QE-Programm droht ins Leere zu laufen: Investoren lassen EZB abblitzen

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Vor über einer Woche war es endlich soweit: Mario Draghi hat die Details des QE-Programms der Europäischen Zentralbank (EZB) bekannt gegeben.

Der Vollständigkeit halber seien hier nochmals die vier wichtigsten Eckpunkte genannt:

1.
Das QE-Programm, das am vergangenen Montag gestartet wurde, soll mindestens bis September nächsten Jahres Bestand haben. Innerhalb der ersten Phase werden somit 19 Mal 60 Mrd. EUR in den Markt gepumpt, also insgesamt mindestens 1.140 Mrd. EUR.

2. Um Wertpapiere für monatlich 60 Mrd. EUR aufkaufen zu können, muss man sich der größten Assetklasse – der Staatsanleihen – bedienen. Allerdings werden dennoch einige Notenbanken ein Problem damit haben, diese Beschlüsse umzusetzen. Aus diesem Grund hat sich der EZB-Rat erweichen lassen, auf eine starre Einhaltung auf Monatsbasis zu verzichten und das anzukaufende Spektrum der Emittenten auf bestimmte staatlich garantierte Förderbanken oder Institutionen zu erweitern. Zusätzlich behalten sich die Notenbanker die Möglichkeit vor, die Regeln des Ankaufprogramms zu gegebener Zeit anzupassen.

3. Die Zentralbanken dürfen nur solche Titel kaufen, deren Rendite über dem Satz der EZB für Bankeinlagen liegt. Da dieser aktuell mit minus 0,20% festgesetzt ist, können also auch Titel mit negativer Rendite aufgekauft werden. Doch in diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer den dadurch entstandenen finanziellen Schaden zu tragen hat. Diese Verluste könnten sich sogar im Falle einer weiteren Absenkung des Zinssatzes noch vergrößern. Sicherlich wird man sich hierbei an der Regelung eines Zahlungsausfalls orientieren. Diese besagt, dass die Staaten gemeinsam 20% der Verluste tragen und die verbleibenden 80% als nationales Risiko der Notenbank erhalten bleiben.

4. Im ersten Schritt wurden die griechischen Staatsanleihen von dieser Regelung ausgenommen, da nur Anleihen angekauft werden dürfen, die über ein Rating von mindestens BBB- (unterste Stufe des Investmentgrade) verfügen. Von dieser Regel darf nur abgewichen werden, wenn Staaten seitens der Gemeinschaft mittels Hilfsprogrammen bereits unterstützt werden.

Trotz all dieser umfassenden Regelungen bleiben aber immer noch viele Punkte offen. So wurde zum Beispiel bisher nicht festgelegt, was mit den angekauften Titeln zu geschehen hat, wenn das Rating unter BBB- fallen sollte. Aber dies ist nur ein kleiner Teilaspekt. Denn die vielen Investoren, sowohl Privatanleger als auch institutionelle Anleger, interessiert vielmehr, wie das wohl enden wird. Die Marktmechanismen wurden außer Kraft gesetzt und in Ermangelung von Investment-Alternativen ist kaum ein Investor geneigt, gut verzinste Altbestände der EZB „zum Fraß vorzuwerfen“. Diese Denkweise macht sich bereits wenige Tage nach dem Start des Programms bemerkbar. So klopft die EZB bereits regelmäßig bei Investoren an, die aber nicht daran denken, ihre Stücke zu veräußern. Anfragen über Titel in der Größenordnung von 50 Mio. EUR sind offenbar seit Montag üblich. „Aber wir geben nichts“, lautet die Antwort vieler Banken oder Fonds, die die EZB abblitzen lassen. Nach wenigen Tagen deutet sich damit schon an, dass das QE-Programm der EZB kein Selbstläufer ist. Denn im Schnitt müssen täglich ca. 3 Mrd. EUR am Markt aufgekauft werden. Dadurch wird also auch die Manövriermasse für alle Marktteilnehmer immer kleiner, und eine gesamte Assetklasse ist vom Aussterben bedroht. Da die Notenbanken aber nur Ausschau nach den vermeintlich „guten“ Titeln halten, bleibt für die anderen Investoren nur noch „Schrott“ übrig.

