Benchmarks für Anleihen – Messlatte oder Gehhilfe?

Marktindizes sind von Natur aus ineffizient. Diese Tatsache stellt Fondsmanager, die sich zum Vergleich von Performance und Risiken zu stark auf Benchmarks verlassen, vor ein Problem. Als Vermögensverwalter unterstützen wir Kunden, bestimmte Investmentziele zu erreichen, indem wir erwartete Ergebnisse und Renditen liefern. Diese Ergebnisse sind nicht unbedingt an einen Vergleichsindex gebunden. Trotzdem sind Benchmarks eine nützliche Messlatte, um den Erfolg von Fondsmanagern ablesen zu können. Von Josh Lohmeier, Head of North American Investment Grade Credit bei Aviva Investors

Ein Weg, wie Investoren und Fondsmanager Vergleichsindizes zur Performancemessung nutzen, ist die Messung vom Tracking Error oder wie stark die Rendite eines Portfolios über einen bestimmten Zeitraum von der Benchmark abweicht. Allzu oft gilt der Tracking Error als das Risiko, das ein Manager auf sich nimmt, um die Anlageziele des Portfolios zu erreichen. In Wirklichkeit misst diese Kennzahl allerdings das Abweichungsrisiko des Portfolios gegenüber der Zusammensetzung des Vergleichsindex. Angezeigt wird also, ob das Portfolio mehr oder weniger riskant ist als die Benchmark.

Der Tracking Error bewertet, um wie viel und an welcher Stelle die Portfolios der aktiven Manager von der Benchmarkallokation abweichen. Einige Vermögensverwalter stützen sich jedoch so stark auf den Tracking Error, dass er nicht mehr als Messlatte, sondern viel mehr als Gehhilfe dient. Statt sich auf ihre eigenen Ideen zu verlassen und mit Überzeugung zu investieren, lassen sich diese Fondsmanager aus Angst, zu weit von der Benchmarkrendite abzuweichen, viele Entscheidungen bezüglich des Portfolios von einer externen Kennzahl diktieren.

Der Tracking Error kann eine nützliche Überprüfung von Portfolioabweichungen zur gewählten Benchmark sein, doch darf man die Grenzen dieses Instruments nicht vergessen. Anleiheinvestoren sollten zusätzliche Kennzahlen für die Messung und Risikoallokation bei ihrer Portfoliostrukturierung entwickeln: Kennzahlen, die weniger vom Tracking Error abhängen und sich mehr auf die Volatilität des Portfolios konzentrieren.

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Das Ziel verfehlt
Die Ineffizienz der Anleiheindizes, hauptsächlich bedingt durch die Größe und Struktur der Anleihemärkte, zählt zu den wesentlichen Herausforderungen der Anleiheinvestoren. Insbesondere in den USA werden Anleihen größtenteils außerbörslich gehandelt. Die Preisfeststellung ist also kompliziert und führt zu hohen Unterschieden bei Kursänderungen. Auch die Liquidität ist herausfordernd, vor allem im aktuellen Niedrigzinsumfeld. Anleiheinvestoren sorgten sich in den letzten Jahren infolge der quantitativen Lockerung nicht allzu stark um die Liquidität, weil die großen Zentralbanken in bestimmten Marktbereichen Anleihen im großen Umfang kauften. Stellen jedoch die US-Notenbank und andere Zentralbanken die wahllosen Anleihekäufe ein, dürfte die Ineffizienz der Marktindizes wieder deutlicher hervortreten.

Darüber hinaus haben Anleiheindizes mit einem Gewichtungsproblem zu kämpfen. In Aktienindizes, die nach Marktkapitalisierung gewichtet sind, wie etwa der S&P 500, hängt die Größe einer Aktie hauptsächlich vom Marktpreis ab. Die am höchsten bewerteten Unternehmen haben deshalb oft den größten Einfluss auf den Index. In Anleiheindizes hingegen hängt die Größe von den ausstehenden Schulden ab. Am höchsten gewichtet sind also Emittenten, die hochverschuldet sind bzw. viel Fremdkapital einsetzen. Das ist per se nicht unbedingt problematisch. Viele dieser Unternehmen können gut gemanagt sein und starke Bilanzen aufweisen, insbesondere im Investment-Grade-Markt. Dennoch sind höhere Schulden meistens mit höheren Risiken verbunden, weshalb der Umfang der Emissionen in Anleiheindizes möglicherweise Ineffizienzen verursachen kann.

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