BDT Media Automation: „Erstmals seit drei Geschäftsjahren wieder eine echte Wachstumsperspektive für die BDT“

Datenspeicherungs- und Druckersystemspezialist BDT Media Automation hofft nach drei Jahren endlich wieder auf ein reguläres Geschäftsjahr – und hat schlagende Argumente. 2024 gilt auch die Anleihe von 2017 refinanziert zu werden. BondGuide im Gespräch mit Geschäftsführer/CFO Dr. Holger Rath

BondGuide: Herr Dr. Rath, die BDT kam am 12. Juli mit durchaus ordentlichen Geschäftszahlen – aber der Vergleich mit dem Zeitraum 2020-22 ist wegen der durchgängigen Ausnahmesituation schwierig. Ordnen Sie die Zahlen doch bitte gern einmal in einen Gesamtkontext ein – wo steht die BDT da aktuell?
Rath: Wir haben durchaus spannende Jahre hinter uns, in denen wir massiv in Printprodukte investiert haben. Die realisierten Umsätze aus diesen neuen Produkten mit Kodak, Canon, Konica Minolta usw. blieben jedoch weit entfernt von den Prognosen – sicherlich auch im Zuge von Corona, aber nicht nur. Deshalb hatten wir uns schon vor der Pandemie dazu entschlossen, unsere Strategie in beiden Geschäftsbereichen auf ein ‚Cash-Cow-Modell‘ neu auszurichten. Vor diesem Hintergrund haben wir uns im Bereich Print Media Handling auf den Verkauf unserer bereits bestehenden Produkte an die Kodaks und Ricohs dieser Welt fokussiert. Im Bereich Storage Automation konzentrieren wir uns seit Anfang 2021 auf Cloud-Lösungen, die aktuell die Wachstumstreiber schlechthin sind. Wenn man sieht, wie Microsoft, SAP & Co. derzeit alle Kunden freundlich, aber bestimmt in Richtung Cloud führen, ist nicht mehr die Frage, ob man diesen Weg mitgeht, sondern nur noch wann. Umso erfreulicher ist es, dass unsere Strategie zunehmend Früchte trägt und sich auch schon in den Geschäftszahlen 2022 widerspiegelt. Über erste Vorserienprodukte konnten wir im vergangenen Jahr bereits rund 10 Mio. EUR Umsatz mit einem der weltweit führenden Cloud-Dienstleister erzielen. Dieser Umsatzanteil ist im ersten Halbjahr 2023 nochmals deutlich gestiegen.

BondGuide: Mit anderen Worten: Verstanden, die Zukunft liegt in Cloud-Lösungen – und Print ist… tot(?)
Rath: Nein, natürlich nicht. Wir arbeiten beispielsweise mit HP, Kodak und Canon immer noch eng zusammen. Der Unterschied besteht jetzt jedoch darin, dass der Kunde unsere Entwicklungsleistung bezahlt. Dadurch haben wir zwar nicht mehr die Patente, aber eben auch keine Risiken, für die wir in Vorleistung gehen. Mit unserer ‚Tornado-Technologie‘ haben wir weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal. Wir entwickeln auch weiterhin gern etwas für Kunden – aber nicht mehr auf unser Risiko und nur noch gegen Bezahlung. Unter dem Strich haben wir lieber Produktumsätze als drei Dutzend Patente.

„Die BDT hat heute lieber Produktumsätze als drei Dutzend Patente“

BondGuide: Könnte der Geschäftsbereich Print dennoch irgendwann verschwinden? – die Branche stemmt sich jedes Jahr gegen Umsatzrückgänge von ca. 5%, so die Daumenregel. Stimmt das?
Rath: Das kann ich bestätigen. Der Grund ist, dass jedes neue Gerät noch viel leistungsfähiger ist als vorherige Generationen – deshalb braucht man schlicht viel weniger. Vor wenigen Monaten war ich bei einem baden-württembergischen Großunternehmen. Der Geschäftsführer erzählte mir stolz, sie hätten eine eigene 24/7-Druckerei im Hause. Was er mir dann zeigte, war ein einzelner Hochleistungsdrucker, nicht mal ein sehr großer. Der schaffte alles im Alleingang für das gesamte Werk – und könnte sogar noch mehr abarbeiten. Diese hohe Leistungsfähigkeit führt zu den leicht rückläufigen Branchenumsätzen.

BondGuide: Wir hatten jetzt drei Jahre Ausnahmezustand in fast allen Branchen, in allen Wirtschaften. Wann wäre denn für die BDT wieder ein ‚reguläres, normales‘ Geschäftsjahr?
Rath: Sie meinen in erster Linie Corona und den Ukraine-Krieg, aber ich möchte auch die immens gestiegenen Transport- und Frachtkosten nennen. Wir konnten einen Teil der gestiegenen Kosten zwar an Kunden weitergeben, aber nicht die zwischenzeitliche Verfünffachung. Dieser Störfaktor besteht jetzt nicht mehr.

„Stand heute gehen wir für 2024 wieder von einem ‚regulären‘ Geschäftsjahr ohne übergeordnete Problemthemen oder Störfälle aus.“

Ein weiterer Punkt ist die Elektronikkomponentenbeschaffung – und dieser internationale Engpass ist noch nicht vollständig behoben. Viele Chip- und Halbleiterhersteller ziehen zwar gerade neue Werke hoch, doch diese produzieren erst sechs Monate nach Fertigstellung. Trotzdem dürften Preissteigerungen um den Faktor 100, wie wir sie zwischenzeitlich zum Beispiel bei Kondensatoren oder Prozessoren gesehen haben, hoffentlich der Vergangenheit angehören. Stand heute gehen wir für 2024 wieder von einem ‚regulären‘ Geschäftsjahr ohne übergeordnete Problemthemen oder Störfälle aus.

