Rendite-Rallye in den B-Städten – Welche Gründe sorgen für den momentanen Aufschwung?

Auf lange Sicht droht rein theoretisch der Effekt, dass sich auch in expliziten B-Städten die Nachfrage ähnlich aufheizt wie in den Top7. Von Hendrik Richter*

Ob sich für private Anleger eine Immobilien-Investition lohnt, hängt primär von zwei Faktoren ab. Zum einen beeinflusst das regional vorherrschende Quadratmeterpreis-Niveau die mögliche Rendite, andererseits wirkt sich die zu erzielende Bruttomiete maßgeblich auf die Attraktivität aus.

Zwar sinken insbesondere in den Top7-Städten trotz steigender Kosten für Handwerker und Baumaterialien seit Mitte 2022 kontinuierlich die Kaufpreise für Immobilien. In diesen Metropolen, werden aber immer noch Preise von 5.000 bis 10.000 EUR pro qm aufgerufen. Diese Summen müssen erst einmal aufgebracht oder finanziert werden, bevor die Renditen eingestrichen werden können. Dementsprechend rücken wieder Städte der B- und C-Lagen in den Fokus. Nur worin liegen die Ursachen für den Auftrieb an diesen Standorten?

Per Definition reihen sich unter den B-Städten die Kommunen ein, die in der Regel ab 150.000 Einwohner und mehr bis zu den Top7 vorweisen. Sie liegen direkt im Umfeld der A-Städte und punkten mit moderner Anbindung sowie regionalem Wirtschaftspotential.

Hier matchen seit Monaten laut hauseigenen Zahlen nachweislich fallende Kaufpreise mit wiederum steigenden Mieten. Die Folge: Durchschnittsrenditen im Q4/2022 von 4,3% (Essen), 3,74% (Dresden), 3,81% (Hannover), 4,66% (Duisburg) oder 4,31% (Bielefeld) werden zum neuen Standard in den jeweiligen Lagen.

Zur Ermittlung der Daten: Über ohne-makler.net wurden in 2022 über 20.000 Objekte angeboten, zum größten Teil von privaten Eigentümern. Aus diesen Daten, inkl. Preisreduzierungen, sowie weiteren Angebotsdaten wurden Durchschnittspreise und -renditen kalkuliert.

Fragt man nach dem Warum des Hochs, drängt sich neben dem Zusammenspiel von Preis- und Mietentwicklung vor allem ein Faktor auf: B-Städte profitieren von denjenigen Mietern, die sich das Leben in A-Städten nicht mehr leisten können. Dem gegenüber drängen Mieter aus C- und D-Lagen, die nach dem Ende der Home-Office-Hochzeit regelmäßig zurück an den Arbeitsplatz müssen, zurück in die urbanen Ballungsräume. Diese Wanderungsentwicklung wird durch die hohe Zahl Geflüchteter aus ukrainischen Kriegsgebieten komplettiert. So wird aus mehreren Richtungen Wanderungsdruck ausgeübt.

Das Verhältnis Kaufpreis/Mietzins stimmt noch weitestgehend

In Leipzig, Dortmund, Essen, Mannheim oder Münster hat sich der Immobilienmarkt zudem noch nicht so stark überhitzt wie in den Metropolen. Zwar legt hier ebenfalls die Nachfrage nach Wohnungen zu – auch weil die Kommunen ihre ambitionierten Neubau-Ziele meist verfehlen. Dennoch bewegt sich der Kaufpreis noch durchweg unter dem oben aufgeführten Minimum der A-Kategorie.

Gleichzeitig steigen die Mieten kontinuierlich an, u.a. aufgrund der Probleme beim Wohnungsneubau, der Wanderungsverluste aus A-Städten und dem steigenden Bedarf an Wohnraum für Geflüchtete. Als Resultat winken durchschnittliche Bruttomietrenditen rund um die 4,0% bei noch überschaubaren Investitionskosten. Zudem wirken sich in diesen Regionen Sanierungsvorhaben in der Regel wesentlich lukrativer aus. Kosten für energetische Sanierungen bewegen sich auf einem niedrigeren Niveau – eine Wertsteigerung des Objektes fällt spürbar leichter.

