Emerging-Markets-Anleihen in Hartwährung können Rendite von Unternehmensanleihen übertreffen

Auf der Suche nach Rendite kann sich ein Blick in risikoreiche Anleihesegmente lohnen: Anleihen aus Schwellenländern in Hartwähung erzielen derzeit im Durschschnitt höhere Srreads als Unternehmensanleihen. Von Marvin Loh, Senior Multi Asset Stratege, State Street Global Markets

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie haben weltweit zu offensiven Reaktionen der Zentralbanken geführt; fast überall wurden von ihnen die Zinssätze so weit wie noch nie gesenkt. Nach unseren Schätzungen wurden die Zinssätze seit März weltweit um 3.200 Basispunkte gesenkt, wobei drei Viertel davon auf die Schwellenländer entfielen und die Senkung in den Industrieländern bei 600 Basispunkten lag.

Da die Renditen in den entwickelten Märkten bereits vor der Pandemie niedrig waren, liegen sie jetzt entweder an der unteren Nullgrenze oder sogar weit im negativen Bereich. Darüber hinaus werden die Renditen aufgrund einer nur langsamen wirtschaftlichen Erholung und hoher Arbeitslosenzahlen auf absehbare Zeit niedrig blieben.

Das Streben nach Rendite

Wegen der mangelnden Renditen sehen sich Anleger nun auch in  risikoreicheren Bereichen des Anleihemarkts um, was insbesondere auch für Emerging-Markets- oder Schwellenland-Anleihen gilt. EM-Anleihen werden entweder von staatlichen Einrichtungen (wohl als Schuldtitel der öffentlichen Hand) oder von ausländischen Unternehmen ausgegeben. Diese Schuldtitel können wiederum in Landeswährung oder als Auslandstitel ausgegeben werden, die in einer Hartwährung, vorwiegend in US-Dollar, verkauft werden.

Der Bereich der Schwellenland-Anleihen ist in den letzten Jahrzehnten exponentiell gewachsen und macht laut Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bis zu 25% der gesamten globalen Verschuldung aus. Der Bereich an investierbaren Wertpapieren, der für Ausländer offen ist, macht nur einen Teil davon aus, bleibt aber mit 14 Bio. USD beträchtlich. Staatsanleihen in Landeswährung machen heute mit über 70% die überwiegende Mehrheit der EM-Anleihen aus; der Rest entfällt auf ausländische Unternehmens- und Staatsanleihen.

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Schwellenland-Anleihen verzeichneten im März wie die meisten Risikoaktiva erhebliche Verluste, haben sich aber seither wieder erholt, gefördert durch Zinssenkungen und Zentralbankliquidität. Die Renditen aus Schwellenland-Anleihen waren dennoch ungleichmäßig, wobei USD-Unternehmensanleihen aus Schwellenländern die größten Gewinne verzeichneten, gefolgt von USD-Staatsanleihen aus Schwellenländern, während Schwellenland-Anleihen in regionaler Währung um bis zu 450 Basispunkte zurückblieben. Im Jahresvergleich verzeichnen Hartwährungsanleihen positive Renditen, während die Regionalwährungsindizes weiterhin rote Zahlen schreiben.

Hartwährung als Kreditprodukt

Hartwährungstitel sind im aktuellen Umfeld gut geeignet, um gegenüber Staatsanleihen Spread-Einnahmen zu erzielen und gleichzeitig eine geringere Volatilität als Anleihen in Landeswährung zu haben. Der Barclays-Hartwährungsindex zeigt derzeit eine Durchschnittsrendite von 4% bzw. +350 Basispunkten gegenüber Schatzanleihen. Zum Vergleich: Rendite und Spread des Barclays-Index für Unternehmensanleihen liegen bei nur 2% /+135 Basispunkten bei einer vergleichbaren Laufzeit und einer durchschnittlichen Kreditverbesserung um 2 Prozentpunkte.

Quelle: State Street GM

Da es sich bei Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern im Wesentlichen um Kreditprodukte handelt, wird eine Suche nach Rendite, soweit sie über Unternehmensanleihen hinausgeht, ausländischen Schwellenland-Anleihen dort zugute kommen, wo es in den nächsten Jahren kaum dramatische Veränderungen bei den Renditen aus Staatsanleihen geben wird.

Anleihen in Landeswährung hinken EMFX hinterher

Angetrieben sind Schwellenland-Anleihen in Regionalwährung durch die Realrenditen, Verschiebungen in der Zinskurve und Veränderungen in der Währungsbewertung. Der Abwärtstrend beim US-Dollar kam den Schwellenlandwährungen nicht im gleichen Maße zugute wie den G-10-Währungen, wobei die breiten Schwellenland-Währungsindizes seit Mitte März weniger als die Hälfte der Abwährtsentwicklung des DXY erfasst haben. Eine weitere Entwertung des US-Dollar wird dazu beitragen, dass es bei Anleihen in Landeswährung zu Zugewinnen kommt, obwohl sich auch bei Hartwährungsanleihen der  Spread komprimierten dürfte, da sich die Kosten zur Finanzierung der ausländischen Verbindlichkeiten eines Landes mit seiner Währungskraft verbessern.

Marvin Loh, State Street Global Markets

Längeres Niedrigniveau sorgt für Rückenwind

Da uns die Niedrigzinsen wohl auf absehbare Zeit erhalten bleiben, werden sich die Anleger beim Versuch, zusätzliche Erträge zu erwirtschaften, weiter aus dem Risikobereich herausbewegen. Schwellenland-Anleihen bieten +200 Basispunkte mehr als die von Unternehmen sowie eine niedrigere Volatilität ohne Währungsrisiko gegenüber Anleihen in Landeswährung. Da sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie sowohl in den Industrie- wie auch in den Schwellenländern noch weiterentwickeln, gehen wir davon aus, dass die Anleger vorsichtig bleiben werden, auch wenn sie gezwungen sind, nach Renditen zu streben, was auch weiterhin eher für Anleihen in Hartwährung als in Regionalwährung spricht.