EZB: Wird der Straffungszyklus beschleunigt?

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Pietro Baffico, European Economist bei abrdn, kommentiert die Erwartungen an die kommende EZB-Ratssitzung wie folgt:

Die EZB-Sitzung am 8. September wird interessant: Ein nachlassendes Wachstum und die Sorge um verfestigte Inflationserwartungen lasten auf den Ratsmitgliedern. Die EZB hat bereits im Juli ihre Forward Guidance überraschend geändert und die Leitzinsen um 50 Basispunkte angehoben, da selbst die vorsichtigsten Ratsmitglieder ihre Haltung angesichts des unaufhaltsamen Preisanstiegs revidierten.

Wir glauben, dass die hohe Inflation von 9,1% im August die EZB weiterhin dazu veranlasst, ihren Straffungszyklus zu beschleunigen. Die bevorstehende Zinserhöhung scheint eine knappe Entscheidung zwischen 50 und 75 Basispunkten zu sein, wobei Letzteres zunehmend wahrscheinlicher wird. Seit den kämpferischen Tönen in Jackson Hole sprachen sich immer mehr Zentralbankpräsidenten dafür aus, „energisch zu handeln“, und setzten damit ein deutliches Zeichen der Entschlossenheit. Das Tempo der Straffung dürfte sich danach abschwächen, wobei kleinere Schritte im Oktober und Dezember wahrscheinlich sind. Die Aussichten für 2023 sind angesichts der Unwägbarkeiten des Energieschocks eher trübe. Wir denken, dass die EZB ihren Zyklus unterbricht, sobald eine Rezession eintritt.

Die EZB wird ihre makroökonomischen Projektionen im September überarbeiten, wobei sie ein niedrigeres Wachstum und eine höhere Inflation bestätigen dürfte. Es bleibt abzuwarten, ob die Inflationsaussichten am Ende des Prognosehorizonts immer noch das 2-Prozent-Ziel erreichen werden.

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Das Risiko für die Anleger besteht in erneuten Staatsverschuldungen, insbesondere im Zusammenhang mit den Wahlen in Italien. Die Reinvestitionspolitik des Asset Purchase Programms könnten ebenfalls zur Diskussion stehen, auch wenn eine Entscheidung erst zu einem späteren Zeitpunkt fallen könnte. Ein weiteres Risiko für die Anleger ist eine weitere Destabilisierung des Euro. Eine beschleunigte Straffung der Geldpolitik würde die Währung zwar stützen, doch der stagflationäre Energieschock scheint das zu untergraben.

Pietro Baffico, abrdn

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