Mittelstandsanleihen: Was ist passiert? – ein Kommentar von Fondsmanager Ralf Meinerzag, Steubing

Frankfurt am Main

Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag regelmäßig zum Markt für Mittelstands- und Hochzinsanleihen. In dieser Ausgabe: Mittelstandsanleihen: Was ist passiert?

Schlechter hätte der Start ins Jahr 2016 für den Markt für Mittelstandsanleihen nicht laufen können: Innerhalb einiger Tage brach das Firmenkonstrukt German Pellets in sich zusammen und die Firma Scholz verlagerte ihren Firmensitz nach London, um ihre Anleihen dort nach dem für das Unternehmen moderateren Regeln abwickeln zu können. Faktisch haben sich damit wohl mehr als 400 Mio. EUR Gläubigergelder in Luft aufgelöst.

„Schon wieder“ werden die Skeptiker dieses Marktsegments sagen. Besonders traurig erscheint es dabei, dass gerade bei German Pellets sehr viele Privatanleger betroffen sind. Allein die erste Anleihe, sie wurde im Jahr 2011 direkt nach der Katastrophe von Fukushima begeben, hatte eine sehr hohe Nachfrage von umweltbewussten Kleinanlegern. Diese Anleger müssen von Unternehmen wie German Pellets, bei denen die Presse teilweise eine betrügerische Absicht vermutet, extrem enttäuscht sein. Deswegen sehen wir auch keine Möglichkeit mehr, mittelfristig Privatanleger zu begeistern, auch über das Vehikel unseres Mittelstandsfonds, in dieses Marktsegment zu investieren.

Das ist schade, denn nicht alle Unternehmen, die sich in diesem Markt tummeln, sind schlecht. Die letzten Jahre haben uns aber gelehrt, dass in diesem Segment eine nicht vorhandene Kapitalmarktkommunikation das Research eines Fonds verhindert. Es ist sehr schwierig hinter die Wände der Unternehmen, die sich in diesem Segment bewegen, zu schauen. Wir sind uns aber sicher, dass es hier auch noch die eine oder andere Perle geben wird.

Frankfurt Overview V kleiner

In den letzten Wochen sind faktisch alle Mittelstandsanleihen in „Sippenhaft“ genommen worden, weil sie nicht direkt mit „Good News“ glänzen konnten, als sich Unsicherheit insbesondere bei den Privatanlegern breit machte. In einem engen Markt reichten teilweise schon Verkaufsorder von ein paar Tausend Euro aus, um Anleihen auf Talfahrt zu schicken. Viele teilweise verunsicherte und enttäuschte Privatanleger sahen sich zum Handeln gezwungenprofessionelle Anleger ließen sich Zeit bis sie zugegriffen haben – aber auch nur bei Anleihen, die die Profis als sicher einstuften.

Gibt es ein Weiter? Niemand hat eine Glaskugel auf seinem Schreibtisch stehen. Wir sind uns sicher, dass sich Privatanleger so schnell nicht mehr auf das „Marketingsprech“ selbst der guten Anleiheemittenten einlassen. Professionelle Investoren werden weiterhin nach verschiedenen Kriterien entscheiden: Dazu gehört das Risiko des Geschäftsmodells des Unternehmens, die Werthaltigkeit der Sicherheiten, die Höhe des Kupons und nicht zuletzt die Glaubwürdigkeit des Managements in der Kapitalmarktkommunikation – insgesamt eine Erhöhung der Transparenz. Alles Dinge, die wir seit mehr als zwei Jahren einfordern. Zusätzlich muss es für Unternehmen zukünftig Beschränkungen geben, inwiefern Privatanleger an den Emissionen beteiligt werden dürfen. Nachhaltig sollte es auch Instrumente geben, die dies über die gesamte Laufzeit einer Anleihe sicherstellen.

Meinerzag plus X

22. Februar 2016
Pressekontakt: Klaus-Karl Becker
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