Law Corner aus BG 21-2023: Anpassung von Wandelanleihen an aktuelle Verhältnisse

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Wandelanleihen sind gerade aktuell ein häufiger gewähltes Instrument für die Kapitalaufnahme. Von Dr. Thorsten Kuthe und Miriam Schäfer, beide Heuking Kühn Lüer Wojtek

Im Original im BondGuide 21-2023, Seite 35

Wandelanleihen sind gerade aktuell ein häufiger gewähltes Instrument für die Kapitalaufnahme. Investoren können so die Entscheidung, ob sie langfristig in Eigenkapital des Unternehmens investieren oder sich ihr Kapital mit Zinsen zurück zahlen lassen, heraus schieben und insbesondere die Kursentwicklung weiter beobachten. Dies ist gerade in Zeiten hoher Volatilitäten und Unsicherheiten am Aktienmarkt interessant. Allerdings können sich auch deutliche Änderungen nach der Emission ergeben, die den Wunsch nach einer Anpassung der Anleihebedingungen regen. Hier ergeben sich Unterschiede zu den klassischen Anleihen.

Die Ausgestaltungsmöglichkeiten bei der Begebung von Wandelanleihen sind vielfältig. So gibt es unter anderem bedingte und unbedingte Pflichtwandelanleihen, gewöhnliche Wandelanleihen und umgekehrte Wandelanleihen (Umtauschrecht obliegt der Gesellschaft). Das ursprünglich gewährte Wandlungsrecht kann über die Zeit jedoch unattraktiv werden. Gerade in der Situation wäre aber die Laufzeitverlängerung oder Wandlung für den Emittenten wünschenswert, denn die Rückzahlung der Anleihe ist dann meistens eine (schwierig darstellbare) Belastung, wenn es sowieso nicht gut läuft.

Die klassische Vorgehensweise für eine Änderung der Laufzeit oder Verlängerung einer Anleihe sind entweder die Begebung einer neuen Anleihe, in die die alte Anleihe getauscht werden kann, oder eine Gläubigerversammlung zur Anpassung der bestehenden Anleihe. Das ist bei einer Wandelanleihe aber nicht so einfach. Denn bei Wandelanleihen gibt es einen grundlegenden rechtlichen Unterscheid zu klassischen Anleihen: Diese Instrumente unterliegen verschiedenen Regularien des Aktiengesetzes.

Die Ausgabe bedarf zunächst eines Beschlusses der Hauptversammlung oder einer Ermächtigung an Vorstand und Aufsichtsrat. Darüber hinaus haben die Aktionäre ein Bezugsrecht. Der Vorstand kann nicht einfach so die Konditionen einer Anleihe ändern und auf diese Weise etwa das Bezugsrecht der Aktionäre unterlaufen, ihrerseits eine Anleihe mit den so geänderten Konditionen erhalten zu können.

Man stelle sich vor eine Anleihe wird unter Ausschluss des Bezugsrechts zu einem Wandlungspreis 15% über dem aktuellen Börsenkurs ausgegeben. Drei Tage später vereinbaren Vorstand und Zeichner, den Wandlungspreis um 25% zu senken – damit hätte man einen Preis erreicht, der bei Ausgabe unzulässig war. Das zeigt: Änderungen von Wandelanleihen erfordern eine Mitwirkung der Aktionäre, zumindest eine Ermächtigung von Vorstand und Aufsichtsrat. Will man etwa die Laufzeit durch eine Gläubigerversammlung anpassen, muss u.U. parallel ein Beschluss der Hauptversammlung herbeigeführt werden.

Eine andere Möglichkeit wäre die Ablösung der Wandelanleihe durch eine neue Wandelanleihe in Verbindung mit einem Umtauschangebot zu anderen Konditionen. Hier ist zunächst zu beachten, dass die Aktionäre grundsätzlich ein Bezugsrecht haben, das dem Umtauschrecht der alten Anleihe vorgeht. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, denn es kommt dann ja auch Fresh Money herein im Umfang des ausgeübten Bezugsrechts.

Ganz wesentlich ist aber folgendes: Wenn die Wandlungsrechte, was in aller Regel der Fall ist, aus bedingtem Kapital bedient werden, dann handelt es sich aktienrechtlich bei dem Tausch der alten Wandelanleihe in eine neue Wandelanleihe um einen Fall der Sacheinlage. Es muss daher ein Werthaltigkeitsgutachten vorgelegt werden, das die Ansprüche gegen den Emittenten auf Rückzahlung der alten Anleihe werthaltig sind. Das kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern ist in Situationen, in denen es der Gesellschaft nicht so gut geht, inhaltlich nicht ohne weiteres einfach darzustellen.

Dr. Thorsten Kuthe und Miriam Schäfer zu Wandelanleihen

Dr. Thorsten Kuthe, Miriam Schäfer, RAe, Heuking

In der Praxis sehen wir aktuell verschiedene Fälle, in denen diese Fragen relevant werden. Teilweise wird eine der beschriebenen Lösungswege genutzt. Teilweise wird aber auch ein ganz anderer Weg gewählt, nämlich die Umwandlung in einen klassischen Bond. Dann entfallen diese Probleme, die Anleihe wird aber dann auch zu dauerhaftem Fremdkapital (ggf. mit Nachrangklausel oder anderen Formen der Absicherung gegen Zahlungsschwierigkeiten). Wie immer gilt, dass zu prüfen ist, was zum Einzelfall am besten passt.

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