Ausweg für kapitalmarktorientierte Mittelständler: Anleihen mit Garantie des WSF

Der Interessenverband kapitalmarktorientierter KMU e.V. soll die Stimme des kapitalmarktorientierten Mittelstandes bilden – Präsident Ingo Wegerich und Vizepräsident Hans-Jürgen Friedrich im Interview [1]

Herr Wegerich, Herr Friedrich, Sie machen sich für das Thema Anleihen mit Garantie des WSF stark. Was muss man dazu wissen?
Wegerich:
Das Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds, WStFG, vom 27. März 2020 sieht als mögliche Stabilisierungsmaßnahme auch die Übernahme von Garantien durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF bis zur Höhe von 400 Mrd. EUR für vom 28. März 2020 bis zum 31. Dezember 2021 begebene Schuldtitel und begründete Verbindlichkeiten von Unternehmen vor. Für eine Vielzahl großer mittelständischer Unternehmen, die sich über den Kapitalmarkt finanzieren oder dies erwägen, ist in der Corona-Krise der WSF möglicherweise der letzte Ausweg. Das Gesetz sieht vor, dass eine Inanspruchnahme des Fonds nur möglich ist, wenn anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. An diesen mittelständischen Unternehmen hängen viele Arbeitsplätze.

Wird die Option genutzt?
Wegerich:
Das Gesetz ist seit März in Kraft. Bisher ist nichts passiert. Verordnungen, die das Gesetz konkretisieren sollen, sind noch nicht erlassen. Machen Sie das mal einem Unternehmer verständlich, der aufgrund der Corona-Krise mit dem Rücken zur Wand steht und Existenzängste um sich und seine vielen Angestellten hat. Bis zum 8. Juli hieß es, es fehle noch die beihilferechtliche Genehmigung durch die Kommission. Die Zustimmung wurde erteilt. Aber jetzt ist nicht mehr von Garantien für Schuldtitel die Rede, sondern primär von Bürgschaften für Bankkredite – trotz des klaren Gesetzeswortlauts.

Friedrich: Der WSF soll Bürgschaften für Kredite übernehmen. Die Deckung kann maximal 90% des Ausfalls aus der Hauptforderung betragen. Dies ist ein vergleichbares Hilfsprogramm wie das der KfW. Ein großes Problem für die Unternehmen ist jedoch, dass es vielfach an den fehlenden 10% der Hausbank scheitert. Diese will das Risiko nicht eingehen. Der Ausweg wären Anleihen mit einer Garantie des WSF.


Garantien für Anleihen sind nicht mehr möglich?
Wegerich:
Grundsätzlich sollen auch individuelle Strukturierungen über die genannten Bürgschaften für Kredite hinaus möglich sein. Bezüglich der Frage, ob dies auch Garantien für Anleihen einschließt, sieht das Ministerium noch vertieften rechtlichen Klärungsgsbedarf. Von vielen Unternehmen wird unser Verband um Hilfe gebeten. Wir sollen die Stimme des kapitalmarktorientierten Mittelstandes bündeln.

Ingo Wegerich

Die Kapitalmarkfinanzierung für Mittelständler soll durch die Kapitalmarktunion in der EU gefördert werden. Und wie genau?
Wegerich: Dass jetzt nur noch von Bürgschaften für Kredite die Rede ist, widerspricht zutiefst dem Grundgedanken der Kapitalmarktunion. Hier wird möglicherweise eine einmalige Chance vertan. Über den WSF könnten viele Mittelständler durch die Emission von Anleihen mit einer Garantie des WSF an den Kapitalmarkt herangeführt werden. Das Thema Kapitalmarktfinanzierung wird in Zukunft insbesondere für den Mittelstand immer wichtiger. Durch Basel IV wird die Kreditvergabe der Banken eingeschränkt. Die Finanzierung über die Kapitalmärkte sollte zudem für KMU steuerlich und regulatorisch begünstigt werden. Wir haben konkrete Lösungsvorschläge.

Herr Friedrich, wie sehen Sie als Investor durch den WSF garantierte Unternehmensanleihen?
Friedrich:
Mit einer Absicherung der Anleihe durch eine Garantie des WSF dürfte der Kupon zwar niedriger ausfallen. Die Absicherung der Anleihen verbessert aber das Risikoprofil und eröffnet damit für viele institutionelle Investoren ein Investment in Unternehmensanleihen als eine abgesicherte Anlageklasse, die auch für ein breites Publikum geeignet sein könnte.

Hans-Jürgen Friedrich, Vorstand der KFM Deutsche Mittelstand AG

Hans-Jürgen Friedrich

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Haben Sie Fragen zu Hilfen unter dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds oder zu staatlich garantierten Anleihen?

Ingo Wegerich und Hans-Jürgen Friedrich bieten Unternehmern, die sich informieren möchten, Hilfestellung an. Nehmen Sie per E-Mail Kontakt auf über: ingo.wegerich@luther-lawfirm.com bzw. hj.friedrich@kfmag.de. Ihre Anfrage wird vertraulich behandelt.

[1] Ingo Wegerich ist Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft und Präsident des Interessenverbandes kapitalmarktorientierter KMU e.V., Hans-Jürgen Friedrich ist Vorstandsvorsitzender der KFM Deutsche Mittelstand AG und Vizepräsident des Interessenverbandes