Drum prüfe, wer sich bindet – eine sorgfältige Kreditanalyse ist das A und O, Beispiel Vivendi

‚Pretty Woman‘ am Kapitalmarkt: Medienkonzern Vivendi in den Händen eines ‚Corporate Raiders – von Claus Tumbrägel, nordIX

Seit einiger Zeit beobachten wir die Entwicklung der Vivendi SE, der Muttergesellschaft der Universal Music Group. Der französische Medienkonzern befindet sich gerade in einem massiven Umbau. Hintergrund der Entwicklung sind die vom französischen Milliardär Vincent Bolloré angestoßenen Veränderungen, die darauf abzielen, stille Reserven und Bewertungspotentiale zu heben und durch geschickte Zu- und Verkäufe den Wert seiner Beteiligungen zu erhöhen.

Ähnlich spektakulär durchgeführt, wie es der von Richard Gere in ‚Pretty Woman‘ verkörperte sogenannte sog. Corporate Raider Edward Lewis tat. Das Engagement von Bolloré bei der Vivendi SE begann bereits 2011, als er sich das erste Aktienpaket an dem Unternehmen sicherte.

Im September 2021 brachte der Vivendi-Vorstand das von Bolloré angestrebte IPO der Universal Music Group (UMG), die viele internationale Künstler:innen wie z.B. Taylor Swift unter Vertrag hat, über die Bühne. Damit endete eine über 20 Jahre andauernde Beziehung zwischen den beiden Unternehmen.

Die Durchführung der Abspaltung war durchaus genial: Schon vor dem IPO vermittelte Bolloré eine 20%-Beteiligung von UMG an den chinesischen Tech-Konzern Tencent. Der Verkaufspreis für diesen Anteil indiziert, dass die UMG mindestens 30 Mrd. EUR wert sei. Im Hinblick auf das IPO war das ein starkes Zeichen.

Dies ist umso erstaunlicher, da der gesamte Vivendi-Konzern seinerzeit eine Marktkapitalisierung zwischen 31 und 37 Mrd. EUR auswies. Das Besondere an dem Börsengang von UMG war, dass Vivendi seine Anteile an UMG nicht einfach an der Börse verkaufte, sondern diese an seine Anteilseigner übertrug, von denen Bolloré der größte ist.

! Bitte anklicken zum Vergrößern ! Vivendi SE Credit Default Swaps: Versicherungsprämien auf einem erhöhten Niveau / Quelle: Bloomberg, nordIX AG

Mit diesem Schachzug war der Umbau des Konzerns aber bei weitem noch nicht abgeschlossen. Denn ‚nebenbei‘ läuft die Übernahme des Verlagskonzerns Lagadère, der sich sehr gut in die Vivendi-Geschäftsbereiche Creation, Publishing und Distribution einfügt, was viele Synergieeffekte verspricht.

Diese Entwicklungen hatten erhebliche Auswirkungen auf der Fremdkapitalseite. Es kam zu einem Auseinanderdriften der Bepreisung von Aktie, Anleihen und CDS: Während die Aktie profitierte, stiegen die Prämien für Kreditausfallversicherungen.

Während die potentielle Zahlungsunfähigkeit von Vivendi vorher eher unterdurchschnittlich im Vergleich zum Gesamtmarkt (iTraxx Europe CDS) bewertet wurde, hat sich seitdem ein Aufschlag zum Marktdurchschnitt entwickelt. Dies ist aus Kreditgebersicht durchaus nachvollziehbar, denn das Abstoßen eines Geschäftsbereichs, der für gut 45% des Umsatzes und für 82% des Konzernergebnisses verantwortlich ist, verschlechtert die Risiko-Situation der Fremdkapitalgeber. Darüber hinaus ist nicht eindeutig, welche weiteren Schritte Bolloré für Vivendi geplant hat.

Das Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass es nicht nur von Vorteil ist, ein tiefes Verständnis über das zugrundeliegende Geschäftsmodell und die Fundamentaldaten des Unternehmens zu haben. Vielmehr wird deutlich, wie wichtig eine gründliche Kreditanalyse, eine ganzheitliche Betrachtungsweise des analysierten Unternehmens und dessen strategischer Positionierung ist, um über ein Investment in Anleihen oder Kreditausfallversicherungen eines Emittenten zu entscheiden.

Claus Tumbrägel, nordIX AG

Vor dem Hintergrund der idiosynkratischen Treiber der Bonitätsverschlechterung der Vivendi SE stellt ein Engagement des defensiv ausgerichteten Creditfonds nordIX Treasury plus (DE000 A2DKRH 6), der das Ziel verfolgt, planbare Erträge zu erwirtschaften, weder über Anleihen noch eine Sicherungsgeber-Position auf den Medienkonzern eine Opportunität dar.