Exklusivinterview mit Kian Guan Goh, Chiho-Tiande / Scholz: „Es gibt viel zu lernen von den Deutschen“

BondGuide: Und die unterschiedlichen Kulturen?
Goh: Ja, ein weiterer wichtiger Faktor ist die Kultur. Europa ist nicht ein einziges Land, sondern besteht vielmehr aus verschiedenen Kulturen und Ansätzen. Der Großteil der Mitarbeiter von Scholz wird China noch nicht bereist und kein tiefes Verständnis der chinesischen Kultur haben. Man muss in der Lage sein, sich in die Menschen vor Ort versetzen zu können. Das Team muss die Sprache der Angestellten sprechen – im wörtlichen, wie im übertragenen Sinne. In diesem Zusammenhang ist Transparenz für alle Beteiligten wichtig. Man muss auf allen Ebenen offen und adäquat kommunizieren, um die Leute abzuholen und sie für das gemeinsame Ziel – in unserem Fall die gemeinsame Zukunft von Scholz und CTG – zu begeistern.

„Basierend auf vereinzelten schlechten Erfahrungen haben europäische Marktteilnehmer teilweise noch immer Vorbehalte gegenüber chinesischen Investoren“

BondGuide: Und der Deal selbst, wie kam CTG zum Zuge?
Goh: Aus einer Deal-Perspektive war es entscheidend, die Dynamik der Transaktion zu verstehen, da es eine Distressed-Situation war und sich das Unternehmen in einer doppelseitigen Treuhänderschaft befand. Gerade hier war es sehr wichtig die Bedürfnisse beider Seiten zu begreifen, denn diese unterschieden sich sehr und benötigten eine überlegte Herangehensweise. Zusätzlich war es wichtig, Entschlossenheit und Schnelligkeit zu demonstrieren. Basierend auf vereinzelten schlechten Erfahrungen haben europäische Marktteilnehmer teilweise noch immer Vorbehalte gegenüber chinesischen Investoren, besonders wenn es um die Themen Kapitaltransfer und Transaktionssicherheit geht. CTG hingegen konnte während der Verhandlungen jeden Meilenstein rechtzeitig oder sogar früher als geplant erreichen und dadurch allen Stakeholdern das nötige Vertrauen bieten.

BondGuide: Inwieweit wird sich CTG als neuer Gesellschafter in das hiesige Management vor Ort involvieren?
Goh: CTG ist ein strategischer Investor, der selbst eine Branchenexpertise mitbringt. Wir schauen daher nicht nur wie Finanzinvestoren auf die Bilanz und beraten bei Finanzierungs- und Investitionsfragen. Wir engagieren uns in einem gewissen Umfang auch operativ. Hier ist beispielsweise ein Austausch von Ingenieuren und Experten zwischen CTG und Scholz sowie vice versa geplant. Aber auch in der Geschäftsführung der Scholz Recycling GmbH arbeitet mit Henry Qin künftig ein Repräsentant der CTG mit an der Neuaufstellung der Scholz Gruppe. Der Anteilseigner hat eine klare Strategie und wird sich auf ein überwiegend deutsches Management-Team verlassen, um die Strategie zu erfüllen und Scholz in die Zukunft zu führen.

„Chiho-Tiande wird in der Geschäftsführung von Scholz mitwirken, aber sich trotzdem auf ein überwiegend deutsches Management-Team verlassen“

BondGuide: …und welches wäre das in kurzen Worten?
Goh: Die vergangenen Jahre der Restrukturierung haben viel Zeit und Energie des Managements von Scholz verbraucht. Mit dem Abschluss dieses Kapitels, dem neuen Management-Team, bestehend aus alten und neuen Köpfen, liegt der Fokus nun auf dem Geschäft, den Kunden und den Mitarbeitern, um aus dem derzeitigen Unternehmen die „neue“ Scholz Gruppe zu formen. Nur dann wird Scholz seine Relevanz in diesem umkämpften Markt behaupten können.

Interview: Falko Bozicevic

*) Eine kürzere Fassung erschien in der Ausgabe China M&A Oktober 2016 des GoingPublic Media Verlags.

Kian Guan Goh ist Chief Investment Officer und General Manager des Investment & Development-Bereichs der chinesischen Chiho-Tiande Group. Zuvor war Goh u.a. bei der USUM Group, BNP Paribas und Singapore Telecom.