Diese Vorgehensweise der EZB ist verantwortungslos, denn Regierungen wird auf diese Weise billiges Geld in den Rachen geworfen, ohne dass sie auf eine Haushaltssanierung achten müssen. Banken werden ihrer Zinsmargen beraubt und gezwungen, mit Risiko behaftete Kredite zu vergeben. Unternehmen benötigen unter Umständen aber vorerst keine neuen Kredite, sondern Planungssicherheit. Nicht zuletzt steht unser gesamtes System der Altersversorgung auf dem Spiel. Denn weder Privatanleger, noch Kapitalsammelstellen können mit einer vernünftigen Risikostreuung noch Vermögen aufbauen, womit die Altersarmut für einen Großteil der Bevölkerung wahrscheinlicher wird.

BAT atmet tief ein
In dieser Handelswoche hat die British American Tobacco (BAT) tief eingeatmet und sich am Kapitalmarkt über vier Anleihen mit insgesamt 3 Mrd. EUR refinanziert.

medMD9FLELVEine Anleihe (WKN A1ZYK2) im Volumen von 800 Mio. EUR ist am 13.03.2019 endfällig und mit einem jährlichen Kupon von 0,375% ausgestattet. Bei einem Emissionspreis von 99,719% ergab sich hieraus ein Spread von +25 bps über Mid Swap. Die zweite Anleihe (A1ZYK3) mit einer Fälligkeit am 13.10.2023, einem Kupon von 0,875% und einem Volumen von 800 Mio. EUR wurde mit 99,10% gepreist. Dies entsprach einem Emissionsspread von +43 bps über Mid Swap. Die dritte Anleihe (A1ZYK4) im Volumen von ebenfalls 800 Mio. EUR ist am 13.03.2027 fällig und mit einem Zins von 1,25% versehen. Gepreist wurde die Anleihe mit 98,691%, was einen Spread von +60 bps über Mid Swap ergab. Die vierte Anleihe (A1ZYK5), die bis 13.03.2045 terminiert ist, hat einen jährlichen Kupon von 2%. Die 600 Mio. EUR umfassende Anleihe wurde bei 97,813% gepreist, was einem Emissionsspread von +100 bps über Mid Swap gleich kam.

home-slider4.enagasjpgAber auch andere Unternehmen zeigten sich am Kapitalmarkt und nutzten die Gunst der Stunde. Sicherlich macht es für die Finanzchefs vieler Gesellschaften Sinn, in der Phase der erhöhten Nachfrage seitens der EZB und ihrer Notenbanken den Anlegern neues Material zur Verfügung zu stellen. So nahm der spanische Versorger ENAGAS mit einer am 25.03.2025 endfälligen Anleihe (A1ZYLC) 400 Mio. EUR auf. Der Kupon in Höhe von 1% und der Emissionspreis von 99,672% ergaben einen Spread von +53 bps über Mid Swap.

Alle genannten Anleihen wurden mit einer Mindeststückelung von nominal 100.000 EUR begeben und zielen somit eher auf institutionelle Anleger ab.

metro-group-headquarters-by-dayAllerdings zeigte sich auch der Handelskonzern METRO am Kapitalmarkt und emittierte eine Anleihe mit Fälligkeit 19.03.2025 (A14J83), die zumindest bei der Mindeststückelung von nominal 1.000 EUR den Belangen von Privatanlegern gerecht wird. Das Emissionsvolumen beläuft sich auf 600 Mio. EUR. Bei einem jährlichen Kupon von 1,5% und einem Emissionspreis von 99,834% ergab sich ein Spread von +85 bps über Mid Swap.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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