zwar eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, die zum schlimmsten Ergebnis führt, aber Silvergate, Signature Bank und SVB hatten ein gemeinsames Problem: ihnen fehlte die Diversifizierung der Einlagen.

2/ Ansteckung? Es ist keine Bankenkrise. Es ist eine Krise der Schattenbanken.

a) US-Banken: Die Ansteckung der Aktienkurse hat keinen fundamentalen Grund

Laut einer aktuellen Studie des unabhängigen Researchanbieters CreditSights stellt die SVB einen Sonderfall unter den US-Regionalbanken dar. Ihr Kreditportfolio ist zu 79% auf den Technologie- und VC-Fonds-Sektor ausgerichtet. Vergleichbare Banken wie PNC, CFG, RF, FITB, TFC, CMA, USB und KEY haben ein Exposure zwischen 1 und 4%. Wir sehen keinen fundamentalen Grund für die Ansteckung der Aktienkurse in dieser Woche, da diese Banken weder unter besorgniserregenden Einlagenabflüssen zu leiden scheinen, noch Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Asset-Qualität zeigen.

b) Banken außerhalb der USA: Die Crédit Suisse im Auge des Sturms

Das größte Risiko besteht für die Crédit Suisse (CS), die schon seit einiger Zeit unter ihren eigenen Problemen leidet. Ihr Aktienkurs befindet sich auf einem historischen Tiefstand und hat seit Anfang 2022 rund 70% an Wert verloren.

Die Crédit Suisse leidet unter Einlagenabflüssen. Ihr Kundenstamm besteht zum Großteil aus anspruchsvollen Privatkunden und Unternehmen, die als weniger anfällig gelten als Privatkunden. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, da sie unbedingt ihre Einlagenbasis stabilisieren muss, selbst wenn dies auf Kosten ihrer bereits stark angeschlagenen Rentabilität geht.

Wir rechnen mit einer mehr oder weniger starken Aufspaltung der Crédit Suisse: Das Investment Banking könnte ganz oder teilweise verkauft werden, während das Schweizer Retail-Geschäft und ein Teil des Vermögensverwaltungsgeschäfts in Übersee verbleiben.

Die Schweizer Eigenkapitalvorschriften für UBS und Crédit Suisse werden als „Too big to fail“-Regelung bezeichnet. Dies bedeutet, dass die FINMA im Falle eines Konkurses der Credit Suisse aufgrund anhaltender Einlagenabflüsse sofort bereit wäre, zum Schutz der Einleger einzugreifen. Der Rest der Bank würde auf Kosten der Aktionäre und der nachrangigen Obligationäre zerschlagen. Ein ähnlicher Fall wurde kürzlich bei der Banco Popular in Spanien beobachtet, die zum Schutz der Einleger und vorrangigen Obligationäre für 1 EUR an Santander verkauft wurde.

c) Das wahre Ansteckungsrisiko: das Schattenbankwesen

Wir weisen seit Jahren darauf hin, dass Basel III und die darauffolgenden Bankenvorschriften die Banken zwingen, ihren Fremdkapitalanteil zu reduzieren und ihnen risikoreichere Geschäftsbereiche wie Private Equity, private Kreditvergabe, den Besitz von Unternehmensanteilen usw. verbieten. Diese Aktivitäten wurden in das sogenannte ‚Schattenbankwesen‘ verlagert, das mit Unternehmen arbeitet, die nicht oder nur unzureichend reguliert sind.

Fazit

Die Insolvenzen von SVB, Signature und Silvergate stellen weder für die USA noch für das globale Bankensystem eine Gefahr dar. Sie zeigen jedoch deutlich die mangelnde aufsichtsrechtliche Kontrolle des Schattenbankensektors und die Risiken für Banken, die sich auf eine schwache Einlagenbasis stützen. Die aktuellen Inflations- und Zinsaussichten stellen eine klare Bedrohung für den Schattenbankensektor dar, der auf Kosten des Bankensektors rasch gewachsen ist. Der Bankensektor kann sich zwar den makro- und mikroökonomischen Missgeschicken des Schattenbankwesens nicht entziehen, doch ist er nicht für die in den letzten Jahren aufgetretenen Auswüchse verantwortlich. Dank (i) einer soliden Bilanz, (ii) hoher Liquidität und (iii) potenzieller Nachsicht der Regulierungsbehörden, wie während der Pandemie, dürfte der Bankensektor nicht so stark unter diesen Ausfällen leiden.

*) Jérémie Boudinet ist Head of Investment Grade Credit, La Française AM

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