Gastgewerbe : „Den europäischen Branchenführer für Restauranttechnologie kreieren“

Das Gastgewerbe war in Folge der Corona-Pandemie und ihren Lockdowns praktisch totgesagt. Jetzt wissen wir: Das Leben geht doch weiter. Die Branche konsolidiert, muss sich aber auch dringend reformieren – und professionalisieren. BondGuide sprach mit Experte Edward Hughes über Gastronomie als Investment-Thema.

BondGuide: Herr Hughes, das Gastgewerbe hat in der Corona-Zeit stark gelitten. Inwiefern hat sich die Gastronomie verändert, speziell auch aus Ihrer Perspektive als Investor in diesem Sektor?
Hughes: Wir glauben, dass die Pandemie ein echter Katalysator für die Digitalisierung des Gastgewerbes gewesen ist. In vielen Restaurants kam es zu einer Welle der Digitalisierung, weil sie gezwungen waren, eine Online-Präsenz aufzubauen und neue Technologien einzuführen. Darauf hat Zenchef in Frankreich beispielsweise sehr schnell reagiert. Das Unternehmen hat eine Click-and-Collect-Lösung entwickelt, die es Restaurants ermöglichte, während des Lockdowns weiterzuarbeiten und die Schließung ihrer Türen zu vermeiden.

BondGuide: Stellen sich Gastronomen denn auch kritisch unter die Lupe?
Hughes: Die Krise hat viele Gastronomen dazu veranlasst, ihr Geschäft neu zu evaluieren und die wirtschaftlichen Aspekte ihres Restaurantbetriebs stärker zu berücksichtigen. Durch die Digitalisierung des Restaurantbetriebs entsteht eine Reihe von Vorteilen: Etwa eine bessere Kostenkontrolle oder eine Optimierung der Personalauslastung, was unter Anbetracht der steigenden Inflation und des vorherrschenden Fachkräftemangels zunehmend wichtiger wird. Aber auch die Maximierung der Restaurantkapazität oder Hinterlegung von Kreditkartendaten bei der Buchung, um das Nichterscheinen von Gästen zu vermeiden, sind weitere Vorteile, die sich durch die Digitalisierung erreichen lassen.

BondGuide: Es hieß doch immer – ähnlich wie bei Fluggesellschaften –, aus Branchen, in denen die Margen derart klein sind, hält man sich als Investor besser heraus. Oder hat Corona zu einer Konsolidierung geführt?
Hughes: Es stimmt, dass es einen Konsolidierungstrend im europäischen Gastgewerbe gibt und das Vereinigte Königreich ist das beste Beispiel dafür. Länder wie Deutschland und Frankreich liegen auf der Konsolidierungskurve allerdings noch weiter zurück. Daher sehen wir hier eine große Chance: Restaurantketten werden fortschrittlichere Softwarelösungen benötigen, um ihr Tagesgeschäft unter zunehmender operativer Komplexität zu verwalten. Wir stehen noch ganz am Anfang der Digitalisierung, da die meisten Restaurants ihre Abläufe nach wie vor mit Stift und Papier verwalten. Nehmen wir Frankreich als Beispiel: Von den rund 145.000 Restaurants in Frankreich nutzen heute weniger als 20% eine digitale Lösung.

BondGuide: Im Kern also Effizienzsteigerung?
Hughes: Durch die Automatisierung bestimmter Prozesse wie Bestellung, Bezahlung und Lagerverwaltung können Restaurants ihre Fixkosten senken und ihre Gewinnmargen erhöhen. Wir glauben, dass der Einsatz von Softwarelösungen in einer solchen Branche noch wichtiger wird und zu Effizienzsteigerung, höherer Kundenzufriedenheit und letztlich zu höheren potenziellen Gewinnen führen kann.

BondGuide: Wie sehen Sie den Zusammenschluss zweier bekannter Namen wie Formitable und der schon erwähnten Zenchef vor diesem Hintergrund – passt er in Ihr Bild der Branche?
Hughes: Wir glauben, dass der Zusammenschluss von Zenchef und Formitable gut in diese Kulisse passt. Unser Ziel ist es, durch die Kombination von zwei der fortschrittlichsten Produkte auf dem Markt den europäischen Branchenführer für Restauranttechnologie zu kreieren. Während unseres Prüfungsprozesses haben wir festgestellt, dass die beiden Unternehmen die gleiche DNA und Vision teilen und als gemeinsames Ziel haben, die beste Software für Restaurants zu entwickeln. Der Zusammenschluss wird es beiden Unternehmen ermöglichen, ihre komplementären Softwarelösungen gegenseitig zu nutzen, die Produktentwicklung zu beschleunigen und Best Practices innerhalb der gemeinsamen Gruppe zu teilen.

BondGuide: Was bedeutet denn ‚Digitalisierung‘ des Gastgewerbes in diesem Zusammenhang? Als Laie kann ich mir da praktisch gar nichts drunter vorstellen.
Hughes: Heutzutage müssen sich viele Restaurants mit einer Vielzahl von Softwarelösungen wie PoS-, Front-of-House- und Back-of-House-Programmen auseinandersetzen, was die Instandhaltung der IT-Infrastruktur zu einem operativen Alptraum macht. Restaurantchefs wünschen sich einfach zu bedienende Produkte, die alle Funktionen in einer Software vereinen. Schließlich wollen sie sich auf ihr Brot-und-Buttergeschäft – das Kochen – konzentrieren können. Ich glaube, dass es in den nächsten Jahren eine Entwicklung hin zur Integration von Gastgewerbesoftware geben wird. Die Konsolidierung von Front-of-House-Produkten wie Online-Buchungen, Treueprogrammen und PoS, aber auch von Back-of-House-Software wie Personal- und Lagerverwaltungs-Software ist der Weg in die Zukunft.

BondGuide: Aber ist dieser Katalysator der Entwicklungen lediglich unseren multiplen Krisen der Jahre 2020-22 geschuldet – und daher ggf. nur sehr kurzfristig – oder ist es eine wirtschaftliche Notwendigkeit?
Hughes: Wir gehen davon aus, dass sich der Digitalisierungstrend fortsetzen und in Zukunft weiter beschleunigen wird. Dies gilt insbesondere für die Art und Weise, wie Restaurants den Überblick über ihre Kunden behalten und mit ihnen interagieren. Ich glaube, dass Restaurants künftig anhand datengesteuerter Entscheidungen geführt werden. Restaurantbesitzer werden gesammelte Informationen analysieren, um ihre Kunden besser zu verstehen und ihre Bedürfnisse zu antizipieren.

Edward Hughes

BondGuide: Herr Hughes, vielen Dank für Ihre Insights!

Interview: Falko Bozicevic

*) Edward Hughes ist Managing Director bei PSG Equity, London

Fotos: @Formitable

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