EXKLUSIV: SIAG – Fortführung des Geschäfts möglich

Die sich in „vorläufiger Eigenverwaltung“ befindliche SIAG Schaaf Industrie AG lud am Mittwoch zu einer ersten Gläubigerversammlung ihrer Anleiheinvestoren. Ziel war die Wahl eines sogenannten „gemeinsamen Vertreters“, der die Interessen der Anleihegläubiger auf folgenden Sitzungen vertritt. Fazit: So schlecht scheint es gar nicht auszusehen für den Windkraftanlagenzulieferer.

Dazu fanden sich rund zwei Dutzend Anleihegläubiger mit Nominalanteilen von schätzungsweise zwischen 2 und 2,5 Mio. EUR in einer Grundschulsporthalle in Dernburg bei Montabaur ein. Eine Tochtergesellschaft hat in Dernburg ihren Produktionsstandort. Platziert wurden waren im Juli letzten Jahren zwischen 12 und 15 Mio. EUR. Es ist bereits ein Kuriosum dieser Anleiheemission, dass die genaue Zahl sich bisher nicht ermitteln ließe, sagen übereinstimmend Gericht und die sogenannten Sachwalter.

Gläubiger sollten mit einer Stimme sprechen
Der vom Amtsgericht Montabaur bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jan Markus Plathner von der Kanzlei Brinkmann & Partner war zwar nicht persönlich vor Ort, ließ sich jedoch vertreten. Obwohl nicht obligatorisch, gaben die Sachwalter im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktuelle Wasserstände vom laufenden Insolvenzverfahren bekannt und beantworteten geduldig zahlreiche Fragen, die meisten davon redundant. Ziel ihrer Bemühungen sei jedoch nicht, Schuldige zu ermitteln, sondern einzig den fortlaufenden Betrieb – der sowohl möglich sei als auch im Interesse praktisch aller Beteiligten stünde – durch Vermittlung der diversen Interessengruppen zu gewährleisten. Zahlreiche Fragen renitenter Anleger (Verwendung des Emissionserlöses etc.) zielten daher ins Leere, waren an die falschen Personen adressiert bzw. auf der Veranstaltung ohnehin fehl am Platze. Die eigentliche Gläubigerversammlung, bei der es um mindestens 60 Mio. EUR Gesamtforderungen sowie nochmals die gleiche Höhe an Eventualverbindlichkeiten geht, findet am 25. Juli beim Amtsgericht Montabaur statt.

SIAG stellte aufgrund „angespannter Liquiditätslage“ am 19. März einen Insolvenzantrag. Das Unternehmen beschäftigt 440 Mitarbeiter, in der gesamten Gruppe sogar rund 1.800. Kompliziert macht das Verfahren, dass einzelne Tochtergesellschaften sowie Auslandsgesellschaften gar nicht oder nur bedingt unter das Verfahren der Mutter-AG fallen. So wurde die Nordseewerke-Tochter bereits ausgegliedert (Wert „ein Euro“), kann aber so ihre Produktion fortsetzen und damit wichtige Produktionsaufträge an andere SIAG-Töchter gewährleisten.

Es läuft wieder – bzw. noch
Zumal sich die meisten SIAG-Werke „in Vollauslastung“ befänden, wie von den Beteiligten zu erfahren war, die aktuelle Liquiditätslage sei „ausgeglichen stabil“. Dies mache die Beteiligten zuversichtlich, dass tatsächlich eine Sanierung in Eigenverwaltung durchgeführt werden könne, statt auf eine Liquidierung hinzuwirken, bei der nicht nur sämtliche Gläubiger, sondern sicherlich auch zahlreiche Arbeitsplätze zu leiden hätten. Darüber wird am 25. Juli fortfolgend befunden.

Fazit
Eine Frage konnte auf der Gläubigerversammlung jedoch nicht beantwortet werden: Ob Anleihegläubiger je ihr Geld wiedersehen, und wenn ja: wie viel. Ihre 12 bis 15 Mio. EUR befinden sich in der Gesamtmasse besagter 60 bis 70 Mio. EUR. Im Falle einer Fortführung des laufenden Betriebs sollten die Aussichten auf Erholung zumindest nicht schlecht stehen.

Falko Bozicevic