
In den vergangenen beiden Jahren hatten die beiden Nebenwerte-Indizes MDAX und SDAX im Vergleich zum DAX das Nachsehen. Von Nermin Aliti*
Inzwischen sind die Aussichten für Nebenwerte aber wieder besser als für die Schwergewichte. Vor allem langfristig orientierte Anleger könnten Ihnen daher wieder mehr Platz im Depot einräumen.
Fast 20% hatte der deutsche Nebenwerteindex SDAX im laufenden Jahr schon zulegt, dann brach US-Präsident Donald Trump einen Handelskrieg vom Zaun und schickte die Börsen weltweit auf Talfahrt. Vom Kursplus blieben im SDAX bis Mitte April nur rund 4% übrig. Bei den etwas größeren Nebenwerten im MDax war das Bild ähnlich: Nach einem vorrübergehenden Zuwachs von etwa 17% schrumpfte das Plus seit Jahresbeginn auf nur noch rund 2% zusammen. […]
MDAX und SDAX mit Nachholpotenzial
Wer die Entwicklung der Nebenwerte-Indizes MDAX und SDAX über die vergangenen Jahrzehnte zurückverfolgt, stellt fest, dass deren Kursentwicklung im Allgemeinen steiler nach oben verläuft als im Bluechip-Index DAX. Das ist auch nachvollziehbar, denn kleinere Unternehmen sind in der Regel risikoreicher, bieten aber auch höhere Renditechancen – sprich: eine Risikoprämie. In den vergangenen Jahren jedoch – insbesondere seit der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg, der anhaltenden Inflation und der wirtschaftlichen Schwäche Europas – hatten eher die großen Standardwerte im DAX die Nase vorn. In unsicheren Zeiten bevorzugen viele Anleger stabile, etablierte Unternehmen, was dem DAX im Vergleich zu den volatileren Nebenwerten zeitweise einen Vorsprung verschaffte.
Inzwischen haben sich die Perspektiven für Nebenwerte generell aufgehellt – und zwar so sehr, dass die Small- und Mid-Caps nun gute Chancen haben, eine bessere Performance zu erzielen als der deutsche Leitindex. Vier Punkte machen deutsche Nebenwerte auf lange Sicht besonders chancenreich.
Erstens spielen dem S- und MDAX sowie allen europäischen Nebenwerten die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) in ihre Karten. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren in der Regel stärker von Zinssenkungen als gut finanzierte Großunternehmen mit viel Eigenkapital, zumal ihre Kredite häufig variabel verzinst werden und sie daher niedrigere Kreditzinsen unmittelbar spüren. Zudem ist es für kleine und mittlere Unternehmen oft schwieriger, Kredite zu attraktiven Konditionen zu erhalten. Sinkende Zinsen kommen daher wie gerufen.
Zweitens dürften vor allem deutsche Nebenwerte besonders vom 500-Mrd-EUR-Infrastrukturpaket der künftigen Bundesregierung profitieren. Insbesondere die mittelständisch geprägte Bauwirtschaft könnte in den kommenden zwölf Jahren – auf diesen Zeitraum ist das Sondervermögen der Bundesregierung ausgelegt – dank der Sanierung von Straßen, Brücken und Schienennetz vollere Auftragsbücher haben. Auch die Windkraft- und Solarstrombranche könnte von staatlichen Investitionen und Subventionen für den Ausbau der erneuerbaren Energien frischen Schwung bekommen.
Drittens: Die irrlichternde Zollpolitik des US-Präsidenten und der daraus resultierende Handelskrieg könnte kleine und mittlere Unternehmen weniger hart treffen als global agierende Konzerne. SDAX-Unternehmen haben in der Regel einen vergleichsweise niedrigeren Exportanteil und konzentrieren sich oft auf den Heimatmarkt. Das macht sie weniger anfällig für Zölle und andere Handelsbeschränkungen. […]
Sell US, buy Europe
Und noch eine Entwicklung macht Mut: Seit Monaten schon schichten Investoren große Teile ihrer Anlagen nach Europa um – auch, weil sie wohl Trumps Wirtschaftspolitik fürchten. Da die US-Wirtschaft zunehmend durch Importzölle, drohende Inflation und eine zunehmend problematische Finanzierung des defizitären Staatshaushalts gebremst wird und gleichzeitig der Euro gegenüber dem Dollar an Stärke gewinnt, erscheinen europäische Aktien für internationale Anleger wieder attraktiver. […]
*) Nermin Aliti ist Leiter Fonds Advisory der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ
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