Goldman Sachs Asset Management: Niedrige Zinsen sind nicht gleich niedrige Renditen

Von Ashish Shah, Co-CIO des Fixed Income- und Liquidity Solutions-Teams bei Goldman Sachs Asset Management

Fast schon ein Allgemeinplatz: Die Zinsen sind aus historischer Sicht niedrig. Sie werden es bleiben – was die Nachfrage nach variabel verzinslichen Anlagen wie Leveraged Loans, auch Bank Loans genannt, belastet hat. Allerdings: Wir sind der Ansicht, dass Bank Loans trotz des niedrigen Zinsniveaus interessante Unterscheidungsmerkmale mit attraktiven Vorzügen bieten. Im aktuellen Umfeld erkennen wir fünf gute Gründen für Bank Loans – ein Kurzüberblick:

1. Niedrige Zinsen sind nicht gleich niedrige Renditen.

2. Die Bewertungen bieten eine attraktive Entschädigung für das Kreditrisiko.

3. Bank Loans haben eine vorteilhafte Position in der Kapitalstruktur, weil sie vorrangig besichert sind.

4. Die Dynamik von Angebot und Nachfrage ist günstig.

5. Bank Loans warfen in der Vergangenheit herausragende risikobereinigte Renditen ab.

Niedrige Zinsen sind nicht gleich niedrige Renditen

Die Kupons von Bank Loans haben zwei Komponenten: einen kurzfristigen variablen Zinssatz plus einen zusätzlichen Renditeaufschlag, der für das Kreditrisiko entschädigt. Die kurzfristigen Zinsen befinden sich zwar nahe ihrer historischen Tiefstände – aber viele Bank Loans haben eine Untergrenze für diese Renditekomponente, was in einem Niedrigzinsumfeld Vorteile hat. Aktuell gelten bei mehr als einem Drittel der Emittenten LIBOR-Untergrenzen (normalerweise 1%). Die Zahl wird unseren Erwartungen zufolge höher tendieren, denn die meisten Neuemissionen kommen mit Untergrenzen um 0,75 bis 1% an den Markt.

Attraktive Bewertungen

Die Spreads bei Bank Loans befinden sich fast auf ihren jüngsten historischen Hochständen. Das zeigt, dass Anleger angesichts der COVID-bedingten Wirtschaftsschwäche über das Ausfallrisiko besorgt sind. Die Zahlungsausfälle werden zwar voraussichtlich steigen. Doch wir sind der Ansicht, dass die aktuellen Spreads Anleger angemessen für das tatsächliche Kreditrisiko von Bank Loans entschädigen. Unserer Meinung nach bieten Bank Loans daher insgesamt attraktive Renditen und einen überzeugenden Einstiegspunkt. Denn: Das sich verbessernde Wirtschaftswachstum könnte zu niedrigeren Spreads führen und Anlegern in Bank Loans somit Veräußerungsgewinne ermöglichen.

Vorteilhafte Position in der Kapitalstruktur

In der Vergangenheit wiesen Bank Loans niedrigere Ausfallraten und höhere Recovery-Rates auf, weil sie in der Kapitalstruktur vorrangig sind. In der Regel sind Bank Loans erstrangig durch das Vermögen des Kreditnehmers besichert, sodass sie im Insolvenzfall zuerst bedient werden. Dadurch reduzieren sich besonders in Zeiten von Marktunsicherheit die Volatilität und das Kreditrisiko. Zudem ist der Bank-Loan-Markt nicht so stark dem Energiesektor ausgesetzt wie der Markt für Hochzinsanleihen. Angesichts des erhöhten Ausfallvolumens und Recovery-Rates von fast null im Energiesektor ist das geringere Engagement in diesem Sektor positiv für Bank Loans.

Günstige Dynamik von Angebot und Nachfrage

Die aktuelle Dynamik von Angebot und Nachfrage ist günstig für Bank Loans. Der Mangel an Neuemissionen hat die Performance am Sekundärmarkt beflügelt. Dieses Jahr war die Emissionstätigkeit so niedrig wie seit 2012 nicht mehr – und die Rückzahlungen sind gestiegen. Somit ist das Nettoangebot in diesem Jahr niedriger, wodurch sich das Wachstum des Markts verlangsamt hat. Auf der Nachfrageseite nimmt die Nachfrage von Collateralized Loan Obligations (CLOs) nach Bank Loans zu, was die anhaltenden, aber sich abschwächenden Abflüsse aus der Anlageklasse zum Teil wieder wettmacht. Zudem konnten wir bessere Konditionen bei Bank Loans beobachten, wie die oben beschriebenen LIBOR-Untergrenzen sowie Ausgabeabschläge (Original Issue Discounts, OIDs) mitsamt strengeren Dokumentationsvorschriften.

Herausragende risikobereinigte Renditen

Bank Loans haben in der Vergangenheit herausragende risikobereinigte Renditen abgeworfen. Sie wiesen in den vergangenen zehn Jahren das höchste Sharpe Ratio verglichen mit Hochzinsanleihen, Investment-Grade-Anleihen, 10-jährigen US-Staatsanleihen und dem S&P 500 auf. Das ist der niedrigen Preisvolatilität der Anlageklasse zu verdanken. Zu den wichtigsten Faktoren für die niedrige Volatilität gehören die Präsenz und das Wachstum von CLOs am Markt. CLOs sorgen für Preisstabilität am Bank-Loan-Markt, weil sie meist nach einem „Buy and Hold“-Ansatz gekauft werden und einen Anreiz bieten, eine höhere Bonität beizubehalten. Kommen wir zum Nenner. In der Vergangenheit haben Bank Loans in Risk-off-Phasen Hochzinsanleihen gemessen an der Überschussrendite übertroffen. Sie korrelieren in der Regel wenig mit anderen Anlageklassen. Durch die Diversifizierung eines Portfolios mit Positionen in Bank Loans können Anleger daher zu niedrigerer Volatilität wechseln – und möglicherweise höhere Überschussrenditen erzielen.

Fotos: @GSAM