
Zwei Jahre Prozess in Schwerin um German Pellets, Ausgang unbefriedigend: Trotz eingeräumter Insolvenzverschleppung und Anlagebetrug kommt Leibold davon – auf Bewährung.
Dem Teilgeständnis vorausgegangen war ein Kuhhandel der Prozessbeteiligten – BondGuide berichtete Mitte Januar über den absehbaren Ausgang. Peter Horst Leibold, bis 2016 Geschäftsführer der German Pellets, wird offenbar nur eine milde zweijährige Strafe bekommen, ausgesetzt zur Bewährung.
Eine Frage der Definition also. Die ist auch, wann German Pellets Insolvenz hätte beantragen müssen. Wie wir uns erinnern: Anfang 2016 sollten gar noch weitere Anleihegelder eingeworben werden.
Ein Gutachten legte den Eintritt der Insolvenzpflicht des vermeintlichen Weltmarktführers für Holz-Pellets auf Mitte November 2015 fest. Alles, was im Vorfeld stattfand – nicht gerade wenig –, fällt damit unter den Tisch. Es ist juristisch offenbar folgerichtig, im Vorfeld einer drohenden Insolvenz Umgehungs- und Verschleierungstaten begehen zu müssen, als ob sie dazugehörten. Eigentlich wollte die Staatsanwaltschaft das Insolvenzdatum auf Mitte März 2015 festmachen, war damit jedoch in der Beweispflicht. Verschleierung und Umgehung waren demnach hinreichend erfolgreich. Alles natürlich nur ‚mutmaßlich‘, da jetzt ja außen vor.
Rund eine Viertel Milliarde Euro hatte German Pellets u.a. über Anleihen eingesammelt. Nur über einen Bruchteil davon wurde überhaupt in Schwerin verhandelt. 17.000 desillusionierte Investor:innen gingen nach der Insolvenz fast vollständig leer aus. Die noch Anfang 2016 versuchte Emission einer Refinanzierungsanleihe fällt damit unter Anlagebetrug, wie ja auch von Leibold im Rahmen des Kuhhandels (=’Deals‘) eingeräumt – was ganz offenbar nicht sonderlich strafbewährt ist in Deutschland.
Fairerweise muss man hinzufügen, dass die SdK schon im Sommer 2015 hinlänglich öffentlichkeitswirksam in ihrem Artikel ‚Alles verheizt‘ vor weiteren Investitionen in den ‚Weltmarktführer‘ aus Wismar warnte. Anleger wollen idR aber nicht wahrhaben, was einfach nicht sein darf. Bei der praktisch zeitgleich implodierten KTG Agrar war es verblüffend ähnlich.
Dessen ehemaliger Kopf Siggi Hofreiter sitzt heute allein deshalb in U-Haft, da er sich in den vergangenen neun Jahren mit mutmaßlich zwei weiteren und mutmaßlich abermals betrügerischen Insolvenzen zurück auf den Radar der Verfolgungsbehörden spielte. Leibold ist jetzt 67 – also mal schauen, was da noch kommt.
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