Law Corner: European Green Bonds – erhöhte Anforderungen an grüne Anleiheemissionen mit EU-Label

Der Gesetzgeber möchte einen EU-weiten Marktstandard für „grüne“ Anleihen setzen – den European Green Bond Standard (EGBS). Von Dr. Lutz Pospiech und Lena Gerhard*

Im Original in BondGuide 02-2024 vom 26. Januar 2024

Zur Finanzierung der Klimawende muss die Wirtschaft tiefgehende und nachhaltige Veränderungen durchlaufen, die wiederum durch nachhaltige Investitionen zu finanzieren sind. Finanzmittel der Wahl hierfür sind immer häufiger sog. „grüne“, „nachhaltige“ oder „ökologische“ Anleihen. Mit der Verordnung (EU) 2023/2631 vom 22.11.2023 (EUGBV) wollen das Europäische Parlament und der Europäische Rat mehr Transparenz am „grünen“ Anleihemarkt schaffen, dadurch den Anlegerschutz verstärken und einen EU-weiten Marktstandard für „grüne“ Anleihen setzen – den European Green Bond Standard (EGBS).

Einheitlicher Standard am „grünen“ Anleihemarkt

Ökologisch nachhaltige Anleihen zählen zu den wichtigsten Finanzinstrumenten, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens, insbesondere Klimaneutralität bis 2050 und Klimaschutz im Allgemeinen, zu erreichen. Da die Begriffe „grün“, „nachhaltig“ und „ökologisch“ jedoch europaweit nicht einheitlich definiert sind, war für Anleger und Anlegerinnen bisher nicht ohne weiteres erkennbar, welche Anleihen tatsächlich im Einklang mit diesen Klimazielen stehen. Mit dem EGBS schafft die EU einheitliche Bedingungen für solche Anleihen, die als „europäische grüne Anleihen“ (European Green Bonds – EuGB) bezeichnet werden, und senkt das Risiko für sog. „Greenwashing“.

Strenge Vorgaben für die Qualifizierung als European Green Bond

Emittenten, die das Label EuGB für die von ihnen emittierten Anleihen beanspruchen wollen, müssen ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der EUGBV (21.12.2024) deren zahlreiche Anforderungen erfüllen. Zu den gegenüber dem aktuellen Marktstandstand deutlich erhöhten Vorgaben zählen u.a. Folgende:

  • Verwendung der Emissionserlöse für ökologisch nachhaltige Zwecke im Einklang mit den Vorgaben der europäischen Taxonomie-Verordnung (Art. 4 EUGBV)
  • Erstellung eines Wertpapierprospekts nach der EU-ProspektVO, in dem die Anleihe als „europäische grüne Anleihe“ oder „EuGB“ bezeichnet wird und aus dem die Erlösverwendung im Einklang mit den Vorgaben der EUGBV hervorgeht (Art. 14 EUGBV)
  • Veröffentlichung eines Informationsblatts vor Emission der Anleihe, welches die Anleger und Anlegerinnen über die geplante taxonomiekonforme Erlösverwendung informiert (Art. 10 EUGBV)
  • alle zwölf Monate nach Emission der Anleihe: Veröffentlichung eines Allokationsberichts, in dem die Emittenten die taxonomiekonforme Erlösverwendung nachweisen (Art. 11 EUGBV)
  • nach vollständiger Verwendung der Erlöse: Veröffentlichung eines Wirkungsberichts über die Umweltauswirkungen, die mit der Verwendung der Erlöse erzielt wurden (Art. 12 EUGBV)
  • Prüfung und Bewertung der von dem Emittenten veröffentlichten Berichte durch einen externen, bei der ESMA registrierten Prüfer (Art. 22 ff. EUGBV)
  • Beaufsichtigung und Überwachung der Einhaltung der Transparenz- und Informationspflichten der Emittenten durch die im jeweiligen Mitgliedsstaat zuständige Behörde (Art. 44 ff. EUGBV), in Deutschland die BaFin

Green Bonds sind im Kommen

Weiterhin Emission „grüner“ Anleihen neben dem neuen Marktstandard möglich

Sollten Emittenten die vielfältigen Anforderungen der EUGBV nicht einhalten können oder wollen, bleibt es ihnen dennoch unbenommen, andere Nachhaltigkeitsstandards zu erfüllen, bspw. die Green Bond Principles des internationalen Branchenverbands für Kapitalmarktteilnehmer (ICMA) oder die des Climate Bonds Standard der gemeinnützigen internationalen Climate Bonds Initiative. Entscheidet sich der Emittent für die Einhaltung anderer Nachhaltigkeitsstandards, ist er nicht befugt, die Anleihe als EuGB zu bezeichnen.

Grüne Anleihen, die bislang nach den Vorgaben anderer Nachhaltigkeitsstandards emittiert wurden, sind primär solche, deren Emittenten den Anlegern und Anlegerinnen zugesagt haben, dass die Erlöse aus dieser Anleihe für nachhaltige Projekte verwendet werden sollen, sowie Anleihen, die an die Einhaltung eines bestimmten Nachhaltigkeitsziels gekoppelt sind. Um auch im Hinblick auf diese Anleihen die Gefahr des sog. „Greenwashing“ zumindest einzudämmen, plant die Europäische Kommission bis zum 21.12.2024 Leitlinien zur Festlegung fakultativer Offenlegungspflichten für Emittenten dieser Anleihen zu veröffentlichen (vgl. Art. 20 EUGBV).

Fazit

Die Einführung eines europaweit einheitlichen Marktstandards für nachhaltige Anleihen ist ein wichtiger Schritt, um der Erreichung der im Pariser Klimaabkommen festgesetzten Klimaziele näherzukommen und dem sog. „Greenwashing“ durch Unternehmen mittels der Emission vermeintlich nachhaltiger und ökologischer Anleihen entgegenzuwirken. Angesichts der aus den Prospekt-, Informations- und Transparenzpflichten der EUGBV folgenden höheren Kosten der Emission von „europäischen grünen Anleihen“ bleibt abzuwarten, ob sich der EGBS insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen tatsächlich zum neuen Marktstandard entwickeln wird.

*) Dr. Lutz Pospiech ist Partner und Lena Gerhard Rechtsanwältin bei der
GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München

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