Horst Mantay, MSW GmbH: „Die Familie Penell hat über Jahre hinweg die Wertansätze in der Bilanz manipuliert!“

Horst Mantay, Geschäftsführer, MSW GmbH

Mit dem von der MSW GmbH erstellten Sanierungsgutachten, das von Penell selbst in Auftrag gegeben wurde, sollten „die wirklichen Werte sowie die Rahmenbedingungen einer etwaigen Fortführungsprognose der Penell GmbH“ genau untersucht werden. Im Ergebnis kam MSW zu der wenig überraschenden Erkenntnis, dass für den Elektronikversorger keine positive Unternehmens-Fortführungsprognose bestehe. Allerdings förderte das Gutachten weitaus Brisanteres zu Tage. Im Gespräch mit BondGuide zeichnet MSW-Geschäftsführer Horst Mantay das Bild von einem Unternehmen, das sich schon länger in einer tiefen Krise befand und offenbar nur durch dolose Praktiken und konsequentes Misswirtschaften seiner frühzeitigen Insolvenz entziehen konnte.

BondGuide: Herr Mantay, MSW war bei der inzwischen insolventen Penell GmbH als Sicherheitentreuhänder für die Anleihegläubiger bestellt. Was genau muss man sich darunter eigentlich vorstellen?
Mantay: Wir als Treuhänder sollten die Sicherheiten verwalten, die Penell den Anleihegläubigern zur Verfügung gestellt hatte. Wir hatten dabei keinen Prüfauftrag im engeren Sinne, sondern sollten entsprechend dem Treuhandauftrag „nur“ einmal wöchentlich die durch die Vertreter der Penell GmbH ermittelten Kupfergewichte mit einem Börsenwert versehen. Dieser Wert war in Euro umzurechnen. Die eigentliche Prüfungshandlung gemäß Wertpapierprospekt bestand darin, den ermittelten Kupferwert mit dem Wert der Anleihe zu vergleichen. Der Treuhandvertrag sah hierzu vor, dass der Kupferwert 125% des Anleihevolumens nicht unterschreiten dürfe. Die Ergebnisse dieser formalen Prüfung wurden wöchentlich zunächst von MSW an Penell und sodann vom Unternehmen an FERI EuroRating als mandatierte Ratingagentur übermittelt. In den wöchentlichen „Wertfeststellungen“ wurde stets festgehalten, dass MSW als Treuhänder weder am Zustandekommen der vorgelegten Kupfergewichte beteiligt war noch diesen Vorgang prüferisch begleitete.

BondGuide: Nach der Aufdeckung massiver Bestandsabweichungen im Penell-Warenlager wurde MSW mit der Aufarbeitung der Vorgänge im Wege eines Sanierungsgutachtens beauftragt – was förderten Ihre Untersuchungen zu Tage?
Mantay: Eine Fortführungsprognose konnte im Ergebnis unserer Arbeiten nicht gegeben werden. Durch die Familie Penell wurden über Jahre die Wertansätze in der Bilanz manipuliert. Mindestens im Geschäftsjahr 2014/15 wurden die Umsätze durch Scheinrechnungen aufgebläht. Der Organisationsgrad der Gesellschaft ist derart auf Frau Waldtraut Penell ausgerichtet gewesen, dass eine Teilnahme am Kapitalmarkt rückblickend von Anfang an als eher abenteuerlich zu bezeichnen war. In Anbetracht der Manipulationen durch die Urheber, die Familie Penell, sind allerdings auch die Tätigkeiten der Wirtschaftsprüfer, des langjährigen Steuerberaters, der Hausbank und der jeweiligen Emissionsbegleiter kritisch zu hinterfragen.

BondGuide: Wie lauten Ihre Ergebnisse in puncto Wertabweichung im Vorratsvermögen – konnte der vermeintlich verloren gegangene „Kupferschatz“ doch noch aufgefunden werden?
Mantay: Kurz gesagt: Nein, der Kupferschatz konnte „nicht gefunden“ werden! Insofern betrug die Wertabweichung in Bezug auf das Gesamtwarenlager zuletzt volle 7,5 Mio. EUR.

BondGuide: Die drängendste Frage lautet nun: Wie war es möglich, dass ein offenbar schon bei Emission der Unternehmensanleihe irriger Lagerbestand auch im Nachhinein so lange unentdeckt bleiben konnte?
Mantay: Die Penell GmbH war prüfungspflichtig. Insoweit hätten Manipulationen am Vorratsbestand im Rahmen der gesetzlichen Jahresabschlussprüfung aufgedeckt werden müssen. Daneben gab es einen Steuerberater, der die Jahresabschlüsse erstellte. Auch dieser hätte bei Erstellung der Bilanz auf besagte Fehler stoßen können. Zum Bilanzstichtag am 31. März 2014 gab es eine durch den Steuerberater erstellte Bilanz, die ein Vorratsvermögen von etwa 9 Mio. EUR auswies. Aus der im Sommer 2014 laufenden Jahresabschlussprüfung gab es keine Hinweise durch die Abschlussprüfer, dass dieser Wert nicht den realen Größenordnungen des Vorratsvermögens entspräche. Auch hätte man annehmen können, dass im Rahmen des Ratingprozesses der Wert der Sicherheiten eine Rolle hätte spielen müssen.

BondGuide: Für wie werthaltig erachten Sie in diesem Zusammenhang die Sicherungsübereignung des Warenlagers an die Anleihegläubiger?
Mantay: Das Warenlager hatte zum 31. Dezember 2014 einen Einkaufswert von etwa 2,3 Mio. EUR. Als ein Ergebnis unserer Arbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung des Sanierungsgutachtens im Januar 2015 mussten wir feststellen, das möglicherweise die DZ Bank im Rang vor den Anleihegläubigern Anspruch auf das Vorratsvermögen haben könnte. Da der DZ Bank nicht nur das Warenlager als Sicherheit eingeräumt wurde, können wir derzeit nicht beurteilen, ob die Bank die Sicherheiten aus dem Vorratsvermögen in Gänze benötigt.

logoBondGuide: Können Sie den geprellten Bondholdern eine Handlungsempfehlung geben, was sie ihrerseits angesichts dieser Fakten jetzt bestenfalls tun können?
Mantay: Ich kann den Anleihegläubigern nur empfehlen, ihre Interessen möglichst zu bündeln und gemeinsam Ansprüche geltend zu machen, die nicht Masseforderungen des Insolvenzverwalters sind. Ich denke da beispielsweise an die Hausbank, die die Anleihegläubiger wissentlich nicht darüber informiert hat, dass sie die Sicherheiten nicht erstrangig übertragen kann. In unseren Unterlagen finden sich genügend Daten, die diesen Prozess auf Schadensersatz aber auch die mögliche Geltendmachung anderer etwaig bestehender Ansprüche nicht als von vornherein vergeblich erscheinen lassen.

BondGuide: Herr Mantay, besten Dank für die aufschlussreichen und zugleich tiefblickenden Erkenntnisse!

Das Interview führte Michael Fuchs.


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