Die wichtigen Arbeitgeber sind vor Ort

Nach dem Ende der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie müssen viele Berufstätige wieder vornehmlich in Präsenz an den jeweiligen Unternehmensstandorten arbeiten. Home-Office ist zwar noch möglich, aber oft auf 2 oder 3 Tage pro Woche begrenzt.

Da zahlreiche bedeutende Arbeitgeber in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Gründen in Städte der B-Kategorie wechselten oder bereits von Beginn an dort beheimatet sind, rücken Orte wie Essen, Wiesbaden, Dresden oder Bremen in den Fokus von Menschen, die zentralere Lagen und kürzere Arbeitswege suchen.

Die allgemeine Infrastruktur entspricht den Erwartungen urbaner Berufstätiger

Zugegebenermaßen bieten international bedeutende Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München eine enorme Vielfalt von gesellschaftlichen und kulturellen Attraktionen und Angeboten. Dennoch schreckt dieses rund um die Uhr verfügbare Überangebot und der schnellere, dynamischere Takt von Millionenstädten auch viele Menschen ab.

Diese bevorzugen dann eher eine dezentrale Lage, die zwischen dem Tempo der Top7 und der vermeintlichen Beschaulichkeit von C-Lagen wie Freiburg oder Erfurt liegt. Weiterhin achten diese Personen sehr genau auf die laufenden Lebenshaltungskosten, die in B-Städten noch einigermaßen bewältigt werden können.

Treten die B-Städte aus dem Schatten der deutschen A-Metropolen?

Essen, Dresden, Hannover, Duisburg, Bielefeld haben aktuell das Potential, die zweite Reihe der Antagonisten zu verlassen und ihre unbestreitbaren Vorteile vollständig auszuspielen. Es ist zu erwarten, dass sie sich zum Eldorado von Käufern, Investoren und Vermietern entwickeln, die aus unterschiedlichsten Gründen durchschnittliche Bruttomietrenditen von über 4% suchen – und vielfach finden.

Unverkennbar: Hannover

Konkrete Daten von eingestellten Angeboten auf ohne-makler.net belegen anschaulich diese Entwicklung und unterfüttern die Annahme, dass bei steigenden oder zumindest stagnierenden Mietzinsen bis auf wenige Ausnahmen die 4%-Marke in ausgewiesenen B-Städten nicht unterschritten bzw. sogar die 5%-Marke erreicht werden kann. Durchschnittsrenditen zwischen 3,58 und 5,39% im Januar 2023 belegen zumindest eine Langzeitentwicklung.

B-Städte zeichnen sich weiterhin dadurch aus, dass aus zwei Richtungen diese Situation weiter forciert wird: Einerseits strömen aus den A-Metropolen Menschen hierher, die sich die hohen Miet- und Nebenkosten nicht mehr leisten können. Andererseits befinden sie sich im Fokus von Berufstätigen, die hier ihre berufliche Zukunft sehen. C-Städte geraten diesbezüglich ins Hintertreffen.

Prognose und Fazit

Perspektivisch wird sich diese Entwicklung weiter fortsetzen, wenn die Baukosten weiter steigen, die Energiepreise nicht sinken und die Wohnungsneubau-Initiativen von Bund und Länder weiterhin so zaghaft und ineffektiv verfolgt werden.

Hendrik Richter

Auf lange Sicht droht dann rein theoretisch der Effekt, dass sich auch in expliziten B-Lagen die Nachfrage ähnlich aufheizt, die Kaufpreise überproportional anziehen und die Bruttomietrendite entsprechend sinkt. Ob und wann dies eintreten könnte, lässt sich aber heute nicht realistisch vorhersagen.

*) Hendrik Richter ist seit 2018 Geschäftsführer von ohne-makler.net. Die Immobilienplattform setzt sich das Ziel, den Verkauf von Immobilien provisionsfrei zu vereinfachen.

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