Die meisten Menschen werden etwas blass, wenn sie an private Schulden denken. Die meisten arbeiten hart daran, ihre Privatschulden dauerhaft loszuwerden. Von Robert Steininger*

Die ausschließlich negative Sicht auf die Schulden ist weit verbreitet, lieber schaut man in die andere Richtung: das Ansparen von Finanzmitteln. Wer aber eine ganzheitliche Strategie für sein Kapital verfolgen möchte, sollte umdenken: Man kann sogar gleichzeitig Geld ansparen und einen Kredit aufnehmen und so einen positiven wirtschaftlichen Effekt erzielen. Somit kann man sagen, dass es „gute“ und „schlechte“ Schulden gibt.

Schulden-Guide- was gilt für Privatpersonen, was gilt für Unternehmen?

Grundsätzlich sind Schulden wichtig, damit eine Volkswirtschaft überhaupt funktionieren und florieren kann, denn sie machen Investitionen im großen Stil erst möglich und ermöglichen so das wirtschaftliche Wachstum.

Nichts ist schädlicher für die Wirtschaft als Stagnation, daher bringen Kredite – je nachdem im großen Stil – wieder die Chance auf florierende Umsätze in der Zukunft. Unternehmen können sich jedoch auch verkalkulieren mit ihren Krediten, oder die Umsätze werden gestoppt durch eine nicht selbst verschuldete Katastrophe und die Kredite müssen dennoch zurückgezahlt werden.

Unternehmen können in dem Extremfall der Zahlungsunfähigkeit Insolvenz beantragen, aber sie können auch eine andere Lösung für das Problem angehen: Den Haircut-Schuldenschnitt. Der Haircut bietet durch Notfälle verschuldeten Unternehmen und Staaten die Möglichkeit, dass ein Anteil der nicht zahlbaren Schulden erlassen wird. Das bedeutet einen Vorteil für die Gläubiger gegenüber einer Insolvenz, denn sie müssen nicht auf unabsehbare Zeit auf den ganzen geschuldeten Betrag verzichten, sondern nur auf einen Teil.

Dieser Teil, der „Haircut“ erlischt, die restlichen Schulden bleiben. Für den Schuldner bedeutet dies, dass er die Möglichkeit erhält, seine finanzielle Lage zu sanieren und so wieder zahlungsfähig zu werden.

Für private Verschuldungen gibt es dieses Angebot nicht. Für sie gibt es aber andere, umfangreiche Lösungen, die finanzielle Lage zu verbessern, so dass niemand gezwungen ist, zu versuchen, seine Schulden mit unüberlegten Glücksspielen, wie Roulette zu begleichen. Hier kommen die „guten Schulden“ ins Spiel.

Unter guten Schulden versteht man Investitionen, die dazu dienen, dass im günstigsten Fall ein anderer für ihre Rückzahlung steht. Das geht zum Beispiel, indem man in Immobilien anlegt und dann die Kreditzahlungen in Form von Miete einnimmt – das klassischste aller Beispiele. Somit können gute Schulden dazu dienen, das eigene Vermögen zu vermehren, ohne mehr Belastung zu bieten. Zudem sind Kredite, die unter die Kategorie der positiv zu bewertenden Schulden fallen, zu einem wesentlich niedrigeren Zinssatz zu haben als Privatkredite.

Diesen positiven Schulden stehen den schlechten oder negativ zu bewertenden Schulden gegenüber, die man tunlichst meiden sollte. Sie haben die folgenden Merkmale:

– man muss selbst für die Zahlungen aufkommen
– sie verringern den eigenen finanziellen Spielraum erheblich
– sie bieten keinen nennenswerten Gegenwert, da sie lediglich persönlichen Konsum finanzieren

Mit dieser Gegenüberstellung sollte klar sein, dass das konsumgesteuerte Aufnehmen von Krediten allen Marketingtricks zum Trotz eine schlechte Idee ist, die dauerhaft in eine finanzielle Krise führen kann. Im Gegensatz dazu können bewusst eingesetzte finanzielle Hilfen eine Beschleunigung im Vermögensaufbau darstellen, da sie unter die Kategorie Investitionen fallen – ein Urlaub dagegen ist keine Investition.

Um auf das Thema Schulden von Unternehmen zurückzukommen, kann man die Aufnahme von Kapital ähnlich verorten wie bei Privatpersonen. Für Unternehmen gilt: Kredite ermöglichen Expansion, denn wenn das nötige Kapital für die Ausweitung der Geschäftstätigkeit fehlt, stagnieren möglicherweise Umsatz und Ertrag. Außerdem bietet gerade für Unternehmen das Fremdkapital durch den Kredit steuerliche Vorteile. Schulden sind also nicht in allen Fällen strengstens zu vermeiden.

*) Robert Steininger ist Fachautor für u.a. Anlagestrategien und publiziert regelmäßig zu Fachthemen wie Online- und Investment-Strategien, Glücksspielthemen, Krypto und Verhaltensanalyse