Liquiditäts- und Bilanzentlastung für Anleihe-Emittenten

Das öffentliche Leben wird reduziert, Social Distancing heißt die Parole und doch dreht sich die Welt so schnell, dass es jedem Schuldner schwindlig wird. Vor vier Wochen wurde noch feuchtfröhlich Karneval und Fasching gefeiert, heute steht die deutsche Wirtschaft am Rande des totalen Shutdowns wie bereits in Italien zu beobachten. Von Frank Günther, One Square Advisors

 

  • Corona-Krise erfordert unmittelbare Maßnahmen 
  • finanzieller Spielraum durch Senkung und/oder Aussetzung der Zinsen sowie Verlängerung der Laufzeit 
  • Entlastung bei Erstellung der Fortführungsprognose 
  • hohe Bereitschaft der Investoren zur Unterstützung 
  • Umsetzung in Gläubigerversammlung trotz Versammlungsverboten möglich


Mit den aktuellen ökonomischen Auswirkungen hat niemand gerechnet und Erholung ist derzeit noch nicht in Sicht. Im Zuge der Corona-Krise sind auch nahezu alle deutschen Anleihen in den vergangenen Tagen unter Druck geraten. Der Markt betrachtet die aktuelle Situation weniger als eine individuelle Schieflage einzelner Unternehmen denn als systemische Krise, von der sich die Mehrheit der Unternehmen über einen Zeitraum von 18 bis 24 Monaten erholen sollte.

Umdenken gefragt

Viele Emittenten von Unternehmensanleihen müssen dramatisch umdenken: War vor vier Wochen die Bedienung (Zinsen und Rückzahlung) ihrer Anleihen noch gesichert, ist bei vielen Unternehmen infolge der Corona-Krise die Liquidität höchst angespannt. Die von Bund und Ländern aufgelegten Hilfs- und Unterstützungsprogramme in bislang unvorstellbarer Höhe sprechen eine deutliche Sprache. Allerdings ist die Beantragung dieser Programme nach wie vor komplex und hängt zudem an einer 10- bis 20-prozentigen Beteiligung der jeweiligen Hausbank an den ausgereichten Krediten.

Das Schuldverschreibungsgesetz eröffnet Anleihe-Emittenten die Möglichkeit, selbstbestimmt und ohne staatliche Zuwendungen sowohl die Liquidität als auch die Bilanz zu entlasten. Im Rahmen einer Anleihe-Gläubigerversammlung können die Anleihebedingungen, z.B. Zinsen, Laufzeit, Rückzahlungsbetrag, Covenants und Kündigungsrechte, Sicherheiten etc. angepasst und verändert werden. Dieses Instrument hat sich in den letzten Jahren etabliert und wurde in einer Vielzahl von Fällen erfolgreich angewandt.

Spielraum nutzen

So ist es möglich, im Rahmen einer Gläubigerversammlung sowohl die Fälligkeit der Anleihe zu verlängern und die Zinsen zu senken und/oder aussetzen zu können. Die erste Abstimmung findet i.d.R. in einer sogenannten „Abstimmung ohne Versammlung“ statt, bei der eine Präsenz von 50% der Anleihegläubiger notwendig ist. Sofern dieses Quorum nicht erreicht wird, kann die Anpassung in einer zweiten Abstimmung mit einer Präsenz von 25% beschlossen werden.

Für die Umsetzung dieser Maßnahmen benötigen wir ca. zwei bis drei Monate, so dass sich für die Emittenten kurzfristig ein erheblicher Liquiditätseffekt ergibt. Zudem hilft eine Verlängerung bei der Erstellung einer positiven Fortführungsprognose im Rahmen einer Prüfung der Insolvenzantragspflicht, sofern die aktuelle Fälligkeit innerhalb und die neue Fälligkeit jenseits des zu betrachtenden Zweijahreszeitraumes liegt.

Entscheidend: die Fortführungsprognose

Regelmäßig geben wir den betroffenen Emittenten eine Einschätzung hinsichtlich der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Verlängerung im Rahmen einer Fortführungsprognose, die auch im Rahmen der anstehenden Erleichterungen im Insolvenzrecht notwendig sein wird.

One Square hat in den letzten Jahren ca. 50 Anleihegläubigerversammlungen durchgeführt. Von daher sind uns alle institutionellen Anleger und auch die meisten privaten Anleger bekannt. Eine aktuelle Umfrage bei den institutionellen Anlegern ergibt ein klares Bild: Überwiegend sind institutionelle Anleger bereit, Emittenten zu unterstützen und finanziell zu entlasten. Die Verlängerung der Laufzeit sowie die Reduzierung oder eine Aussetzung der Zinsen werden dabei als probate Mittel gesehen, Emittenten zu entlasten. Wir sehen in der Investoren-Community eine hohe Bereitschaft, schnell und unbürokratisch zu unterstützen.

Autor Frank Günther, OSA

Der Erfolg liegt neben der Organisation des Prozesses im Wesentlichen darin, die notwendigen Quoren und Mehrheiten zu organisieren. Bislang hat One Square in keinem einzigen Fall Abstimmungen verloren und stets die notwendigen Mehrheiten erreicht.

Frank Günther ist geschäftsführender Gesellschafter von One Square Advisors. One Square ist eine der führenden Finanzrestrukturierungsberatungen in Deutschland. Mit 25 Professionals an den Standorten München, Frankfurt, Düsseldorf und London berät OSA Unternehmen in finanziell angespannten Situationen. Insbesondere ist One Square der mit weitem Abstand erfahrenste Berater bei der Restrukturierung von Anleihen in Deutschland. One Square hat alle wesentlichen Restrukturierungen von Unternehmensanleihen in den vergangenen Jahren begleitet.