
Über einen Automobilzulieferer wurde bislang erst wenig gesprochen. Dabei ist es eines der größten und bekanntesten deutschen Unternehmen: ZF Friedrichshafen.
2024 machte ZF einen Verlust von einer stattlichen Milliarde – das rund Achtfache des kleinen Gewinns aus dem Vorjahr. Problem: ZF trägt eine erhebliche Schuldenlast mit sich herum. Der Großkonzern hat das gleiche Problem wie viele Automobilfirmen und deren Zulieferer: In guten Jahren machen sie einen kleinen Gewinn – in schlechten reißen die Dämme.
ZF drohte multipler Covenant-Bruch bei Krediten, Banklinien und Anleihen. Das Verhältnis von Nettoschulden zum EBITDA geriet aus den Fugen, da der Nenner gehen fast Nichts strebt. Dem Vernehmen nach hat ZF Refinanzierungsbedarf von rund 2 Mrd. EUR – pro Jahr.
Auch das Rating droht bereits abzugleiten. Das macht Refinanzierungen noch kostspieliger und der Handlungsspielraum wird immer weiter eingeengt. Offenbar haben die Kreditgeber bisher die Füße stillgehalten, da sich erstens alle im selben Boot wissen, das zunehmend naher an die Wasserlinie kommt, und zweitens hat man den Nettoschulden-Covenant kurzfristig anpassen können, ohne gleich roten Alarm auszulösen. Dies sogar rückwirkend, wie u.a. die WiWo zu wissen meint.
Eigentlich bräuchte die ZF einen CRO, einen Chief Restructuring Officer, und aufgrund der Bedeutung des Traditionsunternehmens auch nicht gerade einen Berufsanfänger. Aufgrund unserer latenten Rezession gibt es beschäftigungslose CROs aber nicht gerade erhältlich auf offener Straße und schon gar nicht wie Sand am Meer.
Für 2025 rechnet ZF mit einem Umsatz von etwa 40 Mrd. EUR. Das wären weitere 3-4% weniger als im Vorjahr, als die Erlöse auch schon um 11% rückläufig waren. Man ziele auf eine EBIT-Marge – also vor Zinsen und Steuern – von 3 bis 4%. Nach Zinsen wird ein weiteres dickes Minus stehen. Selbst ein Festgeldkonto würde mehr abwerfen.
Da bereits von 14.000 Stellenstreichungen die Rede ist und ferner Tausende Beschäftigte kurzarbeiten, ist die Frage, ob sich ein Großtanker wie die ZF aus eigener Kraft zurück auf einen profitableren Kurs steuern lässt. Wir erinnern uns an Schaeffler während der Finanzkrise 2008, nachdem sich der Konzern zur Unzeit an der Übernahme von Continental verschluckt hatte. Am Ende ging es noch gut aus, aber ganz sicher nicht aus eigener Kraft: Die Finanzkrise endete 2009 einfach. Dieses Mal droht aber Höheres: Das Ende eines Zeitalters für Deutschland.
Fotos: @ZF Friedrichshafen
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