MiCAR: Was ist eigentlich ein Kryptowertedienstleister und was darf er?

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Die Markets in Crypto Assets Regulation (MiCAR) wird in den hier interessierenden Teilen ab dem 30. Dezember 2024 unmittelbar in den EU-Mitgliedstaaten gelten. Titel V der MiCAR betrifft Kryptowertedienstleistungen, die in den meisten EU-Mitgliedstaaten noch unreguliert sind. In Deutschland ist die Regulierung von Kryptowertedienstleistungen nach allgemeinem Bankrecht (KWG, WpIG) jedoch bereits Standard: Die BaFin stuft Currency Token seit 2011 als Rechnungseinheiten im Sinne des KWG ein. Mit Wirkung zum 1. Januar 2020 wurden Kryptowerte ausdrücklich als Finanzinstrumente im KWG erfasst. Auch die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte ist als Kryptoverwahrgeschäft bereits jetzt nach KWG erlaubnispflichtig. Eine Einstellung bzw. Umstellung auf die neue Regulierung der MiCAR dürfte deutschen Dienstleistern folglich leichter fallen als solchen aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Von Dr. Matthias Terlau, Rechtsanwalt und Partner, und Dr. Tobias Riethmüller, Rechtsanwalt und Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Köln

Was ist ein Kryptowertedienstleister?
Anbieter von Kryptowertedienstleistungen sind natürliche und juristische Personen, deren Beruf oder Tätigkeit darin besteht, eine oder mehrere Kryptowertedienstleistungen für Dritte gewerbsmäßig zu erbringen, und die zur Erbringung dieser Kryptowertedienstleistungen berechtigt sind. Kryptowertedienstleistungen dürfen also grundsätzlich nicht ohne Erlaubnis erbracht werden.

Die MiCAR kennt drei Arten von Kryptowerten: „E-Geld-Token“, „vermögenswertreferenzierte Token“ und „Utility Token“. Die Rechtsfolgen unterscheiden sich je nach der Art des Token. „Non-Fungible Token“ (NFTs) werden typischerweise nicht von der MiCAR erfasst sein.

Als Kryptowertedienstleistungen sind folgende Tätigkeiten definiert:

1.) die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte,
2.) der Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte,
3.) der Tausch von Kryptowerten gegen Nominalgeldwährungen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind,
4.) der Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte,
5.) die Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte,
6.) die Platzierung von Kryptowerten,
7.) die Erbringung von Transferdienstleistungen für Kryptowerte für Dritte,
8.) die Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte,
9.) die Beratung zu Kryptowerten sowie
10.) die Bereitstellung von Portfolioverwaltung von Kryptowerten.

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Die meisten der genannten Kryptowertedienstleistungen haben Vorbilder in der Finanzmarktrichtlinie (MiFID II). Werden diese Dienstleistungen in Bezug auf Wertpapiere im Sinne der MiFID erbracht – einschließlich entsprechend ausgestalteter Security Token –, unterfallen diese Dienstleistungen auch in Zukunft den Regelungen der MiFID und ihrer nationalen Umsetzungsgesetze und nicht den unmittelbar europaweit geltenden Regelungen der MiCAR.

Erlaubnispflicht – wie und ab wann?
Als Kryptowertedienstleister darf ein Unternehmen grundsätzlich nur tätig werden, wenn es hierzu eine Erlaubnis der Finanzaufsicht besitzt. Um ihre Dienstleistungen erbringen zu dürfen, müssen solche Unternehmen bei der Aufsichtsbehörde ihres Mitgliedstaats einen Antrag auf Zulassung stellen, der u.a. einen Geschäftsplan, Darlegungen zur Unternehmensführung, Nachweise über die Zuverlässigkeit und Eignung der Mitglieder der Leitungsorgane, die Zuverlässigkeit der bedeutenden Gesellschafter, Darlegungen zur internen Kontrolle und zu den IT-Systemen und die sonstigen in Art. 62 Abs. 2 MiCAR aufgelisteten Informationen enthalten muss.