BondGuide: Konnte man sich da nicht an russischen Waschmaschinen schadlos halten und Chips ausbauen?
Rath: Das Beispiel erwähnen Sie zwar als Scherz, aber ich kann Ihnen bestätigen, dass dies ähnlich der Fall war. Bei einem großen deutschen Hersteller von Agrarmaschinen stapeln sich in einer Werkshalle praktisch fabrikneue Waschmaschinen – denen fehlt nur ein Chip: nämlich der, den die Ingenieure ausgebaut haben, da sie ihn für ihre Agrarmaschinen brauchten.

BondGuide: Bleiben denn Lehren aus den vergangen drei Jahren?
Rath: Definitiv, ich kann aber natürlich nur für uns sprechen. Eine wesentliche Konsequenz, die wir aus den vergangenen Jahren gezogen haben, ist die Repatriierung der Zulieferketten. Wir verlagern inzwischen viel von ehemals Fernost zurück nach Europa – erstens schneller, zweitens nicht mehr teurer und drittens im besten Fall sogar gleiche Zeitzone und deutschsprachige Ansprechpartner. Zu guter Letzt müssen wir uns dann auch nicht mehr Gedanken über Situationen wie die Blockade des Suezkanals machen.

„Eine wesentliche Konsequenz aus den vergangenen Jahren ist die Repatriierung der Zulieferketten.“

BondGuide: Anleihe 2017/24 läuft ziemlich genau in einem Jahr aus, Volumen aber auch nur knapp 4 Mio. EUR. Was wäre dabei Ihr weiterer Plan?
Rath: Erstmals seit drei Geschäftsjahren haben wir wieder eine echte Wachstumsperspektive für die BDT, nicht zuletzt auch dank des Großauftrags von einem der weltweit führenden Cloud-Service-Provider. Diese neuen Möglichkeiten zu nutzen, erfordert jedoch auch materialseitige Vorfinanzierungen. Deshalb ist eine neue Anleihe, die sowohl die alte ablöst als auch noch Spielraum für unsere aktuellen Wachstumsvorhaben einräumt, eine interessante Option, über die wir derzeit nachdenken.

BondGuide: Die von 2017 ist mit 8,0% Kupon ja schon nicht ganz günstig für die BDT ausgefallen, inzwischen herrscht eine andere Zinslandschaft vor. Wie teuer dürfte sie denn werden, damit es sich noch rechnet?
Rath: Auf der Habenseite bei uns steht, dass wir mittlerweile wieder eine auskömmliche Konzern-Eigenkapitalquote von 9% haben, profitabel sind, unsere Bonität deutlich besser ist und unsere jüngsten Geschäftszahlen sich sehr gut entwickelt haben. Vergessen wir auch nicht, dass die BDT schon einmal eine KMU-Anleihe in Höhe von etwas über 17 Mio. EUR pünktlich komplett zurückgezahlt hat. Der neue Kupon sollte also eigentlich sinken, tatsächlich jedoch ist die Zinslandschaft inzwischen eine deutlich andere.

„Der Kupon einer neuen Anleihe sollte also eigentlich sinken, tatsächlich jedoch ist die Zinslandschaft inzwischen eine deutlich andere.“

BondGuide: Die beiden gegenläufigen Tendenzen könnten sich also im besten Fall einander egalisieren und wieder etwas bei ca. 8% herauskommen?
Rath: Besser hätte ich es kaum formulieren können. Nur wäre die Zusammensetzung dieser Kuponhöhe anders als vor sechs Jahren: Bestand der Zins 2017 vielleicht aus Basisverzinsung 3% und Risikoaufschlag 5%, so würden wir uns aktuell bei 5-6% plus 2-3% einordnen. Das kommt natürlich auch noch etwas auf das Zielvolumen der neuen Anleihe und vor allem das Investoren-Feedback aus der Marktsondierung durch unseren Partner, die Quirin Privatbank AG, an.

Dr. Holger Rath

BondGuide: Und Wachstumskapital könnten Sie auch wirklich unterbringen – also nicht bloß reine ‚allgemeine Unternehmensfinanzierung‘ anbieten für Interessierte?
Rath: Ja, der Fokus der Mittelverwendung läge ganz klar auf der Finanzierung unseres weiteren Wachstums. Wir warten zum Beispiel gerade auf einen wichtigen geschäftlichen Zuschlag. Erfolgt dieser wie geplant, müssten wir unsere Werksgröße in Mexiko verdoppeln, von jetzt 50 auf dann 100 Mitarbeiter. Diese Vorleistungen in fortfolgende Umsätze müssen und wollen wir schlicht machen, um die gegenwärtigen attraktiven Möglichkeiten vollständig auszuschöpfen.

BondGuide: Herr Dr. Rath, dann hoffen wir mal, dass weder die Präsidentschaftswahlen 2024 in Mexiko noch diejenigen in den USA ein neuerliches Stör-Thema bescheren – danke für Ihre Zeit und spannenden Einblicke!

Interview: Falko Bozicevic

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