Law Corner: Von der EU-Kommission vorgeschlagene Erleichterungen bei der Marktmissbrauchsverordnung für KMU

Ingo Wegerich, Luther
Ingo Wegerich, Verbandspräsident, Kapitalmarkt KMU

Der Law Corner Beitrag von Ingo Wegerich, Präsident, Interessenverband kleiner und mittlerer Unternehmen e.V. (Kapitalmarkt KMU), Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

Seit ihrem Inkrafttreten am 1. Juli 2016 ist die Marktmissbrauchsverordnung auf Freiverkehre erweitert worden. Auch Freiverkehrsemittenten sind damit allgemein verpflichtet, Insiderinformationen so bald wie möglich der Öffentlichkeit gegenüber offenzulegen. Sie müssen Insiderlisten führen und Eigengeschäfte von Führungskräften veröffentlichen.

KMU-Wachstumsmarkt
Bei der Marktmissbrauchsverordnung handelt es sich um eine Universalrichtlinie. Nahezu alle ihre Anforderungen gelten gleichermaßen für alle Emittenten, und zwar unabhängig von ihrer Größe oder den Handelsplätzen. Die Verordnung sieht lediglich zwei begrenzte Anpassungen an die Emittenten vor, die in sog. KMU-Wachstumsmärkten notiert sind.

KMU-Wachstumsmärkte stellen eine neue Kategorie von multilateralen Handelsplätzen (MTFs) dar, die im Januar 2018 eingeführt wurde (MTFs sind bspw. Freiverkehre). So dürfen an einem KMU-Wachstumsmarkt notierte Emittenten Insiderinformationen auf der Website des Handelsplatzes anzeigen (anstatt auf der Website des Emittenten) und müssen unter bestimmten Voraussetzungen Insiderverzeichnisse lediglich auf Anfrage der zuständigen nationalen Behörde erstellen.

Foto: © XtravaganT – stock.adobe.com

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Der Betreiber eines MTF kann diesen bei der BaFin als KMU-Wachstumsmarkt registrieren lassen, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind. So müssen beispielsweise mindestens 50% der Emittenten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sein. In Deutschland ist derzeit kein KMU-Wachstumsmarkt registriert. Die Deutsche Börse prüft gegenwärtig die Registrierung ihres Scale-Segmentes als KMU-Wachstumsmarkt.

Am 28. November 2017 organisierte die Europäische Kommission einen technischen Workshop in Brüssel, bei dem etwa 30 Vertreter von Emittenten, Anlegern, Maklern und anderen Finanzintermediären zugegen waren. Der Verfasser des Artikels war der einzige Vertreter aus Deutschland. Gegenstand des Workshops war der Abbau der regulatorischen Hürden für das Listing von KMU und damit insbesondere die Folgen der Marktmissbrauchsverordnung für die kleinen und mittleren Emittenten.