Weitreichende Änderungen des Umwandlungsgesetzes – Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie

Dr. Martin Nentwig, GÖRG

Law Corner von Dr. Martin Nentwig, Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Berlin

Die EU-Kommission hat mit dem sog. „Company Law Package“ im Jahr 2018 eine Harmonisierung von grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) in die Wege geleitet. Die entsprechenden Entwürfe der EU-Kommission hat das Europäische Parlament noch im Jahr 2019 größtenteils übernommen und die sog. „EU-Umwandlungsrichtlinie“ verabschiedet. Diese EU-Richtlinie muss von den Mitgliedsstaaten der EU bis Ende Januar 2023 in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland wird eine fristgerechte Umsetzung der EU-Richtlinie nicht erfolgen. Jedoch hat der Deutsche Bundestag mittlerweile am 20. Januar 2023 den finalen Regierungsentwurf verabschiedet und der Bundesrat soll im Februar 2023 den Änderungen zustimmen. Mit dem Gesetzesentwurf gehen umfangreiche Änderungen im UmwG einher, das zum 1. März 2023 in Kraft treten soll.

Anteilsinhaberschutz
Als erste Änderung beinhaltet das neue Gesetz ein einheitliches System im UmwG zum Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter. So kann eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses nicht (mehr) darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen oder dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein angemessener Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenden Rechtsträger darstellt. Widersprechende Gesellschafter können im Rahmen des Spruchverfahrens die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses gerichtlich klären lassen.

Umfassende gesetzliche Regelung von grenzüberschreitenden Umwandlungen
Die vermutlich erheblichste Änderung des UmwG ist die erstmalige umfassende gesetzliche Regulierung von sämtlichen grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen innerhalb der EU. Insoweit kennt das UmwG bisher lediglich ausschnittsweise den Fall der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Für die Praxis überaus relevant ist dabei, dass vor allem der grenzüberschreitende Formwechsel sowie Spaltungsmaßnahmen nunmehr betreffend Verfahren und Rechtsfolgen eindeutig gesetzlich geregelt werden. Mit diesen gesetzlichen Regulierungen wird eine deutliche höhere Rechtssicherheit für entsprechende Umwandlungsmaßnahmen hergestellt und es entfällt künftig die oftmals kleinteilige Berücksichtigung einzelner Gerichtsurteile sowie die regionale Praxis bestimmter Handelsregister. Die Anpassungen haben jedoch auch systematische Änderungen des UmwG mit sich gebracht. Die weiteren wesentlichen Änderungen des UmwG stellen sich dabei wie folgt dar.

Verstärkter Arbeitnehmerschutz
Nach dem geänderten UmwG ist bereits sechs Wochen vor der geplanten Zustimmung der Anteilsinhaber zur grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahme der Betriebsrat über die beabsichtigten Maßnahmen zu unterrichten. Gibt es keinen Betriebsrat in den beteiligten Unternehmen, sind künftig sämtliche Arbeitnehmer zu informieren. Dabei haben die Vertretungsorgane der beteiligten Unternehmen in der Handelsregisteranmeldung diese ordnungsgemäße Unterrichtung persönlich zu versichern.

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Zudem ist bei grenzüberschreitenden Umwandlungen die unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Hierbei gilt nach einem gesonderten Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG) ein einheitlicher Rechtsrahmen, der bereits dann Anwendung findet, wenn ein an der Umwandlungsmaßnahme beteiligtes Unternehmen mindestens 4/5 des relevanten Schwellenwertes hinsichtlich der zu beschäftigenden Mitarbeiter erreicht. Dies zieht bei grenzüberschreitenden Umwandlungen künftig eine verstärkte arbeitsrechtliche Prüfung und Vorbereitung der Maßnahme nach sich. Praxisrelevant ist diese Änderung vor allem deswegen, weil die Vertretungsorgane der beteiligten Unternehmen in der jeweiligen Handelsregisteranmeldung die Anzahl der Arbeitnehmer dem Handelsregister mitzuteilen müssen. Angesichts dessen ist die Anwendung der Mitbestimmungsregularien vom Handelsregister und Arbeitnehmervertretern leicht überprüfbar. Zudem wird ein strenger Bestandsschutz von etwaigen nationalen Mitbestimmungsrechten hinsichtlich der beteiligten Unternehmen gelten.

Weitere Digitalisierung und Vernetzung
Begrüßenswert ist, dass das gesamte grenzüberschreitende Registerverfahren verstärkt digitalisiert wird. So sollen die beteiligten Handelsregister aus den verschiedenen EU-Staaten ihre Bescheinigungen betreffend die Einhaltung der jeweiligen nationalen Umwandlungsvorschriften digital untereinander direkt versenden und insbesondere wechselseitig anerkennen. Es bleibt zu hoffen, dass dies den innereuropäischen Vollzug weiter beschleunigt.

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