Verweigert wird die Zulassung beispielsweise, wenn das Leitungsorgan den Anbieter der Kryptowertedienstleistungen einem schwerwiegenden Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung aussetzt. Außerdem kann die Zulassung auch nach den Kriterien des Art. 64 MiCAR wieder entzogen werden.

Sobald einem Kryptowertedienstleister die erforderliche Erlaubnis erteilt worden ist, darf er in der gesamten EU tätig werden (sogenannter EU-Passport).

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Erlaubnisfreiheit für Wertpapierinstitute
Kreditinstitute, Zentralverwahrer, Wertpapierfirmen, Marktbetreiber, E-Geld-Institute, OGAW-Verwaltungsgesellschaften und Verwalter alternativer Investmentfonds sind für alle oder für einzelne Kryptowertedienstleistungen von einer Erlaubnis oder Zulassung ausgenommen. Diese müssen die zuständige Behörde jedoch 40 Arbeitstage vor Erbringung der in die Freistellung fallenden Kryptowertedienstleistungen benachrichtigen.

Hierdurch wird deutlich, dass die EU-Finanzmarktregulierung und die MiCAR grundsätzlich zwei Seiten derselben Medaille darstellen; ein erneuter Erlaubnisantrag bleibt den bereits nach „klassischem“ Finanzmarktaufsichtsrecht zugelassenen Dienstleistern erspart. Allerdings muss die Benachrichtigung – trotz Freistellung – dennoch umfangreiche Informationen enthalten (zum Geschäftsplan, zur internen Kontrolle, zu IT-Systemen, zur Trennung von Kryptowerten und anderen Geldern etc.).

Zudem gilt eine Ausnahme von der Erlaubnispflicht, wenn die Dienstleistung aus einem Drittstaat angeboten und der Kontakt ausschließlich durch den Kunden hergestellt wird und nicht vom Dienstleister ausgeht. Dies hätte die MiCAR nicht ausdrücklich regeln müssen, weil es sich um die anerkannten Grundsätze der passiven EU-Dienstleistungsfreiheit handelt (Reverse Solicitation). Dies bedeutet allerdings zugleich, dass die Ausnahme der Reverse Solicitation nicht zur Verfügung steht, wenn Kunden in der EU gezielt angesprochen bzw. eigene Tätigkeiten beworben werden, was auch der ständigen Praxis der BaFin entspricht.

Dr. Matthias Terlau, GÖRG

Grandfathering für bestehende Kryptowertedienstleister
Für Kryptowertedienstleister, die ihre Dienste nach geltendem nationalem Recht bereits vor dem 30. Dezember 2024 erbracht haben, gilt ein gewisser Bestandsschutz. Unabhängig davon, ob ihre Tätigkeit bisher einer Erlaubnispflicht unterlag, dürfen sie ihre Dienste bis zum 1. Juli 2026 erbringen oder bis zu dem Zeitpunkt fortfahren, zu dem sie eine Zulassung oder Verweigerung der Zulassung erhalten, je nachdem, welcher Zeitpunkt zuerst eintritt. Diese Übergangsregelung ist jedoch nicht zwingend; die Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, ob sie hiervon Gebrauch machen oder nicht. Dies müssen sie der Europäischen Kommission und der ESMA bis zum 30. Juni 2024 mitteilen.

Dr. Tobias Riethmüller, GÖRG

Dr. Matthias Terlau ist Rechtsanwalt und Partner im Kölner Büro der GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB. Er berät vorwiegend zu bank- und zahlungsrechtlichen Fragen, insbesondere auch bei Kryptowährungen.

Dr. Tobias Riethmüller ist Rechtsanwalt und Partner im Kölner Büro der GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB. Er berät schwerpunktmäßig zur rechtlichen Strukturierung digitaler Finanzierungsplattformen und den Emissionen auf diesen Plattformen, einschließlich Kryptowertpapieren.