Law Corner: ESMA und EBA empfehlen einheitliche Rechtsgrundsätze für Krypto-Assets und ICOs

Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA und die European Banking Authority EBA haben am 9.01.2019 zeitgleich Reports und Empfehlungen in Bezug auf Krypto-Assets (crypto-assets) und Initial Coin Offerings (ICO) veröffentlicht[1]. Nach der Analyse beider Organisationen haben Krypto-Assets derzeit wirtschaftlich nur eine geringe Bedeutung und gefährden in keiner Weise die Finanzstabilität. Von Dr. Anne de Boer, Partnerin Heuking Kühn Lüer Wojtek

Jedoch erfordern immer mehr Emissionen und auch Vorfälle, dass Klarstellungen oder sogar weitergehende Regulierung angegangen werden sollten. Einige Marktteilnehmer gehen davon aus, dass insbesondere STOs, also die Emission von Security Token, die Wertpapieren vergleichbar sind, 2019 zunehmen werden. 

Der Report der ESMA zeigt die wesentlichen Regelungen auf, die auch für Krypto-Assets gelten (sollten). Die europäische Rechtslage und -anwendung in den Mitgliedsstaaten ist jedoch sehr uneinheitlich: Zum einen werden die unterschiedlichen Klassen von Krypto-Assets verschieden behandelt. Zum anderen deckt die bestehende Rechtslage auch nicht alle Rechtsfragen zu sämtlichen Krypto-Assets ab. Bei der Implementierung der bestehenden Regelungen standen Krypto-Assets zudem nicht im Fokus. Eine einheitliche Behandlung aller Krypto-Assets hält die ESMA auch nicht für sachgerecht; bei Krypto-Assets, die keine Finanzinstrumente sind, stellt sie sogar zur Diskussion, ob umfassende Regelungen überhaupt notwendig seien. Die EBA setzt sich ergänzend mit aufsichtsrechtlichen Fragen, u.a. zu Kapitalausstattung und Zahlungsregelungen auseinander.

Wesentliche Erkenntnisse der ESMA sind dabei:

  • Zunächst unterscheidet die ESMA zwischen Krypto-Assets, die nach MIFID II als Finanzinstrumente bzw. übertragbare Wertpapiere qualifizieren, sowie solchen, die nicht darunterfallen. Auf Finanzinstrumente bzw. übertragbare Wertpapiere sind dabei weitgehend die entsprechenden Regelungen der Prospektverordnung, der MAR, der Transparenzrichtlinie etc. anzuwenden. Für Krypto-Assets, die keine Finanzinstrumente darstellen, würden nur wenige Regelungen greifen.
  • Ebenso wie die EBA vertritt die ESMA die Ansicht, dass die Regelungen zu Geldwäsche und zur Verhinderung der Terrorismusfinanzierung für alle Krypto-Assets gelten sollten.
  • Die ESMA setzt sich auch mit den technischen Risiken auseinander. Hackerangriffe auf Krypto-Assets und -Börsen – vor allem zentralisierte – erfordern besondere Sicherungsmaßnahmen. Neben der technischen Absicherung werden spezifische Risikohinweise für Investoren gefordert.
  • Ebenso müssen die Regelungen für die rechtlichen Vereinbarungen und Erklärungen, die aufgrund der Technologie abgeschlossen bzw. abgegeben werden, klar und gesichert sein.
  • Die ESMA empfiehlt, die Dienstleistungen wie zum Beispiel sichere Verwahrung für Krypto-Assets und in der DLT-Umgebung näher zu definieren und damit die anwendbaren Regelungen zu klären. Dies betrifft zum Beispiel die Verwahrung der privaten Schlüssel bzw. Wallets. Insofern verdient auch die neuerliche Meldung Aufmerksamkeit, dass Kundenguthaben aus einem Cold Wallet nicht ausgezahlt werden können, wenn der einzige Kenner des notwendigen Passworts verstorben ist[2].
  • Ebenso diskutiert die ESMA die Sicherung der Marktintegrität mit einem Handel frei von Manipulation und mit ausreichender Handelstransparenz. Dabei sei auch der wechselseitige Einfluss zwischen traditionellen Finanzinstrumenten und Krypto-Assets nach der MAR noch nicht ausreichend klar. Hierzu, wie auch etlichen anderen Themen, dürfte die Börse Stuttgart mit ihrer Krypto-Börse (https://bisonapp.de/de/) zeitnah interessante Erfahrungen beisteuern können.
  • Ebenso diskutiert die ESMA das Settlement mit erlaubnisfreien und zu erlaubenden Aktivitäten. Erlaubnisfreie werden dabei als weniger geeignet für Finanzinstrumente angesehen. Die Rolle von Schürfern sei laut ESMA ebenso nicht ausreichend geklärt.
  • Die Frage ist auch, wie eventuell anwendbare Informationspflichten der Marktteilnehmer erfüllt werden können und ob die derzeit bestehenden technischen Standards für Krypto-Assets und ICO/STOs passen.


Die ESMA hat Verständnis und sieht gleichzeitig kritisch, dass einige Länder ergänzende Regelungen einführen. Solche nationalen Regelungen als auch unterschiedlichen Anwendungen können zu einem zumindest von der EU nicht gewollten Wettbewerb zwischen den Mitgliedsstaaten führen. Sie dürften der Idee der Kapitalmarktunion und auch dem Verständnis der Krypto-Welt mit einem einheitlichen, grenzüberschreitenden Zugang zur Finanzierung entgegenstehen. Ebenso besteht die Befürchtung, dass bestimmte Risiken nicht ausreichend adressiert und damit kein ausreichender Schutz der Investoren geboten wird.

Die Resonanz auf dem Markt ist uneinheitlich. Die Krypto-Szene erwartet teilweise weiterhin in einem unregulierten Markt Vorteile generieren zu können. Ihr sei die Offenheit über Ländergrenzen gerade eigen. Andere Teilnehmer sehen dagegen Vorteile für eine positive Entwicklung und stärkere Akzeptanz von Krypto-Assets als neuer Asset-Klasse, wenn der Schutz der Investoren gesichert ist und klare Regeln Rechtssicherheit bringen.

[1] https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma50-157-1391_crypto_advice.pdf und https://eba.europa.eu/documents/10180/2545547/EBA+Report+on+crypto+assets.pdf.

[2] http://www.spiegel.de/netzwelt/web/quadrigacx-gruender-von-kryptoboerse-nimmt-passwort-mit-ins-grab-a-1251416.html; 04.02.2019 16:00h.