Strukturen für einen Debt-Equity-Swap

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Die Law Corner von Dr. Thorsten Kuthe, Rechtsanwalt und Partner, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Die wirtschaftlichen Entwicklungen der jüngeren Zeit mit zunächst der Corona-Pandemie und dann dem Ukrainekrieg mit den bekannten Auswirkungen in Bezug auf die Preis- und Zinsentwicklungen führen dazu, dass die Geschäftsmodelle einiger Anleiheemittenten nicht mehr so aufgehen, wie das in normalen Zeiten zu erwarten gewesen wäre.

Vor dem Hintergrund rückt auch das Sanierungsinstrument des Debt-Equity-Swaps, also die Umwandlung der Fremdkapitalbeteiligungen für Anleihegläubiger in Eigenkapital, wieder verstärkt in den Blickpunkt. Rechtlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, dies zu strukturieren.

Der gedankliche Einstiegspunkt ist der freiwillige Tausch von Anleihen in Aktien durch ein öffentliches Kaufangebot. Dies war die Praxis in Deutschland vor Einführung des aktuellen Schuldverschreibungsgesetzes. Auch heutzutage steht diese Möglichkeit weiterhin offen. Meist wird man das mit einer Mindestannahme einer Schwelle verbinden.

Sofern sich das Umtauschangebot auch an Privatanleger richtet, ist ein Wertpapierprospekt vor dessen Beginn notwendig. Das führt dazu, dass bis zu einer Entscheidung mit einem Zeitraum von ca. fünf Monaten zu rechnen ist. Wenn ein Unternehmen in einem Szenario ist, bei dem nicht mehr viel Zeit bis zu einer Insolvenz bleibt, wird das daher regelmäßig ausscheiden.

Hat man aber z.B. verschiedene große Gläubiger, die es unterstützen und droht nicht unmittelbar die Insolvenz, kann das ein praktikabler Weg sein, der ggf. durch ein Standstill Agreement mit den unterstützenden Gläubigern flankiert wird. Der Vorteil ist hier, dass die künftige Kapitalmarktfähigkeit erhalten bleibt. Die Anleihe geht nicht in den sogenannten technischen Default, was deutlich vorteilhaft für die existierenden Investoren ist. Es besteht keine Zwangsbeteiligung für Investoren, die nicht überzeugt sind. Das ist aber gleichzeitig auch der Nachteil.

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Die zweite Möglichkeit ist eine Beschlussfassung nach dem Schuldverschreibungsgesetz im Rahmen einer (bzw. in der Praxis meist zweiten) Gläubigerversammlung. Hier muss das notwenige Quorum von 25% erreicht werden und bei den Anwesenden die notwendige Mehrheit von 75% des vertretenen Kapitals. Wird der Beschluss gefasst, ist er bindend für sämtliche Anleihegläubiger. Auch hier wird ein Wertpapierprospekt benötigt. Allerdings kann man die Prospekterstellung auf den Zeitraum nach dem positiven Gläubigerbeschluss schieben. Für den Prozess bis zur Wirksamkeit des Beschlusses wird man daher eine Dauer von ca. 10 Wochen plus eventuell die Dauer eines Freigabeverfahrens veranschlagen müssen.

Vor allem vor Einführung des Schuldverschreibungsgesetzes hat die Praxis Wege gesucht, um die Gestaltungsmöglichkeiten anderer Rechtsordnungen zu nutzen. Insbesondere die Varianten der Sanierung nach englischem Recht wurden dabei eingesetzt. Nach den ersten sehr erfolgreichen Fällen wurde hier aber zunehmend gerichtliche Hilfe von Gläubigern in Anspruch genommen gegen die Verlagerung der insolvenzrechtlichen Zuständigkeit in das Ausland und die Anforderungen diesbezüglich erhöht.

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Die praktische Erfahrung zeigt auch, dass diese Sanierungsvarianten mit hohen Kosten und erheblichem Zeitaufwand verbunden sind. Angesichts der heutzutage nach deutschem Recht bestehenden Sanierungsmöglichkeiten ist daher die Bedeutung dieser Optionen deutlich gesunken und meist ist eher davon abzuraten.

Zu den neueren Alternativen im deutschen Recht zählt die Umstrukturierung nach dem StaRUG in einem Sanierungsplan. Auch hier sind der Gestaltungsfreiheit praktisch kaum Grenzen gesetzt. Die praktische Erfahrung aus der ersten erfolgreichen Restrukturierung einer Publikumsanleihe ist als positiv zu bewerten. Diese Variante kommt vor allem dann in Betracht, wenn ein gemeinsamer Vertreter vorhanden ist, um die Gläubigerrechte insgesamt auszuüben. Dies vereinfacht die Vorgehensweise dann deutlich. Auch hier wird ein nachgelagerter Wertpapierprospekt benötigt.

Dr. Thorsten Kuthe, Heuking

Schließlich kann auch ein Debt-Equity-Swap im Rahmen eines Insolvenzverfahrens genutzt werden – durch einen Insolvenzplan. Lässt sich die Insolvenz nicht vermeiden oder sollen bestimmte Mechanismen des Insolvenzrechts etwa zur weitergehenden Sanierung genutzt werden, kommt diese Variante in Betracht. Auch hier wird man eine Prospektpflicht bejahen.

Das Unternehmen gibt mit dem Insolvenzverfahren die Entscheidungshoheit aus der Hand. Auch wenn das gut vorbereitet und abgestimmt ist und in Eigenverwaltung durchgeführt wird, besteht das Risiko, dass sich überraschende Entwicklungen und Entscheidungen ergeben, z.B. wenn in einem Dual Track überraschend hohe Angebote für eine M&A-Alternative eingehen und damit der Insolvenzplan als weniger günstige Variante ausscheidet.