Dr. Thomas Berger, KTG Energie: „Ohne unsere Unternehmensanleihe hätten wir auf keinen Fall so stark wachsen können“

BondGuide sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden des deutschen Biogasanlagen-Marktführers KTG Energie über seine oft missverstandene Finanzierungsstruktur, Größenvorteile gegenüber der Konkurrenz und natürlich die derzeitigen Marktchancen.

Interview mit Dr. Thomas Berger, CEO, KTG Energie AG

BondGuide: Herr Dr. Berger, wenn KTG Energie mehr Finanzmittel zur Verfügung stünden, könnten Sie dann noch stärker wachsen?
Berger: Ja und Nein. Unser Projektgeschäft, also die Projektierung und Erstellung von Biogasanlagen, wurde durch die jüngste Änderung im EEG gebremst. Kurz: Die Politik hat den Ausbau der effizientesten erneuerbaren Energie gestoppt. Und das obwohl Biogas grundlastfähig, verlustfrei speicherbar und jederzeit und jeden Orts in Elektrizität umwandelbar ist. Die nächste Änderung im EEG sollte diese Vorteile wieder stärker gewichten. Jedenfalls ist es für uns aktuell attraktiver, bestehende und zum alten Preis vergütete Biogasanlagen hinzuzukaufen statt neue nach jüngster EEG-Regelung selbst zu entwickeln. Also ja, wir werden weiter wachsen und mit mehr Finanzmitteln können wir auch noch schneller wachsen.

BondGuide: Das betrifft aber nur die eine Säule Ihres Geschäfts.
Berger: Richtig. Davon unbenommen ist unsere Umsatzbasis von ca. 80 Mio. EUR, die gesetzlich garantiert ist. Wir haben derzeit 53 MW Biogasanlagen am Netz und sind damit Marktführer in Deutschland. Aufgrund der gesetzlich festgelegten Absatzgarantie für 20 Jahre zu festen Preisen ist der Betrieb von Biogasanlagen nicht nur attraktiv, sondern auch extrem gut skalierbar. Und im Übrigen gewissermaßen alternativlos, wenn man die klimapolitischen Ziele der Regierung im Hinterkopf behält.

Diesem Spargel geht es gut: Auf dem Hof Denissen (MeckPomm) wird Spargel auf beheizten Feldern angebaut – mit Wärme aus zwei Biogasanlagen. Quelle: EnviTec

BondGuide: Behält die Regierung selbst diese denn im Hinterkopf?
Berger: Leider nicht immer. Die Klimaziele wurden mit der letzten EEG-Revision unbemerkt von der Öffentlichkeit quasi vom Tisch geräumt. Hier kommt jetzt ein weiterer Pluspunkt beim Betrieb von Biogasanlagen ins Spiel, nämlich die Erzeugung von Wärme, neben der Produktion von Strom. Und: Eine größere Unabhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland wird in Zukunft eher mehr als weniger ein Thema werden. Schon heute ist erkannt, dass das aktuelle EEG ein Fehler war.

BondGuide: Im letzten Jahr haben Sie über10 MW hinzugebaut. Das ist immer noch beachtlich, Rechtslage hin oder her.
Berger: Ja, und damit haben alleine wir ein Fünftel des gesamtdeutschen Wachstums geschaffen. Das war richtig und wichtig. So haben wir die Rechtssicherheit und Planungssicherheit geschaffen, die unser Geschäftsmodell auszeichnet. Dazu gehört auch der Einsatz und die Refinanzierung der Anleihemittel. Sehen Sie selbst: Pro entwickeltem Megawatt knapp 5 Mio. EUR Investment bedeuten, dass wir im vergangenen Geschäftsjahr ca. 50 Mio. EUR investiert haben. Das ist das Volumen unserer im Herbst 2012 emittierten und voll platzierten Unternehmensanleihe. Nun sind wir dabei, diese Anlagen umzufinanzieren. Damit könnten wir die Anleihe nach der Umfinanzierung wieder aus freien Mitteln zurückzahlen. Umfinanzierung bedeutet dabei Folgendes: Das Projektgeschäft finanziert eine Bank nicht gerne, denn es gilt als risikobehaftet, muss Genehmigungsverfahren durchlaufen usw. Den Betrieb von fertigen, am Netz angeschlossenen Biogasanlagen versteht sie aber. Und den finanzieren Banken gerne, weil dieser laufende Betrieb aufgrund gesetzlich garantierter Cashflows über 20 Jahre Laufzeit hohe Sicherheiten bietet.

