Auf neuen Wegen: wie sich der Edelmetallbedarf durch Digitalisierung verändert

Energiewende, Elektromobilität und Industrie 4.0: Durch die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche verändert sich auch der Rohstoffbedarf. Doch welche Metalle profitieren besonders von dieser Entwicklung? Von Dominik Lochmann*

So finden mittlerweile in fast allen elektronischen Alltagsgeräten Edelmetalle in Form von Kontakten, Chips und Leiterbahnen Verwendung. Nach Angaben des World Gold Councils stieg der Bedarf an Gold im Technologiesektor 2017 das erste Mal nach sieben Jahren wieder an.

Gold in der Technologiebranche

In den letzten 30 Jahren hat sich der Goldmarkt stark verändert. Denn während das Edelmetall bisher vor allem in der Schmuckbranche und zu Investitionszwecken gefragt war, spielte es in der Technologiebranche bisher nur eine kleine Rolle. In einem Bericht des World Gold Councils wird jedoch für die kommenden 30 Jahre eine steigende Goldnachfrage – vor allem im Technologiesektor – prognostiziert.[1]

Denn immer mehr Menschen erhalten den Zugang und die finanziellen Mittel, neueste Technologien wie beispielsweise Smartphone-gesteuerte Haushaltsgeräte zu nutzen. Damit einhergehend wächst die Nachfrage an entsprechenden Produkten, was wiederum Unternehmen in der Zulieferer- und Recyclingindustrie neue Chancen eröffnet. Aufgrund seiner speziellen Eigenschaften nimmt Gold bei der Herstellung innovativer Produkte eine zentrale Rolle ein. In der Elektronikindustrie kommt das Edelmetall in Leiterplatten und Chips zwar pro Gerät nur in kleinsten Mengen vor, gilt jedoch als essenzieller Bestandteil für hochwertige Produkte, zum Beispiel für spezielle Sensoren und Prozessoren, die bei elektrischen und selbstfahrenden Autos zum Einsatz kommen.

Bildquelle_ESG - Edelmetall-Service GmbH & Co. KG_50g-Sargbarren_300

Aber auch andere zukunftsträchtige Branchen verwenden Gold. So gibt es einen Trend zu flexibler Elektronik wie beispielsweise tragbare Solarzellen. Hier eignet sich das Edelmetall als dünner Film aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit und seiner Flexibilität besonders gut. Immer mehr Anwendung findet Gold ebenfalls in Form sogenannter Nanopartikel, zum Beispiel bei der Produktion und Effizienzsteigerung von Brennstoffzellen. Bei den sich ständig erweiternden Anwendungsfeldern für Gold ist davon auszugehen, dass die Nachfrage weiterhin steigen wird.

Silber und Kupfer in erneuerbaren Energien

Windkraft- und Fotovoltaikanlagen stellen wichtige Säulen der Energiewende dar, die in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen werden. Zur Herstellung entsprechender Anlagen benötigt die Industrie neben anderen Primärrohstoffen eine steigende Menge an Silber sowie Kupfer. Eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) prognostiziert beispielsweise den globalen Kupferbedarf für neu gebaute Windkraftanlagen von 103.000 Tonnen im Jahr 2013 auf 244.000 Tonnen im Jahr 2035.[2]

Bildquelle_ESG - Edelmetall-Service GmbH & Co. KG_Leiterplatte_300

Denn Kupfer ist ein unentbehrlicher Rohstoff für elektrische Leitungen und andere elektronische Bauteile der Solar- und Windkraftenergie. Auch der Silberbedarf steigt aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Jahren an, da der Rohstoff dank seiner hervorragenden metallurgischen Eigenschaften viel in den Siliziumkollektoren von Fotovoltaikanlagen verbaut wird. Aktuelle Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2017 vergrößerte sich die Silbernachfrage aus dem industriellen Sektor das erste Mal wieder seit 2013. Der Weltverband „The Silver Institute“ geht in einer aktuellen Studie sogar davon aus, dass bis 2030 über 25.000 Tonnen Silber in Solarzellen verbaut werden.[[3]3] Eine schier unvorstellbare Menge, die das Silver Institute mit dem exponentiellen Wachstum und dem globalen Interesse im Feld der Solarenergie begründet. Momentan befassen sich Forschungsinstitute wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) oder das Max-Planck-Institut daher sehr intensiv mit der weiteren Verfügbarkeit der genannten Rohstoffe.

Dominik Lochmann, ESG

Dominik Lochmann, ESG

 Platin und Palladium in der Autoindustrie

In Europa steigen die Verkaufszahlen für Autos mit Benzinmotor, in deren Katalysatoren Palladium oder Platin in Kombination mit Rhodium Verwendung finden, stetig. Durch strengere Abgasnormen kommt bei der Herstellung neuerdings sogar eine höhere Menge Edelmetall zum Einsatz. Denn die Rohstoffe sind für eine verbesserte Filterfunktion zuständig. Passend dazu weist Palladium in den letzten Jahren eine enorme Preisentwicklung auf, in deren Verlauf sich der Wert mehr als verdoppelt hat. Bei der Weiterentwicklung von Autos mit Brennstoffzellen spielt vor allem Platin eine bedeutende Rolle. Zwar gibt es Bestrebungen nach günstigeren Alternativen oder einer Reduktion der benötigten Beschichtungsmenge, doch ganz wegzudenken ist Platin bei der Herstellung zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Werden sich Brennstoffzellen durchsetzen, wird der Bedarf des Edelmetalls sprunghaft ansteigen.

*) Dominik Lochmann ist Geschäftsführer der ESG Edelmetall-Service GmbH & Co. KG. Das Unternehmen recycelt europaweit edelmetallhaltiges Scheidgut und zählt zu den größten Edelmetallhändlern Deutschlands.

Fotos: ESG Edelmetall-Service GmbH & Co. KG

[1] https://www.gold.org/research/gold-2048

[2] Deutsche Rohstoffagentur DERA (2016): Rohstoffe für Zukunftstechnologien – DERA Rohstoffinformationen 28. Online unter: https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DERA/DE/Publikationen/Schriftenreihe/schriftenreihe_node.html