BondGuide: Ist das der Grund, warum Ihre Kreditaufnahme auch bei Banken zulegt, obwohl sie ja die Finanzmittel aus der Anleihe haben?
Berger: Genau das wurde mehrfach missverstanden. Um es deshalb nochmals klar zu sagen: Mit den Mitteln aus der Anleihe finanzieren wir das Projektgeschäft. Sind die Biogasanlagen fertig gestellt, übernehmen die Banken die Finanzierung des laufenden Betriebs. Dadurch steigen unsere Verbindlichkeiten dort aber mit halbem Zins und doppelter Laufzeit – und die Mittel aus der Anleihe werden wieder frei. Können wir die Anleihe aus dem Cashflow zurückzahlen? – ja. Könnten wir sie vorzeitig aus der Umfinanzierung zurückzahlen? – auch ja. Aber würden das unsere Investoren überhaupt gutheißen? – nein. Heute muss man schließlich für jede rentierliche Investition dankbar sein. Daher gibt es auf beiden Seiten überhaupt keinen Zwang.

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BondGuide: Die KTG Energie hat doch aber sicher nicht eine hochverzinste Anleihe als Goodie für Investoren laufen.
Berger: Natürlich nicht. Ich kann ganz klar sagen: Ohne die 2012 begebene Unternehmensanleihe hätten wir nicht so stark wachsen können. Das kann ich gar nicht genug unterstreichen. Wir hatten die juristische Lage und die Nöte der Hausbanken richtig analysiert, daher war die Anleihe genau das rechte Mittel zur rechten Zeit. Das war der Turbo für unser bisheriges Wachstum und wird uns auch in der Zukunft helfen.

BondGuide: Wieso kann KTG Energie Biogasanlagen effizienter betreiben als andere Anbieter?
Berger: Wir betreiben Biogasanlagen mit ca. 8.200 bis 8.400 Betriebsstunden im Jahr. Um profitabel zu sein, benötigt man rund 7.200 Betriebsstunden und der Durchschnitt in Deutschland liegt bei 7.400 Stunden. Da darf also nicht viel passieren. Zum einen haben wir durch unsere Marktgröße praktisch ständig ein bis zwei komplette BHKWs als mobilen Ersatz und können in Wartungsphasen die mobilen BHKWs anschließen. Das reduziert die Ausfallzeiten drastisch. Das wäre aber für kleinere Anbieter undenkbar, weil es mangels Skalierungseffekt zu teuer wäre. Daher sinken deren Jahresbetriebsstunden bei jedem Wartungs- oder Störfall erheblich. Zum anderen profitieren wir von unserer Muttergesellschaft KTG Agrar, so dass der Rohstoffinput das ganze Jahr über garantiert ist.

BondGuide: Wie wichtig ist das?
Berger: So wichtig, dass man das gar nicht überbetonen kann. Eine Biogasanlage kann nicht einfach auf Halblast laufen, wenn etwa die Auslastung nicht hoch genug ist. Eine Biogasanlage produziert entweder Volllast oder sie liegt still. Diese Verstoffwechselung der Rohstoffe zu optimieren und aus unserem Biogas einerseits Strom und andererseits Wärme zu produzieren, genau das ist unser Job.

BondGuide: Fühlen Sie sich im Kontext der vielerorts ja totgesagten Mittelstandsanleihen noch gut aufgehoben?
Berger: Es gefällt mir natürlich nicht sonderlich, dass diese Anlageform in einigen Medien als quasi toxisch tituliert wird. Das entspricht weder bei uns noch im Durchschnitt dem realen Sachverhalt. Deshalb: ja, wir fühlen uns beeinträchtigt von diesem Image. Aber wir sind von unserem Geschäftsmodell überzeugt. Und genau das wollen wir unseren Investoren vermitteln.

BondGuide: Herr Dr. Berger, besten Dank für die interessanten Insights!

Das Interview führte Falko Bozicevic.

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